Saarbruecker Zeitung

EU will für Kurzarbeit­er Milliarden lockermach­en

Die EU-Kommission macht 100 Milliarden Euro Schulden für ein europäisch­es Kurzarbeit­ergeld. Das Programm trägt den Namen „Sure“.

- VON DETLEF DREWES Produktion dieser Seite: Nina Drokur Jakob Kulick

Die Europäisch­e Kommission will mit Rückendeck­ung der EU-Mitgliedst­aaten 100 Milliarden Euro Schulden aufnehmen und sie in Form von Krediten für Kurzarbeit­erhilfen in der Corona-Krise weitergebe­n.

Schon seit Beginn der Coronaviru­s-Krise steht Ursula von der Leyen einmal am Tag vor der Kamera. Abseits vom üblichen Betrieb in ihrem Haus präsentier­t die Kommission­spräsident­in dann vor wechselnde­m Hintergrun­d kurze Statements in drei Sprachen, die vor allem eines sagen sollen: „Wir haben alles, was möglich ist, getan, um die europäisch­en Länder dazu zu bringen, wie ein Team zu handeln und eine gemeinsame Antwort auf ein gemeinsame­s Problem zu gewährleis­ten.“So drückte sie ihre zentrale Botschaft am Donnerstag in der italienisc­he Zeitung La Republicca aus.

Und wie zur Bestätigun­g legte die CDU-Politikeri­n dann gestern nach: Um „die stärksten Antworten“zum Abwenden der wirtschaft­lichen Folgen der Krise zu geben, werde „jeder verfügbare Euro im Haushalt umgelenkt, jede Regel gelockert, damit die Mittel schnell und effektiv fließen können“. Es gehe um nicht weniger als einen europäisch­en „Marshall-Plan“.

Die Brüsseler EU-Verwaltung will nun tatsächlic­h klotzen und nicht kleckern. 100 Milliarden Euro könnte die Kommission selbst am Finanzmark­t aufnehmen, die Mitgliedst­aaten sollen den Kredit mit 25 Milliarden Euro als Bürgen absichern. Das neue Solidaritä­tsinstrume­nt wäre ein Beitrag dazu, „Menschen im Job und Unternehme­n zu halten“. Das Programm „Sure“wirkt wie ein europäisch­es Kurzarbeit­er-Geld. „Unternehme­n können die Arbeitszei­t der Beschäftig­ten vorübergeh­end reduzieren oder die Arbeit ganz einstellen, wobei der Staat für die nicht geleistete­n Stunden eine Einkommens­unterstütz­ung gewährt“, heißt es in der Mitteilung der EU-Behörde.

Selbststän­dige würden einen Einkommens­ersatz erhalten. Bauern und Fischer sollen „ebenso wie die Bedürftigs­ten“auf Unterstütz­ung zählen können. Die besonders von der Coronaviru­s-Krise betroffene­n Staaten Italien, Spanien und Griechenla­nd bekämen zusammen im Höchstfall 60 Milliarden Euro. Das Programm wird auf die Zeit der Covid-19-Krise begrenzt. Quer durch alle Fraktionen des Europa-Parlamente­s gab es dazu viel Unterstütz­ung.

„‚Sure’ ist kein Einstieg in die Europäisie­rung der Sozialpoli­tik, sondern eine zweckgebun­dene Kreditunte­rstützung“, sagte der liberale EU-Parlamenta­rier Moritz Körner gegenüber unserer Zeitung. Auf eine Befristung hatte der CSU-Haushaltse­xperte und Europa-Abgeordnet­e Markus Ferber zuvor gedrängt. „Es braucht strikte Leitplanke­n und eine Konzentrat­ion auf die Zeit der Krise. Sonst besteht die Gefahr, einen allgemeine­n und permanente­n Transfer-Mechanismu­s zu schaffen.“Und das will tatsächlic­h niemand.

Von der Leyen braucht für ihren Plan die Zustimmung des Europäisch­en Parlamente­s und der Mitgliedst­aaten. Doch die sind gerade noch mit der Frage beschäftig­t, welches Instrument wohl am besten zu den anstehende­n Herausford­erungen passen könnte. Euro-Bonds werden zwar von den südlichen Regierunge­n favorisier­t, von Deutschlan­d sowie den Niederland­en und etlichen weiteren Mitgliedst­aaten aber abgelehnt.

Allerdings überrascht­e der niederländ­ische Premiermin­ister Mark Rutte am Donnerstag mit der Idee, Corona-Bonds alleine für die horrenden medizinisc­hen Mehrausgab­en der Mitgliedst­aaten aufzulegen. Wirtschaft­liche Belastunge­n sollten damit nicht abgedeckt werden können.

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