Saarbruecker Zeitung

Wie Kleinblitt­ersdorf Störche anlocken will

Das gemeinnütz­ige Theater lebt von aufwändige­n Produktion­en. Jetzt kommt kein Geld mehr rein, die Kosten bleiben.

- VON NICOLE BARONKSY-OTTMANN Produktion dieser Seite: Susanne Brenner, Alexander Mandersche­id

Die Stimmen von Jenny Theobald und Tim Ganter, Gründer und Leiter des Saarbrücke­r Intensivth­eaters, klingen bedrückt am Telefon. Man merkt, dass sie sehr besorgt sind, auch ohne, dass sie dies betonen. Denn wie so viele andere Kreative und Kulturscha­ffende bangen sie aufgrund der Corona-Krise um ihre Zukunft, um den Fortbestan­d des Intensivth­eaters.

Das Besondere an diesem gemeinnütz­igen Theater ist, dass hier Profis und Laien gemeinsam auf der Bühne stehen und auch die Musik live gespielt wird. Dazu kommen besonders aufwändige Kostüme. Bei den Vorstellun­gen wird das Publikum schon im Foyer empfangen, mit besonderen Dekoration­en und sogar Geschmacks­proben auf das jeweilige Stück eingestimm­t. Das alles braucht viele Mitarbeite­r. Bei den Aufführung­en stehen bis zu 70 Menschen gleichzeit­ig auf der Bühne.

Das intensive Theatergef­ühl, das diese Inszenieru­ngen auslösen, hat sich bisher gelohnt, denn allein zum Musical „Jesus Christ Superstar“kamen in insgesamt 21 Aufführung­en in der ganzen Region über 15 000 begeistert­e Zuschauer. Nun aber sieht alles ganz anders aus. „Wir wollten an Ostern mit Jesus Christ Superstar in Füssen auftreten. Aber alle unsere Aufführung­en sind auf unbestimmt­e Zeit abgesagt“, erklärt Tim Ganter. Und Jenny Theobald fügt hinzu: „Wir arbeiteten gleichzeit­ig an drei Projekten. Neben Füssen haben wir ein

Donald-Trump-Musical einstudier­t und wollten es an verschiede­nen Orten zeigen, und wir sind in den Proben an einem ganz neuen Musical, an Dracula. Das ist jetzt alles auf unbekannte Zeit verschoben.“

Für das Intensivth­eater brechen damit alle Einnahmen weg. Aber etliche Ausgaben bleiben trotzdem. „Wir haben die gesamte Werbung für Füssen schon gemacht, Flyer und Plakate verteilt. Wir müssen weiterhin die Vertragsta­ntiemen, also die Gebühren für die Stücke zahlen. Dazu kommen die Kostümausl­eihe, die Requisite und natürlich auch die Miete für unser Lager“, erklärt Jenny Theobald.

Seit der Krise ist aber nicht nur das Intensivth­eater in Not, sondern alle profession­ellen Schauspiel­er und Musiker, die für das Theater auf der Bühne stehen. Denn es ist kein Geld für Honorare da. „Wenn wir jetzt nichts machen, wissen wir nicht, wie wir bis zum Sommer überleben. Es ist wirklich dramatisch“, sagt Tim Ganter.

Die finanziell­e Not macht aber auch ein bisschen erfinderis­ch. Gleich zu Beginn der Krise gab es die Idee, eine

Gala zu streamen, also live im Internet zu übertragen, die man sich kostenlos anschauen kann. Und im Gegenzug sollen die Zuschauer gebeten werden zu spenden. Aber: „Bei der Gala stehen eben auch 70 Personen auf der Bühne“, sagt Jenny Theobald. Das ist ja nicht mehr möglich.

Die Spendenakt­ion im Internet (auf www.startnext.de) habe man daher von dem Galakonzer­t gelöst, sie laufe trotzdem schon. Motto: Kultur gegen Corona. „Denn wir sind auf jeden Euro angewiesen“, beteuert Tim Ganter.Als Dankeschön haben sich die Theaterleu­te allerlei ausgedacht. Zum Beispiel kann man sich ein Lied als Grußbotsch­aft singen lassen oder eine Wundertüte kaufen. Sowie die Krise vorüber ist, wird die Gala gestartet: „Denn alle Musiker und Schauspiel­er, die Tänzer und die Sänger wollen ehrenamtli­ch mithelfen, dass es mit dem Intensivth­eater weitergeht“, sagt Jenny Theobald. www.intensivth­eater.org

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FOTO: MICHAEL BESSERDICH Sie wollen einfach nur spielen: Großproduk­tionen wie „Jesus Christ Superstar“waren große Erfolge des freien Theaters. Mit einer Gala im Internet versucht man nun, die Existenz zu retten.

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