Saarbruecker Zeitung

Sorge um gesellscha­ftlichen Zusammenha­lt

Düsseldorf­s Oberbürger­meister fordert ein absehbares Ende der Einschränk­ungen des öffentlich­en Lebens.

- Produktion dieser Seite: Frauke Scholl, Robby Lorenz Manuel Görtz

(gö) Geht es nach dem Düsseldorf­er Oberbürger­meister Thomas Geisel, müssen die staatliche­n Zwangsmaßn­ahmen zur Eindämmmun­g der Corona-Pandemie so schnell wie möglich auf den Prüfstand. „Ich befürchte, lange wird unser Land einen nahezu vollständi­gen Shutdown nicht überstehen“, warnte der SPD-Politiker in einem Gastbeitra­g für die Rheinische Post. Die wirtschaft­lichen Folgen zeichneten sich schon heute ab. Die ersten Betriebe im Gaststätte­ngewerbe, in der Hotellerie, im Veranstalt­ungsund Schaustell­erbereich hätten bereits Insolvenz angemeldet. Und auch größere Unternehme­n würden einen monatelang­en Stillstand des wirtschaft­lichen Lebens kaum überstehen, zumal die vollmundig angekündig­ten großzügige­n staatliche­n Rettungssc­hirme mangels staatliche­r Einnahmen auf Dauer wohl nicht durchzuhal­ten sein würden.

Geisel sieht durch die verhängten Maßnahmen – geschlosse­ne Läden, Kultureinr­ichtungen und Gaststätte­n, dazu Ausgangsbe­schränkung­en für die Bevölkerun­g – auf Dauer auch das solidarisc­he Miteinande­r der Generation­en in Gefahr. „Je länger wir Schulen und Universitä­ten geschlosse­n halten, je mehr Arbeitsund Ausbildung­splätze der Pandemiebe­kämpfung

zum Opfer fallen und je dramatisch­er die hierdurch ausgelöste­n Hypotheken auf die Zukunft ansteigen, desto mehr werden junge Menschen – so ist zu befürchten – dagegen rebelliere­n, dass ihre Zukunft aufs Spiel gesetzt wird zur Abwendung einer Gefahr, die sie eigentlich gar nicht betrifft.“

Deshalb sei letztlich niemandem geholfen, auf unabsehbar­e Zeit alle in Quarantäne zu nehmen, auch diejenigen, denen an sich keine Gefahr drohe. Geisel schlägt stattdesse­n vor, die Risikogrup­pe der Älteren mit Vorerkrank­ungen gezielt vor einer lebensgefä­hrlichen Infektion mit dem Virus zu schützen. Und sie dabei nicht allein zu lassen, sondern ihnen bei Vermeidung körperlich­en Kontakts die größtmögli­che Teilhabe am sozialen Leben zu ermögliche­n.

Diese Personen gezielt vor jeglichem Infektions­risiko schützen zu können, setze allerdings voraus, dass sie wissen, in welcher Gefahr sie sich befinden. Hier sieht der Düsseldorf­er Oberbürger­meister

die behandelnd­en Ärzte der Senioren in der Pflicht, ihre Patienten über die Gefahren aufzukläre­n, die für sie mit einer Coronaviru­s-Infektion verbunden sind.

Für den Moment hält Geisel allerdings Ausgangsbe­schränkung­en und Geschäftss­chließunge­n für alternativ­los. „Es ist gewiss zum gegenwärti­gen Zeitpunkt geboten, die Verbreitun­g des Virus mit allen Mitteln einzudämme­n, um Zeit zu gewinnen, die vulnerable Gruppe zu definieren und zu sensibilis­ieren – und gleichzeit­ig die Kapazitäte­n unseres Gesundheit­swesens auszubauen“, sagt der Düsseldorf­er Oberbürger­meister, um dann noch einmal ausdrückli­ch zu warnen: „Lange aber werden wir das realistisc­herweise nicht durchhalte­n, ohne den gesellscha­ftlichen Zusammenha­lt in unserem Land aufs Spiel zu setzen. Und deshalb gebietet es die politische Verantwort­ung, dass wir schon heute eine Strategie entwickeln, wann und wie wir das öffentlich­e Leben in Deutschlan­d wieder hochfahren.“

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FOTO: IMAGO IMAGES Der Düsseldorf­er Oberbürger­meister Thomas Geisel.

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