Neue Haldenstraße in Reden spaltet die SPD
Warum stemmt sich die Schiffweiler Lokalpolitik gegen das letzte große WeiterentwicklungsProjekt am Erlebnisort Reden? Ein Konflikt mit dem SPD-Landrat und zwei SPDLandesministerinnen droht.
Eine neue Haldenstraße in Reden entfacht einen Konflitk in der SPD. Sozialdemokraten im Gemeinderat Schiffweiler sprechen sich gegen einen Bau aus und damit auch gegen die SPD-geführten Ministerien für Kultur und Wirtschaft.
Alles soll bleiben, wie es ist. Spaziergänger-Beschaulichkeit soll am „Naherholungsort Reden“herrschen, keine Almparty-Betriebsamkeit, wie es das Label „Erlebnisort“suggeriert. „Die IKS will etwas verändern, was den Leuten hier gefällt. Sie sehen keine Notwendigkeit dafür, eine Straße auf die Halde zu bauen“, fasst der
Schiffweiler Bürgermeister Markus Fuchs (SPD) das erstaunliche
Meinungsbild in seiner Kommune über ein Projekt zusammen, das Landkreis und Land unbedingt umsetzen wollen – aus ihrer Sicht zum Wohle der Kommune. Stattdessen: ein Stich ins Wespennest. Die Naturschützer auf den Barrikaden, die Almwirte in trotzigem Schweigen, die SPD zerstritten, die Touristiker in Schockstarre.
Was ist los? Seit rund 20 Jahren läuft der Strukturwandel-Transformationsprozess der Grube Landsweiler-Reden;
rund 40 Millionen Euro teuer war er und versandete schließlich in einem Infrastruktur-Stillstand, der noch im Herbst just von der Lokalpolitik harsch kritisiert wurde. Untätig sei die IKS, hieß es: Die bessere Erreichbarkeit des Haldenplateaus und der Gastro-Almhütten werde immer nur angekündigt, nie angepackt. Die Almwirte drohten mit Rückzug. „Eine exponierte Lage wie die Halde ruft nach Erschließung. Für eine touristische Nutzung muss man einen gastronomischen Ganzjahresbetrieb durch gute Anbindung ermöglichen“, sagt auch die Leiterin der Tourismuszentrale Saar, Birgit Grauvogel. Deshalb prüfte die IKS rund zehn Jahre lang alle nur erdenklichen Seilbahn- und Metro-Modelle.
Im Februar ging man dann überraschend mit dem handfesten Projekt einer 600 Meter langen zweispurigen Autostraße an der Halden-Nordflanke an die Öffentlichkeit. „Almautobahn“schimpfen sie die Kritiker, die längst nicht mehr nur in Reihen der Naturschützer zu finden sind (die SZ berichtete). Die Meinungsschlacht spielt sich auch innerparteilich bei der SPD ab, und das Ganze klingt wie David gegen Goliath. 16 SPD-Mitglieder im Gemeinderat Schiffweiler haben sich mit einem Grünen zu einer Neinsager-Mehrheit zusammen gefunden, sollte die IKS einen Antrag zur Bebauungsplan-Änderung zum Bau der Straße stellen. Angeblich klatscht auch schon der ein oder andere CDU-Mann Beifall. Kurz: Die Straße scheint gestoppt, bevor sie überhaupt breit diskutiert werden konnte, gescheitert vor allem an SPD-lern, die sich damit letztlich gegen die Tourismusund Industriekultur-Strategie der SPD-geführten Ministerien Kultus und Wirtschaft wenden.
Wie auch gegen Empfehlungen des durch den SPD-Mann Sören Meng geführten Landkreises Neunkirchen. Im Landkreistag einigten sich alle Fraktionen auf die Haldenstraße, rieten der Gemeinde, den Bebauungsplan anzupassen. Von Meng hieß es gestern: „Ohne ordentliche Erschließung sehe ich wenig Weiterentwicklungspotential für den Standort mit schwerwiegenden negativen wirtschaftlichen Folgen. Ich erhoffe mir von der Gemeinde und ihren Gremien eine stärkere Unterstützung und das Aufzeigen von Alternativen, die die Tourismusstrategie unterstützen.“Damit liegt der Ball im Feld der Gemeinde. Das sehen auch
Grauvogel und Christian Rau, Leiter der Tourismuszentrale des Landkreises Neunkirchen, so: Eine Grundsatzentscheidung müsse her, zuerst müsse die Gemeinde Sinn und Zweck des Standortes für sich definieren, sonst werde es zukünftig wieder zu Blockaden kommen.
Ähnlich lässt sich das vage Statement interpretieren, mit denen die IKS gestern auf konkrete Fragen der SZ antwortete. Herauszulesen war Folgendes: Der Entscheidungsprozess, ob die IKS überhaupt noch einen Antrag auf Bebauungsplanänderung stellen wird, ist noch nicht abgeschlossen und hängt vom „Meinungsbild“vor Ort ab, das die IKS durchaus noch im Fluss sieht. Doch Bürgermeister Fuchs hat sich bereits festgelegt: Die Straße zerstöre das Flair, sei keine touristische Attraktion und auch keine Notwendigkeit für die Almwirte,
da die bereits jetzt eine „lukrative Gastronomie“betreiben könnten. „95 Prozent der Menschen, die nach Reden kommen, wollen sich bewegen und sowieso hoch laufen.“
Die Botschaft: Lasst den Berg in Ruhe, lasst alles, wie es ist? Für den Neunkircher Touristik-Experten Rau, der selbst eine gewisse Skepsis gegenüber der landschaftlich problematischen Straßen-Lösung teilt, ist das eine kaum akzeptable Haltung: „Wir könnten einen Erlebnisberg entwickeln. Es tut mir weh zu sehen, dass die Gemeinde diesen Schatz nicht heben will und auf halbem Weg stehen bleibt.“Wenn die Gemeinde den Ist-Zustand einfrieren wolle, sieht Rau darin auch für das Land ein Problem, weil das die 40 Millionen Euro öffentlicher Investitionen in Frage stelle: „Das wäre dann das teuerste Naherholungsgebiet der Republik.“