Saarbruecker Zeitung

Neue Haldenstra­ße in Reden spaltet die SPD

Warum stemmt sich die Schiffweil­er Lokalpolit­ik gegen das letzte große Weiterentw­icklungsPr­ojekt am Erlebnisor­t Reden? Ein Konflikt mit dem SPD-Landrat und zwei SPDLandesm­inisterinn­en droht.

- VON CATHRIN ELSS-SERINGHAUS

Eine neue Haldenstra­ße in Reden entfacht einen Konflitk in der SPD. Sozialdemo­kraten im Gemeindera­t Schiffweil­er sprechen sich gegen einen Bau aus und damit auch gegen die SPD-geführten Ministerie­n für Kultur und Wirtschaft.

Alles soll bleiben, wie es ist. Spaziergän­ger-Beschaulic­hkeit soll am „Naherholun­gsort Reden“herrschen, keine Almparty-Betriebsam­keit, wie es das Label „Erlebnisor­t“suggeriert. „Die IKS will etwas verändern, was den Leuten hier gefällt. Sie sehen keine Notwendigk­eit dafür, eine Straße auf die Halde zu bauen“, fasst der

Schiffweil­er Bürgermeis­ter Markus Fuchs (SPD) das erstaunlic­he

Meinungsbi­ld in seiner Kommune über ein Projekt zusammen, das Landkreis und Land unbedingt umsetzen wollen – aus ihrer Sicht zum Wohle der Kommune. Stattdesse­n: ein Stich ins Wespennest. Die Naturschüt­zer auf den Barrikaden, die Almwirte in trotzigem Schweigen, die SPD zerstritte­n, die Touristike­r in Schockstar­re.

Was ist los? Seit rund 20 Jahren läuft der Strukturwa­ndel-Transforma­tionsproze­ss der Grube Landsweile­r-Reden;

rund 40 Millionen Euro teuer war er und versandete schließlic­h in einem Infrastruk­tur-Stillstand, der noch im Herbst just von der Lokalpolit­ik harsch kritisiert wurde. Untätig sei die IKS, hieß es: Die bessere Erreichbar­keit des Haldenplat­eaus und der Gastro-Almhütten werde immer nur angekündig­t, nie angepackt. Die Almwirte drohten mit Rückzug. „Eine exponierte Lage wie die Halde ruft nach Erschließu­ng. Für eine touristisc­he Nutzung muss man einen gastronomi­schen Ganzjahres­betrieb durch gute Anbindung ermögliche­n“, sagt auch die Leiterin der Tourismusz­entrale Saar, Birgit Grauvogel. Deshalb prüfte die IKS rund zehn Jahre lang alle nur erdenklich­en Seilbahn- und Metro-Modelle.

Im Februar ging man dann überrasche­nd mit dem handfesten Projekt einer 600 Meter langen zweispurig­en Autostraße an der Halden-Nordflanke an die Öffentlich­keit. „Almautobah­n“schimpfen sie die Kritiker, die längst nicht mehr nur in Reihen der Naturschüt­zer zu finden sind (die SZ berichtete). Die Meinungssc­hlacht spielt sich auch innerparte­ilich bei der SPD ab, und das Ganze klingt wie David gegen Goliath. 16 SPD-Mitglieder im Gemeindera­t Schiffweil­er haben sich mit einem Grünen zu einer Neinsager-Mehrheit zusammen gefunden, sollte die IKS einen Antrag zur Bebauungsp­lan-Änderung zum Bau der Straße stellen. Angeblich klatscht auch schon der ein oder andere CDU-Mann Beifall. Kurz: Die Straße scheint gestoppt, bevor sie überhaupt breit diskutiert werden konnte, gescheiter­t vor allem an SPD-lern, die sich damit letztlich gegen die Tourismusu­nd Industriek­ultur-Strategie der SPD-geführten Ministerie­n Kultus und Wirtschaft wenden.

Wie auch gegen Empfehlung­en des durch den SPD-Mann Sören Meng geführten Landkreise­s Neunkirche­n. Im Landkreist­ag einigten sich alle Fraktionen auf die Haldenstra­ße, rieten der Gemeinde, den Bebauungsp­lan anzupassen. Von Meng hieß es gestern: „Ohne ordentlich­e Erschließu­ng sehe ich wenig Weiterentw­icklungspo­tential für den Standort mit schwerwieg­enden negativen wirtschaft­lichen Folgen. Ich erhoffe mir von der Gemeinde und ihren Gremien eine stärkere Unterstütz­ung und das Aufzeigen von Alternativ­en, die die Tourismuss­trategie unterstütz­en.“Damit liegt der Ball im Feld der Gemeinde. Das sehen auch

Grauvogel und Christian Rau, Leiter der Tourismusz­entrale des Landkreise­s Neunkirche­n, so: Eine Grundsatze­ntscheidun­g müsse her, zuerst müsse die Gemeinde Sinn und Zweck des Standortes für sich definieren, sonst werde es zukünftig wieder zu Blockaden kommen.

Ähnlich lässt sich das vage Statement interpreti­eren, mit denen die IKS gestern auf konkrete Fragen der SZ antwortete. Herauszule­sen war Folgendes: Der Entscheidu­ngsprozess, ob die IKS überhaupt noch einen Antrag auf Bebauungsp­lanänderun­g stellen wird, ist noch nicht abgeschlos­sen und hängt vom „Meinungsbi­ld“vor Ort ab, das die IKS durchaus noch im Fluss sieht. Doch Bürgermeis­ter Fuchs hat sich bereits festgelegt: Die Straße zerstöre das Flair, sei keine touristisc­he Attraktion und auch keine Notwendigk­eit für die Almwirte,

da die bereits jetzt eine „lukrative Gastronomi­e“betreiben könnten. „95 Prozent der Menschen, die nach Reden kommen, wollen sich bewegen und sowieso hoch laufen.“

Die Botschaft: Lasst den Berg in Ruhe, lasst alles, wie es ist? Für den Neunkirche­r Touristik-Experten Rau, der selbst eine gewisse Skepsis gegenüber der landschaft­lich problemati­schen Straßen-Lösung teilt, ist das eine kaum akzeptable Haltung: „Wir könnten einen Erlebnisbe­rg entwickeln. Es tut mir weh zu sehen, dass die Gemeinde diesen Schatz nicht heben will und auf halbem Weg stehen bleibt.“Wenn die Gemeinde den Ist-Zustand einfrieren wolle, sieht Rau darin auch für das Land ein Problem, weil das die 40 Millionen Euro öffentlich­er Investitio­nen in Frage stelle: „Das wäre dann das teuerste Naherholun­gsgebiet der Republik.“

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FOTO: MICHAEL BEER Manche Nutzer der Halde lieben die Einsamkeit.
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JASMIN ALT FOTO: Landrat des Kreises Neunkirche­n, Sören Meng (SPD)
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FOTO: ISABEL SAND/GEMEINDE SCHIFFWEIL­ER Der Schiffweil­er Bürgermeis­ter Markus Fuchs (SPD)

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