„Es geht um solidarischen Schutz“
Der Unions-Rechtsexperte hofft auf eine Verhaltensänderung der Menschen.
Volle Spielplätze, gut besuchte Parks – viele Menschen sind in der Corona-Krise nach wie vor sorglos und unvorsichtig. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat am Mittwochabend in einer Fernsehansprache auch an die Vernunft der Deutschen appelliert. Nach Ansicht des Innen- und Rechtsexperten der Unionsfraktion im Bundestag, Michael Frieser (CSU), werden ansonsten Ausgangssperren unvermeidlich.
Herr Frieser, wie erklären Sie sich die Unvernunft bei manchen Zeitgenossen?
FRIESER Im Augenblick glauben viele Menschen wohl noch, dass es sie ganz persönlich nicht betreffen wird. Nach dem Motto: Ich bin jung, mir kann es egal sein, milder Verlauf, was geht Corona mich an. Dafür gibt es aber keinerlei Garantie. Vor allem aber muss die Bevölkerung verstehen, es geht jetzt um einen solidarischen Schutz. Wenn wir da versagen, sterben am Ende Menschen.
Muss gegen Corona-Partys und anderes stärker vorgegangen werden?
FRIESER Der Staat ist gefordert. Aber nicht nur er steht in der Pflicht.
Wir alle sind aufgerufen, an die Einsicht dieser Herrschaften zu appellieren, die Partys feiern und nicht begreifen wollen, wie ernst die Situation ist. Ich hoffe, dass wir trotzdem Ausgangssperren noch verhindern können.
Ab wann werden die Behörden um Ausgehverbote nicht herumkommen?
FRIESER Wenn zu viele Menschen die jetzige Lage weiterhin nur als lustige freie Zeit empfinden und ansonsten ihr Verhalten nicht verändern. Dann werden nur noch Ausgangssperren helfen. Ich hoffe jedoch sehr, dass wir diese Maßnahme noch vermeiden können. Aber das wird sich erst in den nächsten Tagen zeigen.
Sehen Sie bereits gesetzgeberischen
Handlungsbedarf?
FRIESER Nein. Ich glaube auch nicht, dass die Zeit schon gekommen ist, um ausschließlich mit Bußgeldern zu operieren. Wir müssen den Bürgern immer wieder sagen, jetzt kommt es auf das Verhalten jedes Einzelnen an, um die Ausbreitung des Corona-Virus möglichst einzudämmen. Ich habe da mein Vertrauen in die Menschen auch noch nicht ganz verloren.
Inwieweit spielt auch die grassierende Desinfomation durch Fake-News eine Rolle?
FRIESER Das hat Einfluss. Zum einen was die Sorglosigkeit mancher angeht, zum anderen aber auch hinsichtlich des Schürens von Ängsten. Ich kann die Bürger nur bitten, ihre Echokammern im Netz und in den sozialen Netzwerken zu verlassen und sich dort zu informieren, wo es verlässliche und solide Informationen zur Corona-Krise gibt. Das ist jetzt auch eine Chance für die klassischen Medien. Die Kontakte, die nur Bullshit verbreiten, sollte jeder gleich löschen.