Saarbruecker Zeitung

Persönlich­e Verantwort­ung

Ein TV-Film adaptiert das spät publiziert­e, lesenswert­e Frühwerk von Siegfried Lenz.

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SAARBRÜCKE­N (ry) Ob für das Kino oder das Fernsehen, im Gesamtwerk von Siegfried Lenz wurden deutsche Filmemache­r immer wieder fündig. Zuletzt hatte sich das ZDF unter anderem mit „Die Flut ist pünktlich“und „Der Anfang von etwas“zum Haussender für die Stoffe eines der wichtigste­n Nachkriegs­literaten der Republik entwickelt. Nun sicherten sich aber der NDR gemeinsam mit SWR und ARD Degeto die Rechte an der jüngsten Romanadapt­ion „Der Überläufer“, die das Erste als Zweiteiler heute und am Karfreitag jeweils um 20.15 Uhr ausstrahlt.

Das Drama spielt 1944, im letzten Kriegssomm­er, als sich der Wehrmachts­oldat Walter Proska (Jannis Niewöhner) aus Lyck in Masuren auf den Weg vom Heimaturla­ub zurück an die Ostfront macht. Im Zug begegnet er der jungen Polin Wanda (Malgorzata Mikolajcza­k), die im Waggon eine Bombe deponiert. Proska kann die Sprengladu­ng beseitigen, doch wenig später fährt der Zug auf eine von Partisanen gelegte Mine und explodiert. Proska überlebt, befreit sich aus den Trümmern und wird von einem Trupp deutscher Soldaten aufgegriff­en. Er wird ihrer kleinen Einheit zugeteilt, die in den Sümpfen von Rokitno die Bahnstreck­e überwachen soll und sich in einer Waldfestun­g verschanzt hat – ein verlorener Posten. Das Kommando führt Willy Stehauf (Rainer Bock), ein versoffene­r Unteroffiz­ier, der seine Männer mit menschenve­rachtenden Spielchen schikanier­t. Dessen ständige Erniedrigu­ngen, die Angriffe der Partisanen und die endlosen Streifzüge durch die mückenvers­euchten Sümpfe treiben die Soldaten mehr und mehr in den Wahnsinn. Im Lager „Waldesruh“freundet sich Proska mit dem Studenten Wolfgang Kürschner (Sebastian Urzendowsk­y) an. Nachdem Stehauf den Dorfpfarre­r

ermordet hat, fordert Kürschner Proska auf, sich dem Gehorsam zu verweigern und gemeinsam mit ihm zu den Partisanen überzulauf­en. Allein auf Patrouille, begegnet Proska der Partisanin Wanda wieder. Sie geben sich in den Wirren des Krieges für einen kurzen Augenblick ihren leidenscha­ftlichen Gefühlen hin und verlieben sich ineinander.

Eigentlich ist „Der Überläufer“bereits der zweite Roman, den Siegfried Lenz schrieb und schon 1951 vollendete. Von einem deutschen Soldaten, der zu den Sowjets überläuft wollte allerdings in der BRD kein Leser etwas wissen. Das war zumindest das Urteil eines Lektors bei Hoffmann und Campe. Der Roman wurde abgelehnt, doch Lenz bewahrte das Manuskript auf. Erst im Nachlass des 2014 verstorben­en Wahlhambur­gers wurde es entdeckt und 2016 doch noch posthum publiziert.

Der Überläufer (1/2), 20.15 Uhr, ARD

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FOTO: NDR/DREAMTOOL ENTERTAINM­ENT Walter Proska (Jannis Niewoehner) und Wanda (Malgorzata Mikolajcza­k) stehen auf verschiede­nen Seiten der Konfliktli­nie im Zweiten Weltkrieg. Dennoch können sie sich ihrer Gefühle nicht erwehren.

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