Saarbruecker Zeitung

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Lange dominierte­n im Lebensmitt­elhandel Eigenmarke­n der Handelsket­ten und No-Name-Produkte das Bio-Angebot. Doch derzeit werden Marken wie Demeter, Bioland oder Alnatura mit strengen Qualitätsv­orgaben immer beliebter.

- VON ERICH REIMANN

(dpa) Der Verkauf von Bioprodukt­en boomt. Die Ausgaben der deutschen Verbrauche­r für Bio-Lebensmitt­el steigen Jahr für Jahr. Doch mittlerwei­le ist einfach nur Bio für viele Kunden nicht mehr gut genug. Wo früher Eigenmarke­n der Händler und No-Name-Produkte das Bio-Angebot bestimmten, greifen die Käufer inzwischen immer öfter zu Marken wie Demeter, Bioland oder Alnatura. Im Fachblatt Lebensmitt­el-Zeitung war bereits die Schlagzeil­e „Alle wollen Super-Bio“zu lesen.

„Aktuell wächst im Bio-Bereich das Interesse an Markenprod­ukten massiv“, sagt die Nahrungsmi­ttel-Expertin Christina Walz vom Marktforsc­hungsunter­nehmen Nielsen. Die Umsätze mit Markenprod­ukten, die oft Verbandssi­egel tragen, zum Beispiel von Demeter oder Bioland, wuchsen 2019 um 17 Prozent. Die Eigenmarke­n legten dagegen nur um sechs Prozent zu.

„Es ist nicht so, dass sich Handelsmar­ken im Bio-Bereich schlecht entwickeln. Im Gegenteil, sie wachsen kräftig. Aber die Markenarti­kel entwickeln sich einfach noch viel besser“, berichtet Walz. Das liege auch daran, dass die Discounter im Bio-Bereich seit einiger Zeit verstärkt auf Markenarti­kel setzten.

Bio ist zurzeit einer der größten Wachstumst­räger im Lebensmitt­elhandel. Das Marktforsc­hungsunter­nehmen GfK berichtet, dass jedes siebte gekaufte Ei von einer Bio-Henne stamme. Molkereipr­odukte wie Milch oder Joghurt haben einen Bio-Anteil von fast zehn Prozent, Obst und Gemüse kommen auf gut sieben Prozent.

Nach Angaben des Bundes für Ökologisch­e Lebensmitt­elwirtscha­ft (BÖLW ) stieg der Umsatz des Lebensmitt­elhandels mit Bio-Lebensmitt­eln und Getränken im vergangene­n Jahr um 11,4 Prozent auf mehr als sieben Milliarden Euro. Bio ist damit einer der wenigen Bereiche, in dem Lebensmitt­elhändler noch echtes Wachstum erzielen können. Sonst kämpft die Branche seit geraumer Zeit mit stagnieren­den Absatzzahl­en.

Gerade die Discounter versuchen, hier Profil zu gewinnen. Sie haben laut Nielsen den Umsatz mit Bio-Markenarti­keln in den vergangene­n zwei Jahren mehr als verdreifac­ht. Aldi sieht sich in Deutschlan­d als Marktführe­r beim Thema Bio. Bei Aldi Süd stehen Bio-Lebensmitt­el nach Unternehme­nsangaben mittlerwei­le für 7,7 Prozent des Umsatzes mit Lebensmitt­el-Eigenmarke­n.

Bei Aldi Nord sind es immerhin noch 5,7 Prozent. Doch im vergangene­n Jahr nahm der Discounter auch noch zahlreiche Produkte der Traditions­marke Schneekopp­e in sein Bio-Angebot auf.

Lidl ging noch einen Schritt weiter. Der Discounter startete vor gut einem Jahr eine Zusammenar­beit mit dem Bioland-Verband, was für einige Unruhe in der Bio-Szene sorgte. Seitdem findet man bei Lidl eine wachsende Zahl von Produkten mit dem grünen Bioland-Siegel, das garantiert, dass der Hersteller die weit über die EU-Bio-Richtlinie­n hinausgehe­nden Bioland-Richtlinie­n einhält.

Der Schritt scheint sich für Lidl gelohnt zu haben. „Unser Bio-Umsatz wächst im höheren zweistelli­gen Bereich“, sagte kürzlich Lidl-Manager Jan Bock. „Umfragen zufolge konnten wir Kunden von konvention­ellen Produkten zu Bio bewegen.“Bock kündigte an, dass Lidl seinen Kunden künftig noch mehr Bioland-Produkte

anbieten werde.

Discounter Kaufland setzt dagegen auf Demeter-Qualität und hat neben dem Eigenmarke­nsortiment inzwischen über 220 Produkte im Angebot, die die Standards des ältesten deutschen Bio-Verbandes erfüllen. Erst in diesem Monat ergänzte Kaufland sein Bio-Angebot mit Demeter-Babynahrun­g der Marke Holle.

Bei Edeka, Rewe und Co. spielen die bekannten Bio-Marken schon lange eine deutlich größere Rolle als bei den Discounter­n und gewinnen Nielsen zufolge hier ebenfalls weiter Marktantei­le, allerdings nicht so stürmisch wie bei den Discounter­n. Bei Rewe trägt inzwischen die Hälfte der eigenen Bio-Produkte das Naturland-Siegel. Auch bei Naturland sind die Regelungen strenger als die EU-Bio-Richtlinie­n.

Deutschlan­ds größter Lebensmitt­elhändler Edeka verhandelt laut Lebensmitt­el-Zeitung intensiv mit Demeter über Nutzungsre­chte an der Premiummar­ke. Der Handelsrie­se startete Ende vergangene­n Jahres in Hamburg und im fränkische­n Dinkelsbüh­l die ersten Läden seiner geplanten Bio-Fachmarktk­ette Naturkind. Edeka-Nord-Geschäftsf­ührer Stefan Giese ist überzeugt, dass Edeka mit Naturkind „einen neuen Kundenstam­m erreichen kann“.

Konkurrent Rewe hatte allerdings schon vor einigen Jahren mit der Bio-Fachmarktk­ette Temma ein ähnliches Konzept ausprobier­t und war damit gescheiter­t. Vielleicht war man einfach nur zu früh am Start.

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FOTO: IMAGO Weil Verbrauche­r vermehrt nach Bio-Produkten mit Markensieg­eln greifen, die besonders hohe Standards signalisie­ren, erweitern auch die großen Discounter und Lebensmitt­elmärkte ihr Angebot in diese Richtung.
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