Saarbruecker Zeitung

20 Jahre Kampf um erneuerbar­e Energie

Der Ausbau in Deutschlan­d kommt nach Beobachtun­gen von Branchenex­perten zu langsam voran.

- VON TERESA DAPP UND ANDREAS HOENIG Produktion dieser Seite: Thomas Sponticcia Nina Drokur

(dpa) Fast die Hälfte des Stroms in Deutschlan­d kommt 2020 aus erneuerbar­en Energien. Zum Vergleich: Im Jahr 2000 waren es sechs Prozent. Das Erneuerbar­e-Energien-Gesetz, das am heutigen Mittwoch 20 Jahre alt wird, hat in den vergangene­n Jahren viel bewegt, bleibt jedoch eine Dauerbaust­elle, auf der es gerade hoch hergeht. Fest steht: Die Energiewen­de ist ein Exportschl­ager. Nicht nur die Idee, auf Strom aus Wind, Sonne, Wasser und Biomasse zu setzen. Das Wort Energiewen­de wird sogar im Englischen regelmäßig gebraucht – und das deutsche Gesetz dazu, das Erneuerbar­e-Energien-Gesetz (EEG), wurde von vielen Ländern nachgeahmt.

Als das EEG beschlosse­n wurde, regierte Rot-Grün unter Bundeskanz­ler Gerhard Schröder (SPD). Damals waren Solaranlag­en noch eher etwas für Überzeugun­gstäter, kein Mainstream. Um das zu ändern, sollte die Einspeisun­g so vergütet werden, dass Ökostrom einspeisen sich lohnt – und zwar über 20 Jahre. Die EEG-Umlage, die das finanziert und die alle Bürger mit ihrer Stromrechn­ung bezahlen, bringt Kritiker bis heute auf die Palme.

Beim Bundesumwe­ltminister­ium ist bis heute das Zitat des damaligen Umweltmini­sters Jürgen Trittin (Grüne) zu finden: „Es bleibt dabei, dass die Förderung erneuerbar­er Energien einen durchschni­ttlichen Haushalt nur rund einen Euro im Monat kostet - so viel wie eine Kugel Eis.“Das war 2004. Die Umlage lag damals bei 0,54 Cent pro Kilowattst­unde, 2000 war sie bei 0,19 Cent gestartet. Dieses Jahr sind es 6,76 Cent – da hält die Inflation der Eiskugel-Preise nicht mit, zum Glück. Fast ein Viertel des Strompreis­es ist derzeit die EEG-Umlage. Von nun an fallen allerdings alte Anlagen nach und nach aus der Förderung, weil der Förderzeit­raum von 20 Jahren abläuft.

Der Ausbau der Erneuerbar­en kam schnell voran, immer mehr

Anlagen bekamen Fördergeld – daher stieg die Umlage. Zugleich wurden aber vor allem Solaranlag­en immer billiger, und die Kosten für die Ökostrom-Produktion sanken. Die Energiewen­de wurde marktreif. „Das EEG war damit ein hoch erfolgreic­hes Instrument der weltweiten Wirtschaft­sförderung“, sagt die Präsidenti­n des Bundesverb­ands Erneuerbar­e Energien (BEE), Simone Peter. Seit der letzten großen EEG-Reform bekommen Ökostrom-Produzente­n für neue Anlagen keine feste Vergütung mehr, sondern müssen sich bewerben.

Wer am wenigsten Fördergeld will, bekommt den Zuschlag.

Erneuerbar­e Energien hatten im vergangene­n Jahr einen Anteil von rund 43 Prozent am Bruttostro­mverbrauch. Im ersten Quartal 2020 waren es nach Berechnung­en der Denkfabrik Agora Energiewen­de fast 50 Prozent – das ist Rekord. Die Klimaschut­z-Fortschrit­te Deutschlan­ds gehen zu einem großen Teil auf den Umbau der Stromerzeu­gung zurück. Wind und Sonne lösen die Kohle ab.Dem Branchenve­rband BEE zufolge beschäftig­en die Erneuerbar­en 340 000 Menschen. Der Atomaussti­eg Deutschlan­ds wird 2022 beendet, der Kohleausst­ieg bis spätestens 2038 ist weitestgeh­end beschlosse­n.

Zum 20. EEG-Geburtstag ist die Stimmung in der Branche eher mies. Die große Koalition hat zwar das Ziel, den Ökostrom-Anteil bis 2030 auf 65 Prozent hochzuschr­auben. Doch der Ausbau der Erneuerbar­en stockt, vor allem Windräder an Land haben es schwer. Lange Planungsun­d Genehmigun­gsverfahre­n sowie Widerstand von Anwohnern werden als Hauptgründ­e genannt.

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FOTO: DANIEL REINHARDT/DPA Am heutigen Mittwoch vor 20 Jahren wurde in Deutschlan­d politisch die Energiewen­de auf den Weg gebracht.

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