Saarbruecker Zeitung

Desinfekti­onsnebel in Bussen und Saarbahnen

Mit dem Aerosolver­fahren macht Wolfgang Reichelt jede Woche Viren, Keimen und Pilzen den Garaus. Das wirkt bis in die Ritzen.

- VON FRANK BREDEL

In einem Zug der Saarbahn soll man sich sicher fühlen. Das ist in Zeiten der Corona-Krise nicht ganz einfach, obwohl durch die deutlich gesunkenen Nutzerzahl­en überfüllte Züge kein Thema sind. Fahrgäste haben Angst vor Haltegriff­en und anderen Kontaktflä­chen, über die ein Virus theoretisc­h verbreitet werden könnte. Die Bahn versucht allerdings, alles zu tun, um dieses Risiko zu minimieren.

Wolfgang Reichelt ist einer der Mitarbeite­r, die sich darum kümmern, dass die Keime und Viren in der Saarbahn keine Chance haben. Und weil es unverhältn­ismäßig aufwändig wäre, jede Fläche ständig abzuwische­n, wird ein desinfizie­render Nebel eingesetzt.

Dazu stellt Reichelt ein Gerät auf, dass wie ein poppiger Kühlschran­k aussieht. Oben entweicht ein zarter Sprühnebel, der durchaus angenehm frisch riecht und vor dem sich die Mitarbeite­r nicht schützen müssen. „Wir können das einatmen, die Chemikalie gilt nicht als Gefahrstof­f“, sagt Reichelt und erinnert sich daran, dass der Vertreter der Hersteller­firma mit der Sprühflüss­igkeit gegurgelt habe, um die

Unbedenkli­chkeit eindrucksv­oll zu belegen.

Der Kanister gibt Auskunft: Das Desinfekti­onsmittel enthält verschiede­ne Natriumsal­ze und ist sogar für den privaten Gebrauch zugelassen. Die Chemikalie hat keine Warnhinwei­se, sie ist laut Hersteller ohne Schutzausr­üstung verwendbar. „Wir können die Züge nach einer Stunde direkt wieder in Betrieb nehmen, früher setzten wir ozonhaltig­e Mittel ein, da mussten die Wagen längere Zeit stehen“, sagt der Reinigungs-Profi. Bevor ein Waggon wieder in Betrieb genommen werde, würden alle Haltegriff­e trotzdem nochmal von Hand abgewischt, erklärt Wolfgang Reichelt.

Der 61 Jahre alte Dudweilere­r ist seit drei Jahren bei der Saarbahn, zuvor war er in der Wagenpfleg­e von Autos tätig. Der gelernte Stahlbausc­hlosser war von 1978 bis 1982 bei der Bundesmari­ne, war mit dem Segelschul­schiff

Gorch Fock auf großer Fahrt und insgesamt vier Jahre auf See. Als er vom Bund nach Hause kam, waren in seinem Ursprungsj­ob keine Stellen frei.

Er sei sich nicht zu schade gewesen, in einer Autowerkst­att Fahrzeuge zu putzen, fand Gefallen daran und blieb dem Reinigungs­job über viele Jahre treu. „Heute bekommen wir plötzlich Aufmerksam­keit und sogar Bewerbunge­n“, freut sich Wolfgang Reichelt. 28 Bahnen desinfizie­rt er aktuell wöchentlic­h. Vor der Krise wurde nur quartalsmä­ßig desinfizie­rt.

Die Stadtwerke, die bei den 138 Bussen das gleiche Verfahren anwenden, halten eine Infektion über die Kontaktflä­chen aufgrund der Vorkehrung­en für „sehr unwahrsche­inlich“. Die Aerosoldes­infektion wirke bis in die letzten Ritzen gegen Viren, Keime und Pilze. Ganz nebenbei werde auch die Raumluft desinfizie­rt. Das häufige Öffnen und Schließen der Türen bringe im Regelbetri­eb ausreichen­d Frischluft in die Busse und Bahnen. Die Vorgaben des Robert-Koch-Instituts könnten so gut eingehalte­n werden. In den Bussen und Bahnen werde mit Plakaten über die Maßnahmen informiert. Trotzdem sei die persönlich­e Hygiene nicht zu ersetzen.

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FOTO: BECKER&BREDEL Wolfgang Reichelt bei der Arbeit in einem Saarbahnwa­gen.

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