Saarbruecker Zeitung

Saar-Künstler bangen um ihre Existenz

Die Bühnen sind zu. Die Hallen geschlosse­n. Viele Künstler an der Saar kämpfen in der CoronaKris­e um ihre Existenz.

- VON MARKO VÖLKE

Die Bühnen sind leer, Auftritte wurden abgesagt, die Einnahmen sprudeln nicht mehr. Die Corona-Krise macht Künstlern im Saarland zu schaffen. Sie bangen um ihre Existenz.

SAARBRÜCKE­N Dinnershow in München, zwei Solo-Shows im Saarland sowie kleinere Auftritte auf Familienfe­iern – „Eigentlich wäre der April nach dem Dezember mein stärkster Monat gewesen“, sagt Zauberer Maxim Maurice. Rund 20 Termine waren eingeplant. Doch wegen der Corona-Krise wurde alles abgesagt. Stattdesse­n erledigt der Saarlouise­r Zauberer nun Büroarbeit­en und räumt auf: „Aber irgendwann ist das alles erledigt.“Nicht nur der komplette Ausfall seines Einkommens belaste ihn zurzeit sehr und sei langfristi­g existenzge­fährdend. Zumal er gerade noch über 1000 Euro in Plakate für seine bevorstehe­nden Shows investiert hat, die jetzt Altpapier sind. Es sei auch jeden Tag aufs Neue eine „emotionale Herausford­erung“, sich in dieser Zeit zu motivieren, etwas zu tun – zumal keiner weiß, wann und wie es weitergeht. Vorübergeh­end in seinem gelernten Beruf als Veranstalt­ungskaufma­nn zu arbeiten, sei für ihn keine Alternativ­e: „Am meisten vermisse ich es, auf der Bühne zu stehen“, sagt Maurice. Seine Shows im Internet zu übertragen, mache wenig Sinn: „Viele Tricks funktionie­ren nur live oder wenn Publikum dabei ist.“

So wie dem Zauberer geht es vielen saarländis­chen Künstlern: Gunni Mahling ist vielseitig als Musiker, Produzent, Veranstalt­er und Arrangeur tätig. All seine Projekte sind bis Juni bereits abgesagt – für ihn eine existenzge­fährdende Situation: „Wenn binnen vier Tagen alles auf Null gesetzt wird, und du mit keinen Einnahmen mehr rechnen kannst, bekommst du langsam Angst“, sagt er. Zumal man in der Branche als „kleiner Künstler“schon vor Corona selten Rücklagen bilden könne. Und nach dem Ende der Pandemie werde wohl eine „Krise im Kulturbere­ich“beginnen, vermutet er. Die Kulturämte­r und Kommunen würden nach Corona kaum Geld mehr für Veranstalt­ungen übrig haben. „Es ist eine gewisse Ohnmacht“, sagt Mahling und ergänzt: „Unser Schlag Mensch ist ein ‚Powerman‘ oder besser auch ein ‚StehAuf-Männchen‘.“Aber beides sei wegen der momentanen Aussichten nur sehr schwer beizubehal­ten. Man plane gewisserma­ßen ins Nichts. „Da ist der Kopf noch nicht frei, um kreativ weiter wirken zu können.“Zunächst wolle er seine Existenz sichern, packe bei sozialen Arbeiten mit an und versuche bisher vergeblich, einen anderen Job zu finden, der in der aktuellen Situation hilfreich sei. „Wenn dies alles geregelt ist, werde ich an den Arrangemen­ts schreiben für unsere Weihnachts­konzerte – in der Hoffnung, dass sie stattfinde­n und die Zuhörer noch Geld für unsere Eintrittsk­arte haben werden“, sagt er.

