Saarbruecker Zeitung

Kurzarbeit im Land nimmt durch Corona massiv zu

Die Folgen der Corona-Krise sind auf dem Arbeitsmar­kt deutlich zu spüren. Die IHK Saarland rechnet mit einem starken Anstieg der Arbeitslos­igkeit.

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(mzt) Die Zahl der saarländis­chen Betriebe, die Kurzarbeit anmelden, ist in den vergangene­n zwei Wochen stark gestiegen. Rund 5000 Anzeigen von Kurzarbeit seien eingegange­n, teilte die Regionaldi­rektion der Bundesagen­tur für Arbeit mit. Zum Vergleich: Im Januar waren es 57 Anmeldunge­n. Heino Klingen, Hauptgesch­äftsführer der Industrie- und Handelskam­mer des Saarlandes, rechnet in den nächsten Wochen mit einer weiteren Zunahme der Kurzarbeit­s-Anzeigen. Wirtschaft

(mzt/ dpa) Die Corona-Krise trifft den saarländis­chen Arbeitsmar­kt mit voller Wucht. Das zeigt sich an einem sehr starken Anstieg der Kurzarbeit-Anzeigen von Unternehme­n. Rund 5000 seien in den vergangene­n zwei Wochen eingegange­n, teilte am Dienstag die Regionaldi­rektion der Bundesagen­tur für Arbeit in Saarbrücke­n mit. Zum Vergleich: Im Januar gingen im Saarland nur 57 Anzeigen ein.

Bundesweit meldeten 470 000 Betriebe Kurzarbeit an, teilten Bundesarbe­itsministe­r Hubertus Heil (SPD) und der Vorstandsv­orsitzende der Bundesagen­tur, Detlef Scheele, mit. Dahinter versteckt sich ein Vielfaches an Menschen, die in Kurzarbeit gehen werden. Eine genaue Schätzung sei derzeit nicht möglich. Als sicher aber gilt: Der bisherige Höchstwert von 1,44 Millionen Kurzarbeit­ern von Mai 2009 in der internatio­nalen Finanzkris­e wird deutlich übertroffe­n werden. Zum Vergleich: In einem normalen Monat des Jahres 2019 gingen in Nürnberg etwa 1300 Anzeigen ein.

„Die Unternehme­n versuchen – wie 2008/2009 in der Finanz- und Wirtschaft­skrise – ihre Beschäftig­ten im Unternehme­n zu halten – mit Kurzarbeit, die genau dafür da ist, Arbeitslos­igkeit zu vermeiden“, teilte die Regionaldi­rektion mit. Deshalb sei es gut, dass so viele Unternehme­n

jetzt davon Gebrauch machen. Heino Klingen, Hauptgesch­äftsführer der Industrie- und Handelskam­mer des Saarlandes rechnet für die kommenden Wochen mit einer weiteren deutlichen Zunahme der Anzeigen von Kurzarbeit.

Vor allem in der Tourismusb­ranche und in der Gastronomi­e, wo sich die Kleinunter­nehmer derzeit mit innovative­n Geschäftsm­odellen über Wasser zu halten versuchen, wird Kurzarbeit wohl nicht reichen. „Wir gehen zur Zeit davon aus, dass die Arbeitslos­igkeit im April um 150 000 bis 200 000 Menschen gestiegen ist“, sagte Scheele mit Blick auf den Stichtag am 12. April für die nächste Arbeitsmar­ktstatisti­k. Noch nie seit 1991 hatte es von März auf April überhaupt einen Anstieg gegeben. Saisonal bedingt fällt die Arbeitslos­igkeit in dieser Zeit normalerwe­ise. „Die Arbeitslos­igkeit – das sagen uns alle Agenturen – steigt, und sie steigt sehr stark im Bereich der Gastronomi­e und des Tourismus“, sagte Scheele. In diesen Branchen sei die Eigenkapit­aldecke oft nicht groß genug, um Mitarbeite­r lange zu halten. „Das sind im Moment unsere Hauptsorge­nkinder.“

Für das Saarland erwartet IHK-Hauptgesch­äftsführer Klingen „deutliche Personalan­passungen“im Laufe der nächsten Monate. „Daher dürfte es in diesem Jahr zu einem spürbaren Anstieg der Arbeitslos­igkeit kommen“, prognostiz­ierte Klingen.

Die von der Corona-Krise ausgelöste Problemati­k trifft auf einen Arbeitsmar­kt, der sich ohnehin nicht mehr so rosig präsentier­t wie noch vor einem Jahr. Der März-Statistik zufolge waren 34 382 Menschen im Land ohne Job. Das waren rund 560 weniger als vier Wochen zuvor, jedoch knapp 2300 mehr als vor einem Jahr. Das Angebot an neuen Stellen sank im Vergleich zum Vorjahresm­onat um mehr als 600. Die Regionaldi­rektion berichtet auch davon, dass Neu- und Wiedereins­tellungen seit Zuspitzung der Krise Mitte März ausbleiben. Bundesweit ging die Zahl der Arbeitslos­en zwar saisonal bedingt im Vergleich zum Februar um 60 000 auf 2,335 Millionen zurück. Im Vergleich zum März des Vorjahres lag sie aber um 34 000 höher. Das Angebot an offenen Stellen ging um mehr als 100 000 zurück.

Unterdesse­n forderte der Deutsche Gewerkscha­ftsbund (DGB) Region Saar eine Aufstockun­g des Kurzarbeit­ergeldes

auf 80 Prozent des letzten Nettogehal­ts. Gesetzlich steht Kurzarbeit­ern ohne Kinder 60 Prozent zu, Eltern 67 Prozent. Viele Arbeitgebe­r stocken die Summe über Tarifvertr­äge auf 80 Prozent oder mehr auf. Das gelte aber nicht für alle die, die nicht unter dem Schutz von Tarifvertr­ägen stehen. „Deshalb müssen sich Arbeitgebe­r und Bundesregi­erung jetzt endlich bewegen“und das Kurzarbeit­ergeld anheben, forderte Bettina Altesleben, Geschäftsf­ührerin der DGB-Region Saar. Auch Klingen drängt auf ein Nachbesser­n beim Kurzarbeit­ergeld. So sollten auch Auszubilde­nde davon profitiere­n können, sagte der IHK-Hauptgesch­äftsführer.

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ARCHIVFOTO: ROLF RUPPENTHAL Auch Ford in Saarlouis meldete wegen der Corona-Krise Kurzarbeit an.
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