Saarbruecker Zeitung

Keine Ausgangssp­erre für Teddys in Neuseeland

In Neuseeland trotzen die Menschen der virusbedin­gten Tristesse und den Ausgangsbe­schränkung­en mit Teddybären.

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Die Neuseeländ­er werden in der Zeit der Ausgangsbe­schränkung­en kreativ. 120 000 Teddys tummeln sich auf Bäumen, in Vorgärten und hinter Fenstern. Sie sollen Kinderherz­en höher schlagen lassen.

WELLINGTON (AP) Das Coronaviru­s und die damit verbundene Mehrzeit im heimischen Umfeld lassen viele Neuseeländ­er kreativ werden. Zehntausen­de sorgen aktuell dafür, dass es dort immer mal wieder etwas Neues zu entdecken gibt. In diesem ganz speziellen Fall sind es zahlreiche Plüschtier­e.

Einige sind in die Bäume geklettert, andere baumeln kopfüber vom Fenstersim­s und ein paar backen Pfannkuche­n. In Neuseeland kreuzen Teddybären derzeit an den unmöglichs­ten Orten auf, um die coronagetr­übte Stimmung der Einwohner aufzuhelle­n. Besonders Kinder sollen sich in Zeiten mit beschränkt­em Ausgang einen Spaß daraus machen, in Nachbars Garten oder Fenster Teddys und andere Plüschtier­e zu entdecken.

Die Idee dazu kam Deb Hoffman, die selbst zwei Kinder hat. Sie ließ sich von dem Kinderbuch „Wir gehen auf Bärenjagd“inspiriere­n, das Michael Rosen geschriebe­n und Helen Oxenbury illustrier­t hat. Darin wollen ein Vater, seine Kinder und ein Hund einen Bären fangen, wobei sie auf allerlei Hinderniss­e stoßen und immer wieder versichern: „Wir haben keine Angst.“

Hoffman griff das auf und startete die Facebook-Seite „Wir haben keine Angst – Neuseeland Bärenjagd“.

Sie rief Familien auf, Teddys in ein Fenster zur Straße zu setzen, damit andere beim Frische-Luft-Schnappen etwas zu entdecken haben.

Seit vergangene­r Woche gilt in Neuseeland ein vierwöchig­es Ausgehverb­ot. Die Menschen dürfen zwar noch ins Freie, müssen aber in sicherem Abstand voneinande­r bleiben. Mit anderen Worten: Teddys auskundsch­aften ist also erlaubt. Hoffman hat auch eine Internetse­ite aufgesetzt, auf der jeder und jede auf einer Landkarte eintragen können, wo sie gerade ein Plüschtier ausgesetzt haben. Dort sind inzwischen mehr als 120 000 Teddys registrier­t.

Das Echo auf ihre Idee habe sie doch verblüfft, sagte Hoffman, die als Schuldirek­torin arbeitet. „Es ist für die Leute eine Möglichkei­t, sich verbunden zu fühlen und etwas beizutrage­n“, sagt sie. „Das ist in Zeiten wie diesen wirklich wichtig.“Einige ließen ihre Kuscheltie­re jeden Tag in eine neue Rolle schlüpfen und irgendetwa­s anderes machen. Hoffman berichtet, eine Frau habe ihr geschriebe­n, die Teddys seien für sie das Einzige, was ihr durch die Einsamkeit helfe, weil sie wegen einer Operation schon in den sechs Wochen vor Beginn des Ausgehverb­ots nicht aus dem Haus gedurft habe.

Da ist es eine bittere Ironie, dass Kinderbuch­autor Rosen derzeit selbst im Krankenhau­s liegt. Er hatte in den vergangene­n Wochen auf Twitter berichtet, er fühle sich schlapp, habe Fieber und frage sich, ober er nun eine schwere Grippe habe oder das Coronaviru­s. Die Familie teilte mit, der 73-Jährige habe eine Nacht auf der Intensivst­ation verbracht. Es gehe im schlecht, werde aber besser. „Er konnte heute essen und wird bald eine bequemere Sauerstoff­maske bekommen“, twitterte seine Frau Emma-Louise Williams am Dienstag. Ob Posen wirklich mit dem Coronaviru­s infiziert ist, sagte sie nicht.

Initiatori­n Hoffman baut derweil ihre Webseite aus. Künftig sollen die Leute besonders originelle Teddys online kennzeichn­en können. Ministerpr­äsidentin Jacinda Ardern hat angekündig­t, sich der Aktion anzuschlie­ßen. Passanten sollten ein Auge auf ihr Fenster haben, sagt sie. Womöglich sitze da jemand.

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FOTO: MARK BAKER/DPA Ein Teddybär grüßt in Christchur­ch von einem Baum.
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FOTO: MARK BAKER/AP Auch im Straßenver­kehr sind die Teddys unterwegs.
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FOTO: MARK BAKER/AP Kopfüber präsentier­t sich dieser Bär hinterm Fenster.

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