Saar-Virologe warnt vor Wende im Corona-Kurs
Wenn die Welle der Infektionen im Saarland nicht abebbt, sollte dem Experten zufolge über schärfere Beschränkungen nachgedacht werden.
HOMBURG (maw) Die Stimmen in Politik und Wirtschaft werden lauter, die die Maßnahmen im Zuge der Corona-Pandemie infrage stellen. Dr. Jürgen Rissland, Virologe an der Homburger Uniklinik, warnt aber davor, die verhängten Kontaktbeschränkungen zu lockern. „Die Ausgehverbote bis zum 20. April sind absolut richtig, auch wenn sie eine starke Reduzierung des öffentlichen Lebens bedeuten“, betont der Mediziner. Sollte die Zahl der mit Corona infizierten Saarländer nicht oder nur schleppend sinken, plädiert Rissland dafür, dass die Einschränkungen „durch weitere Kontaktreduzierungen verschärft werden“. Befeuert hatte die Debatte der Virologe Hendrik Streeck, der in einem Interview mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung erklärte, dass extreme Beschränkungen auf Dauer nicht gebraucht werden.
In Absprache mit der Landesregierung beobachtet das Uniklinikum die Ausbreitung des Virus und erarbeitet Modelle, die als Grundlage für den weiteren Umgang mit der Corona-Pandemie dienen sollen. Als Ausgangspunkt nennt der Saar-Virologe die sogenannte Basis-Reproduktionszahl, die am Anfang der Infektionswelle bei einem Wert von drei lag. Demnach steckte anfangs ein Infizierter drei weitere Personen an. Die Zahl der Infizierten nahm exponentiell zu. Aktuell liege der Wert bei 1,6. Er muss aus Risslands Sicht noch weiter sinken, bevor die Politik eine Wende im Corona-Kurs einleiten kann. „Je näher wir an den Zielwert eins rücken, desto überschaubarer ist die Dynamik und umso eher die Grundlage für eine Lockerung der Beschränkungen gegeben“, erklärt Rissland.
Zusätzlich wolle das Gesundheitsministerium auf Empfehlung des Corona-Ausschusses des Landtags prüfen, in einer repräsentativen Stichprobe eine Zahl von Saarländern auf Corona zu testen. So lasse sich die Realität besser abbilden, und es könne gezielter gehandelt werden, sagte ein Sprecher der Saar-SPD.