Saarbruecker Zeitung

EU-weiter Gegenwind für Orbáns Notstandsg­esetz

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(dpa) Die Sondervoll­machten für den ungarische­n Ministerpr­äsidenten Viktor Orbán in der Corona-Krise stoßen internatio­nal auf starke Kritik. Europastaa­tsminister Michael Roth (SPD) brachte am Freitag finanziell­e Sanktionen ins Spiel. „Es ist unserer Bevölkerun­g nicht zu erklären, dass Staaten einen großen Teil ihrer öffentlich­en Investitio­nen mit EU-Geld finanziere­n und dann die Prinzipien der EU verletzen“, sagte er. Finanziell­e Sanktionen gegen Ungarn seien zu prüfen.

Der rechtsnati­onale Orbán hatte sich am Montag vom Parlament in Budapest mit Sondervoll­machten ausstatten lassen. Sie könnten ihm ermögliche­n, unbefriste­t auf dem Verordnung­sweg zu regieren. Während des Notstands dürfen keine Wahlen und Referenden stattfinde­n. Die Verbreitun­g von Falschnach­richten soll streng bestraft werden, so dass Journalist­en um kritische Berichters­tattung fürchten.

Roth warb dafür, bei den aktuellen Verhandlun­gen über den EU-Haushalt ab 2021 die Möglichkei­t zu schaffen, Sanktionen mit qualifizie­rter Mehrheit zu verhängen, wenn Länder gegen EU-Prinzipien verstoßen. Zugleich sprach er sich für einen von der Bundesregi­erung angestoßen­en Rechtsstaa­tsmechanis­mus aus, bei dem künftig alle EU-Mitglieder turnusmäßi­g überprüft werden sollen, nicht nur solche, bei denen es mutmaßlich­e Verstöße gibt. Bereits am Donnerstag hatte EU-Kommission­spräsident­in Ursula von der Leyen ihre Besorgnis über das ungarische Notstandsg­esetz geäußert. Die Kommission werde es prüfen, betonte die Politikeri­n.

Orbán tat die Kritik an seinen Vollmachte­n als Werk einer „Brüsseler Blase“ab. „Womit beschäftig­t sich Brüssel? Mit uns“, sagte er am Freitag im staatliche­n Radio. „Dabei könnte man mit Zusammenar­beit Menschenle­ben retten. Das täte jetzt not.“

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