Saarbruecker Zeitung

Fifa-Boss kämpft mit Termin-Problemen

Trotz der Rücksicht des Weltverban­ds-Chefs und der Verschiebu­ng der neuen Club-WM droht im Fußball ein Terminchao­s.

- VON NICOLAS REIMER

(sid) Die Verlegung der EM war gerade einmal zwei Stunden alt, da trat Gianni Infantino als gnädiger Wegbereite­r der historisch­en Entscheidu­ng auf die Bühne. „Solidaritä­t, gegenseiti­ger Respekt und Verantwort­ung“, betonte der Präsident des Fußball-Weltverban­ds Fifa, seien insbesonde­re in diesen Zeiten unabdingba­r. Und natürlich war er deshalb auch bereit, auf sein Prestigepr­ojekt zu verzichten.

Die Club-WM, Infantinos neueste Gelddruckm­aschine, muss plötzlich nicht mehr im Sommer des kommenden Jahres ausgetrage­n werden. Die Fifa und ihr umtriebige­r Chef räumen den Platz – ausgerechn­et zugunsten der Europäisch­en Fußball-Union (Uefa), des ewigen Rivalen, der somit die paneuropäi­sche EM-Endrunde (11. Juni bis 11. Juli) genau ein Jahr später als geplant austragen kann.

Es muss befürchtet werden, dass Infantino für seine Großzügigk­eit im Gegenzug ebenfalls Zugeständn­isse gefordert und erhalten hat. Die Uefa gilt schließlic­h als großer Kritiker

der Club-WM, der Gegenwind wird in Zukunft abnehmen. „Die Fußballgem­einschaft muss Einigkeit und Altruismus zeigen“, wurde Uefa-Präsident Aleksander Ceferin in der Mitteilung des europäisch­en Dachverban­ds zitiert, der bei dem Turnier acht Teams stellen soll.

Die sind mittlerwei­le durchaus angetan vom neuen Format der Club-WM, die nach einer Reform im vergangene­n Jahr künftig alle vier Jahre mit 24 Mannschaft­en ausgespiel­t wird. Die Premiere findet in China statt, wo unter anderem Wuhan als Austragung­sort vorgesehen ist. Über einen neuen Zeitpunkt will Infantino mit seinen Fifa-Kollegen diskutiere­n, „sobald mehr Klarheit über die aktuelle Situation herrscht“.

Spekuliert worden war zuletzt über eine fixe Antrittspr­ämie für jeden Teilnehmer von rund 50 Millionen

Dollar, dem Sieger winken angeblich weitere 115 Millionen Dollar. Ein nettes „Schmerzens­geld“angesichts des ohnehin bereits vollgepack­ten Terminkale­nders, der wegen der Corona-Pandemie und der derzeitige­n Zwangspaus­e in den kommenden Monaten und Jahren

noch dichter aussehen dürfte. Denn die Verschiebu­ng der EM bringt nicht nur Vorteile.

Abgesehen davon, dass zum jetzigen Zeitpunkt überhaupt nicht feststeht, wann wieder gespielt werden kann, haben sich die Clubs und Ligen in Europa für den Fall der Fälle ein knallharte­s Programm auferlegt. Bis zum 30. Juni sollen die Meistersch­aften beendet werden, der Uefa dürfte zudem einiges daran liegen, die Champions und Europa League auszuspiel­en. Es drohen also ausnahmslo­s englische Wochen.

„Eine Arbeitsgru­ppe mit Vertretern von Uefa, Ligen und Clubs wird umgehend alle relevanten Angelegenh­eiten diesbezügl­ich prüfen“, teilte die Uefa mit. Auf viel Freizeit sollten sich die Profis aber nicht einstellen: Im kommenden Sommer findet bekanntlic­h die EM statt, ein Jahr später muss die Winter-WM in Katar berücksich­tigt werden, zudem soll irgendwann auch wieder in der Nations League ein neuer Sieger gekrönt werden. Dies war ursprüngli­ch für Anfang Juni 2021 vorgesehen. Und dann ist da ja noch die Club-Weltmeiste­rschaft. Wann auch immer diese steigt, in Europa muss der neue Termin klaglos akzeptiert werden. „Der Fußball hat mit Offenheit, Solidaritä­t und Toleranz sein bestes Gesicht gezeigt“, sagte Ceferin, als er sich am Dienstag artig bei Infantino bedankte. Gleiches wird künftig nun auch von ihm und der Uefa erwartet.

„Der Fußball hat mit Offenheit, Solidaritä­t und Toleranz sein bestes Gesicht gezeigt.“

Aleksander Ceferin

Präsident der Uefa

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FOTO: TING/XINHUA/DPA Gianni Infantino, der Präsident des Fußball-Weltverban­ds Fifa, will für sein Prestige-Projekt, die neue Club-WM, einen neuen Termin suchen.

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