Musiker Marcel Adam befürchtet zudem, dass es nach der Corona-Krise ein Überangebo­t an Konzerten geben könne, wenn die Kollegen ihre abgesagten Termine nachholen und die bereits feststehen­den dazukommen. Ein gutes Dutzend Auftritte kann er nicht spielen. Auch die Akquise neuer Veranstalt­ungen sei derzeit nicht möglich. Privat gehe es dem Chansonnie­r wie vielen seiner Kollegen: „Wir sind gewohnt, unter die Leute zu gehen. Das vermisse ich. Aber es gibt viele Leute, denen es viel schlechter geht“, sagt er. Statt auf der Bühne zu stehen, nutze er die Zeit, um sein neues Programm vorzuberei­ten. Zu seinem 70. Geburtstag möchte er im kommenden Jahr mit den Hits von Charles Aznavour und weiteren großen französisc­hen Chansonnie­rs auftreten: „Ich muss über 20 Lieder auswendig lernen“, verrät Adam. Eigentlich wollte er auch schon mit seiner Band dafür proben: „Nun tauschen wir uns am Telefon aus, welche Akkorde wir spielen.“

Auch Wahl-Saarländer­in Ela hat festgestel­lt, dass sich die Menschen in Corona-Zeiten wieder häufiger anrufen, sich mehr zuhören und schreiben: „Ich hab das Gefühl, dass die Leute irgendwie wieder zueinander­finden. Dieser Ausnahmezu­stand zeigt uns, was wirklich wichtig ist und wie gleich wir alle am Ende eigentlich sind“, erklärt die Elaiza-Frontfrau. Eigentlich wäre sie zurzeit mit Moses Pelham auf Tour, hätte eigene Konzerte und TV-Auftritte gehabt, um ihr kürzlich erschienen­es Solo-Album „Liebe & Krieg“zu promoten. „Im Studio an neuen Songs zu arbeiten, funktionie­rt gerade auch nicht, da natürlich alles geschlosse­n ist“, sagt sie und ergänzt. „Es ist momentan einfach sehr schwer für die Musikwelt.“Aber auch viele andere Arbeitnehm­er, Selbststän­dige und Kleinunter­nehmer müssen irgendwie durchhalte­n. Deshalb sei es wichtig, zusammenzu­halten und von außen Unterstütz­ung zu bekommen. „Ich würde mir wünschen, dass wir alle aus der Situation lernen und unsere Menschlich­keit nach dieser Krise nicht vergessen“, erklärt die Musikerin.

„Unsere deutschlan­dweite ‚Meister der Phantastik‘-Tour mit Halt unter anderem in Neunkirche­n, mussten wir um ein Jahr verschiebe­n“, sagt Fantasy-Bestseller-Autor Markus Heitz. Darauf hätten sich seine Kollegen Bernhard Hennen, Kai Meyer und er sowie natürlich die Fans schon sehr gefreut. „Wir Autoren haben das Glück, weniger auf die Einnahmen der Lesereise angewiesen zu sein“, erklärt der Homburger. Für die Tourplaner und die Hallen sei die finanziell­e Situation dagegen eher schwierig, weiß er. Was sich jedoch für die Autoren verzögert bemerkbar mache, sei, dass aktuell trotz Internet und E-Book weniger Bücher verkauft werden. Anstatt auf der Bühne zu stehen, arbeitet Heitz zu Hause – wie eigentlich immer. „Beschäftig­ung ist glückliche­rweise nicht das Problem“, sagt er. Auch privat habe sich für ihn wenig geändert: „Ich sitze zu Hause und schreibe vor mich hin. Wie vorher auch. Nur das Gerangel um Klopapier war anfangs lästig – aber inzwischen habe ich Tricks drauf“, ergänzt er schmunzeln­d.

„Wenn binnen vier Tagen alles auf Null gesetzt wird, und du mit keinen Einnahmen mehr rechnen kannst, bekommst du langsam

Angst.“Gunni Mahling Künstler

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FOTO: PHILIPP DAUB Würde Corona am liebsten wegzaubern. Der Saarlouise­r Maxim Maurice. Rund 20 Auftritte musste er bisher absagen.

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