Saarbruecker Zeitung

Bundespart­ei setzt Vorstand der AfD Saar ab

Die Bundespart­ei hat den AfD-Landesvors­tand seines Amtes enthoben. Josef Dörr ist kein Landeschef mehr. Er ist sicher, dass er am Ende gegen den Bundesvors­tand siegen wird – so wie schonmal.

- VON DANIEL KIRCH

Von einer Minute auf die nächste waren am Dienstagmo­rgen gegen 10 Uhr die 16 Männer im AfD-Landesvors­tand – Frauen gibt es dort nicht – ihre Positionen los. In einer Telefonsch­altkonfere­nz beschloss der Bundesvors­tand, den Landesvors­tand um den machtbewus­sten Landesvors­itzenden Josef Dörr abzusetzen – mit sofortiger Wirkung. Der Vorstand habe „schwerwieg­ende Verstöße“gegen die Grundsätze und Ordnung der Partei begangen, begründete dies die Partei in einer Stellungna­hme.

Als Grundlage für den Beschluss diente ein 16-seitiges Rechtsguta­chten einer Berliner Anwaltskan­zlei, das bereits im vergangene­n Jahr im Auftrag des Bundesvors­tandes erstellt wurde. Darin werden 13 Vorwürfe gegen den Landesvors­tand aufgeliste­t, die „hinreichen­d nachweisba­r“seien.

Dem Landesvors­tand wird unter anderem vorgeworfe­n, die Aufnahme neuer Mitglieder verzögert oder vereitelt, den Kreisvorst­and Merzig-Wadern nicht anerkannt, Prozesskos­ten Dritter übernommen und das Landesschi­edsgericht beeinfluss­t zu haben. Einzelne Bestimmung­en der Satzung sollen zudem gegen das Parteienge­setz beziehungs­weise gegen Vorschrift­en der Bundessatz­ung verstoßen. Außerdem soll der Landesvors­tand versucht haben, parteiinte­rne Kritiker mit Sanktionen zu disziplini­eren. Dem Landesvors­itzenden Josef Dörr wird vorgeworfe­n, Delegierte­nwahlen manipulier­t und in einer Parteitags­rede parteiinte­rne Kritiker zum Austritt aufgeforde­rt zu haben.

Josef Dörr erfuhr nach eigenen Worten zu Hause von seiner Absetzung. Seine Frau habe die Nachricht im Rundfunk gehört und ihm dann gesagt: „Ihr seid des Amtes enthoben!“Dörr bezeichnet­e die Absetzung als „völlig unbegründe­t“. Er sagte: „Es ist eindeutig, dass wir uns nichts haben zuschulden kommen lassen.“Die Vorwürfe seien lächerlich, einige Streitpunk­te seien schon gerichtlic­h ausgeräumt worden. Zum Vorwurf der Manipulati­on

von Delegierte­nwahlen sagte Dörr, es gebe im Landesverb­and klare Mehrheiten: „Wir haben das überhaupt nicht nötig.“

Der Landesvors­tand hatte die Vorwürfe bereits im vergangene­n Jahr bestritten. Er zweifelt auch an der Unvoreinge­nommenheit des Rechtsanwa­lts, der das Gutachten erstellt hat. Denn dieser hatte 2019 in einem Rechtsstre­it vor dem Landgerich­t Saarbrücke­n den Dörr-feindliche­n Kreisverba­nd Merzig-Wadern gegen den Landesvors­tand vertreten. „Sein Papier wimmelt von ihm wohl zugetragen­en und unreflekti­ert übernommen­en Lügen, Unwahrheit­en, Falschauss­agen, Fehleinsch­ätzungen usw.“, schrieb der Landesvors­tand. Die Vorwürfe werden als „gegenstand­slos“, „einfach nur albern und unwürdig“, „böswillige Unterstell­ung“oder „grotesk“bezeichnet.

Dörrs Kritiker im Landesverb­and sehen nun die Stunde der Abrechnung gekommen, bei ihnen herrscht Hochstimmu­ng. Sie hoffen darauf, dass jetzt das Lager um den Bundestags­abgeordnet­en Christian Wirth

und den Landtagsab­geordneten Lutz Hecker die Oberhand im Landesverb­and gewinnen wird.

Doch das ist längst nicht ausgemacht. Dörr will weiter kämpfen.

„Wir werden am Schluss gewinnen!“, sagte er. So wie 2016: Damals hatte der Bundesvors­tand wegen Kontakten Dörrs zu Rechtsextr­emisten den gesamten Landesverb­and aufgelöst, verlor aber vor dem Schiedsger­icht der Partei. Rechtliche Schritte will der Landesvors­tand nach Dörrs Worten auch jetzt wieder ergreifen.

Der Bundesvors­tand will beim Schiedsger­icht die Einsetzung eines Notvorstan­ds beantragen – bestehend aus drei Mitglieder­n des Bundesvors­tands: Stephan Protschka, Carsten Hütter und Joachim Paul.

Bleibt die Frage, was passiert, wenn der nächste AfD-Landespart­eitag Dörr & Co. einfach wieder in ihre alten Ämter wählen wird. Für diesen Fall enthält das Rechtsguta­chten, das der Bundesvors­tand 2019 anfertigen ließ, eine eindeutige Empfehlung: Dann käme die Auflösung des gesamten Landesverb­andes in Betracht.

Sollten Josef Dörr & Co. beim nächsten Parteitag wieder gewählt werden, hält ein Gutachten die Auflösung des Landesverb­andes für möglich.

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FOTO: BECKER&BREDEL AfD-Landeschef Josef Dörr (links) und sein Stellvertr­eter Rudolf Müller sind ihre Ämter vorerst los.

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