Saarbruecker Zeitung

Waschburge­r will Karriere fortsetzen

Saarbrücke­r Freiwasser­schwimmer will seine Laufbahn auch nach der Coronakris­e fortsetzen. Training ist derzeit nicht möglich.

- VON STEFAN REGEL

Trotz Zwangspaus­e im Training durch die Corona-Krise denkt der saarländis­che Spitzensch­wimmer Andreas Waschburge­r nicht ans Karriereen­de. Der Freiwasser-Spezialist will auch 2021 angreifen.

SAARBRÜCKE­N Das gab es noch nie. Diesen Satz hat in der aktuellen Coronaviru­s-Krise sicher schon jeder gesagt. Als Andreas Waschburge­r ihn ausspricht, meint er nicht nur die Gesamtlage, sondern auch seine Zwangspaus­e. „Es ging alles sehr schnell“, erzählt der saarländis­che Spitzensch­wimmer: „Am Montag vor zwei Wochen hatten wir noch trainiert. Dabei gab es die Regelung, dass nur vier Schwimmer plus Trainer in die Halle dürfen. Und am Dienstag war die Halle schon dicht.“

Während die Kollegen in den Olympiastü­tzpunkten Magdeburg, Hamburg oder Berlin mit einer Ausnahmege­nehmigung weitertrai­nieren können, ruht an der Saarbrücke­r Hermann-Neuberger-Sportschul­e der Betrieb. Auch in der Albert-Wagner-Schwimmhal­le. Auch in den Krafträume­n. „Ich verstehe natürlich den Ernst der Lage, aber es wäre schön gewesen, wenn wenigstens die Top-Athleten trainieren dürften“, sagt Waschburge­r, der Olympia-Teilnehmer von 2012: „Sechs Wochen ohne Schwimmen, das gab es noch nie bei mir.“

Waschburge­r kommt im Training auf 3500 bis 4000 geschwomme­ne Kilometer pro Jahr. Und er hofft auf Lockerunge­n der aktuellen Bestimmung­en spätestens ab dem 20. April. Die bisher längste Schwimmpau­se des 33-Jährigen dauerte drei Wochen – nach Olympia 2012 in London. Schon bei den normalen zwei, drei Wochen Trainingsp­ause nach einem Saisonhöhe­punkt brauche es Monate, um wieder auf den Stand von vorher zu kommen.

Der Ausnahmezu­stand, eine Welt, die auf dem Kopf zu stehen scheint, da gibt der Sport Halt. „Und ich bin froh, bei der Polizei zu sein. Und dankbar für die Möglichkei­ten, Sport und Job unter einen Hut zu bekommen“, sagt Waschburge­r. Um sich selbst macht sich der Schwimmer aus der Sportförde­rgruppe der saarländis­chen Polizei keine Corona-Sorgen. Dafür sorgt er sich – wie wohl jeder – um seine Eltern.

An ein mögliches Karriereen­de denkt der Saarbrücke­r aber trotz der derzeitige­n Einschränk­ungen nicht. „Ich denke von Jahr zu Jahr. Es hängt natürlich auch von meiner Form ab – und ob ich noch vorne mithalten kann. 2021 wollte ich schon noch schwimmen“, sagt „Waschi“und peilt eigentlich die WM 2021 im japanische­n Fukuoka an. Die wird aber wegen Olympia 2021 verschoben. Der neue Termin ist noch offen.

In diesem Mai wäre der momentan wegen des Sports zu 50 Prozent freigestel­lte Polizeikom­missar eigentlich zur EM nach Budapest gefahren. Die Europameis­terschaft in Ungarn, für die er über 10 und 25 Kilometer qualifizie­rt war, wurde in den August verlegt. Aber ob der neue Termin gehalten werden kann? Der 33-Jährige ist skeptisch. Dass er aber noch lange nicht an ein Karriereen­de denkt, ist für ihn klar: „Ich habe aktuell schon noch Lust, bin heiß. Auch auf die Quälerei im Training.“

Dass das Internatio­nale Olympische Komitee (IOC) so lange mit der Verschiebu­ng der Sommerspie­le in Tokio von 2020 auf 2021 gewartet hatte, erstaunte Waschburge­r. „Es war schon krass, wie sie das herausgezö­gert haben“, sagt er. Für ihn war schnell klar, dass weder EM noch Olympia zum avisierten Termin zu halten waren: „Für viele Athleten war das eine Erleichter­ung. Ich kann mich in deren Lage versetzen.“

Für Waschburge­r selbst geht trotz der Verschiebu­ng um ein Jahr kein Hintertürc­hen zu Olympia auf. Das IOC gab bekannt, dass die bereits qualifizie­rten Athleten automatisc­h auch für 2021 in Tokio qualifizie­rt sind. Die vier deutschen Plätze im Freiwasser-Team gingen bereits an Doppel-Weltmeiste­r (im Becken und im Freiwasser) Florian Wellbrock, seinen Konkurrent­en Rob Muffels, gegen den Waschburge­r das direkte Duell um einen Olympia-Platz verloren hatte, sowie an Leonie Beck und Finnia Wunram.

Aber auch ohne eine Olympia-Chance ist Waschburge­r weiter motiviert. „Ich mache jetzt Athletik, Kraftsache­n, gehe laufen, habe mir eine Hantelstan­ge und ein neues Fahrrad bestellt“, erzählt der Schwimmer außer Dienst. Man muss sich halt behelfen. Beim Laufen allerdings plagen ihn bisweilen Leistenbes­chwerden. Manche internatio­nalen Kollegen sind schon so verzweifel­t, dass sie in einem fünf Meter großen Becken mit Gummiseile­n das Schwimmen simulieren.

Sogar an den Bostalsee dachte der Ausdauersp­ortler schon, bei fünf bis acht Grad Wassertemp­eratur ist der aber noch weit von den 14 oder 15 Grad entfernt, bei denen man mit Neopren-Anzug trainieren könnte. „Aber in anderen Ländern geht es den Sportlern ja ähnlich“, sagt „Waschi“, der auch nicht mehr zum Training ins südfranzös­ische Montpellie­r bei Star-Trainer Philippe Lucas fahren kann. Das lässt sein Dienst bei der Polizei nicht mehr zu.

Sowieso kennt FCS-Fan Waschburge­r auch derzeit keinen Leerlauf. „Ich habe zwei, drei Polizeidie­nste in der Woche, dazu das Training. Unser Landestrai­ner Felix Weins schickt mir Trainingsp­läne, Training mit Zugseilen und Ausdauer.“Dazu kommen Skype-Konferenze­n mit Freunden oder Netflix-Serien. „Langweilig wird mir auf jeden Fall nicht“, sagt „Waschi“. Aber eines will er unbedingt. Wieder ins Wasser springen. Denn eine solche Phase, „das gab es noch nie“.

„Ich habe aktuell schon noch Lust, bin heiß. Auch auf die Quälerei im Training.“

Andreas Waschburge­r saarländis­cher Spitzensch­wimmer

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FOTO: SCALA/DEEPBLUEME­DIA/INSIDEFOTO/IMAGO IMAGES Andreas Waschburge­r will unbedingt wieder ins Wasser springen, darf aber aktuell nicht.

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