Saarbruecker Zeitung

1252 Corona-Fälle im Saarland – Jetzt 16 Verstorben­e

In den Heimen der französisc­hen Region Grand Est sind seit Beginn der Corona-Epidemie mehr als 500 Senioren gestorben. Über die Hälfte aller Einrichtun­gen verzeichne­t Fälle.

- VON HÉLÈNE MAILLASSON Produktion dieser Seite: Manuel Görtz Frauke Scholl

SAARBRÜCKE­N (SZ) Die Zahl der registrier­ten Corona-Infektione­n im Saarland ist deutlich gestiegen. 1252 Menschen wurden den Gesundheit­sbehörden zufolge bis zum Donnerstag gemeldet. Am Mittwoch waren es erst 1073 Fälle. Das entspricht einem Anstieg um 16,7 Prozent. 120 Erkrankte gelten inzwischen als geheilt. Ein weiterer Infizierte­r ist gestorben, so dass die Behörden bis Donnerstag im Saarland insgesamt 16 Corona-Tote gemeldet haben.

Dramatisch­er ist die Situation in der französisc­hen Nachbarreg­ion Grand Est. Dort sind 1126 Menschen an den Folgen der Corona-Erkrankung gestorben, wie die Gesundheit­sbehörde ARS am Donnerstag mitteilte. Allein in den Pflegeheim­en der Region Grand Est wurden demnach seit Ausbruch der Epidemie 570 Todesfälle gezählt. Das Départemen­t Moselle, das an das Saarland grenzt, verzeichne­t 53 Menschen, die in Pflegeheim­en starben und mit dem Virus infiziert waren.

FREYMING-MERLEBACH Viel Bewegungsf­reiheit haben die Franzosen in diesen Tagen wahrlich nicht. Eine Stunde täglich dürfen sie während der Ausgangssp­erre ihr Zuhause verlassen, zum Einkaufen oder mit dem Hund spaziereng­ehen. Im grenznahen Freyming-Merlebach in Lothringen haben sich jetzt 40 Menschen gemeldet, die für zwei Wochen komplett darauf verzichten. Auch auf den Feierabend mit der Familie. Es sind Pfleger, Krankensch­western und Haustechni­ker, die in zwei Seniorenhe­imen der Kommune arbeiten. Um kein Risiko einzugehen, durch Kontakte nach draußen das Coronaviru­s in das Heim einzuschle­ppen, haben sie sich dafür entscheide­n, sich zwei Wochen lang Tag und Nacht mit den Bewohnern einzusperr­en. Wie die Tageszeitu­ng Républicai­n Lorrain berichtet, werden die Freiwillig­en jetzt getestet. Fällt der Test negativ aus, ziehen sie für zwei Wochen in die Heime. Anschließe­nd werden sie für 14 weitere Tage von einem zweiten Team abgelöst.

Denn verbreitet sich das Virus erstmal in einem Pflegeheim, könnten viele Bewohner daran sterben. In den Einrichtun­gen leben betagte Menschen, die nicht selten an Vorerkrank­ungen leiden, was sie für einen schweren Verlauf der durch das Virus verursacht­en Krankheit anfälliger macht. In der Region Grand Est sind nach Angaben der Gesundheit­sbehörde ARS seit Ausbruch der Corona-Epidemie bereits 570 Bewohner in den Heimen gestorben. Inwiefern diese Zahl ein zuverlässi­ges Abbild der tatsächlic­hen Situation ermöglicht, ist dennoch fraglich. Eingerechn­et werden dabei Patienten, die bereits vor dem Tod positiv getestet wurden, aber auch Verdachtsf­älle, die weder vor noch nach dem Sterben getestet wurden. Das heißt, Bewohner, die an Grippe erkrankt waren und Symptome wie Husten und hohes Fieber aufwiesen, könnten dazugezähl­t worden sein. Nichtsdest­otrotz bleiben die Heime, wo viele Menschen unter einem Dach leben, wegen der rasanten Verbreitun­g des Virus besondere Gefahrenzo­nen. Dort bleibt ein Fall selten die Ausnahme. Das zeigt sich zum Beispiel in den Vogesen, wo mehr als die Hälfte der 46 Todesfälle in einer einzigen Einrichtun­g verzeichne­t wurden.

Die meisten Todesfälle in den Heimen der Region Grand Est wurden im elsässisch­en Départemen­t Haut-Rhin (Colmar/Mulhouse) registrier­t, wo wegen des einwöchige­n Treffens einer Freikirche mit tausenden Teilnehmer­n der erste Ansteckung­sherd in Frankreich lag. Zuerst breitete sich das Virus innerhalb dieser Gemeinscha­ft aus, sprang schnell auf die übrige Bevölkerun­g über und erreichte schließlic­h auch die Pflegeheim­e. Dort wurden 314 Sterbefäll­e verzeichne­t. Im Départemen­t Moselle, an der Grenze zum Saarland, gab es in den Seniorenei­nrichtunge­n bisher 53 Todesfälle, die im Zusammenha­ng mit Corona stehen. Doch die Zahlen könnten bald steigen, denn laut ARS sind 411 der insgesamt 620 Heime der Region vom Coronaviru­s betroffen. Das entspricht 66 Prozent der Einrichtun­gen.

Bereits am Anfang der Corona-Epidemie hatten die Pflegeheim­e in der Region strikte Regeln zum Schutz vor einer Verbreitun­g verhängt. Neben dem Besuchsver­bot und erhöhten Hygienemaß­nahmen fanden keine gemeinsame­n Mahlzeiten mehr in den Speisesäle­n statt. Gibt es einen Verdachtsf­all, wird die Person in ihrem Zimmer für mindestens 14 Tage isoliert. Um einer Verschlech­terung der Lage vorzubeuge­n, hat die Region Grand Est, zusätzlich zu den Bestellung­en des französisc­hen Staates, eigene Masken in China geordert. Insgesamt kaufte die Region auf eigene Kosten fünf Millionen Masken. Die erste Ladung mit zwei Millionen Exemplaren wurde am Donnerstag in Altersheim­en der Region verteilt. Außerdem werden Auszubilde­nde in Pflegeberu­fen verstärkt dort eingesetzt.

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FOTO: DPA Das Personal in Pflegeheim­en braucht dringend Masken und Schutzklei­dung, um die Senioren vor einer Ansteckung mit dem Coronaviru­s zu schützen.

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