„Langsam geht das an die Nerven“
Lukas Gresser aus Saarbrücken ist wegen der Corona-Pandemie mit seinem Freund auf einem Campingplatz gestrandet. Sie wollen heim, doch das ist sehr schwierig. Auch die deutsche Botschaft sei keine Hilfe.
Lukas Gresser lebt seit Wochen im Auto. Nicht, dass er das besonders romantisch fände. Lukas Gresser ist mit seinem Kumpel während eines „ Work and Travel“-Aufenthalts auf einem Campingplatz in Auckland in Neuseeland gestrandet. Beide kommen nicht vom Fleck, weil die Regierung ähnlich wie in Deutschland eine Ausgangssperre verhängt hat und die Bewegungsfreiheit aller stark eingeschränkt hat. „Unser Auto ist quasi unser Haus“, erklärt Lukas Gresser. Er ist seit Anfang Dezember mit einem Kumpel in Neuseeland, geplant waren sechs Monate.
„Nachdem die Corona-Krise sich zugespitzt hat, haben wir uns gesagt, das macht keinen Sinn mehr weiterzureisen. Wir wollten heimfliegen, um allem zu entkommmen, was noch passieren könnte. Hat aber nicht geklappt. Wir leben in einem kleinen Auto und sind darauf angewiesen zu arbeiten“, berichtet Gresser. Er erklärt: „Wir sind jetzt in Auckland, wo unser Rückflug geplant war. Der Rückflug ist schon bezahlt, umbuchen sei kein Problem, hatte man uns gesagt. Aber es gab keine Rückmeldung von der Fluglinie.“Für 1000 Euro hätten beide dann einen Flug gebucht, den sie aber nicht antreten konnten, „weil wir den Transitbereich in Australien nicht betreten durften. Wir haben also jeder 1000 Euro in den Sand gesetzt. Dann kam der Lockdown und wir müssen auf dem Campingplatz bleiben, wo wir gerade sind. Immerhin haben wir Strom und eine Dusche, aber kein Geld mehr. Wir leben in den Tag hinein und hoffen, dass etwas passiert.“So berichtet es Lukas Gresser über den Nachrichtendienst Whatsapp.
Seine Mutter Christiane Solte-Gresser kann nicht glauben, was passiert. „Es gab ein Ticket über Dubai für 24 000 Dollar – in der Economy-Klasse. So viel zur Aufforderung des Auswärtigen Amts, man solle sich selbst um einen Rückflug bemühen. Man kann sich auf einer Rückholerliste des Auswärtigen Amts eintragen, wenn man von wo aus auch immer ausgeflogen werden muss. Da stehen aber 12 000 Leute drauf“, sagt Solte-Gresser. Zunächst ging ein Flieger, der 400 bis 500 Deutsche mitgenommen hat. Ihr Sohn war nicht dabei. „Es war schon ein Sport, sich überhaupt auf der Liste einzutragen, zudem ist sie mehrfach zusammengebrochen“, erklärt Solte-Gresser. Als der nächste Flieger dann starten sollte, wurde das Programm von der neuseeländischen Regierung gestoppt.
Solte-Gresser und ihr Sohn fühlten sich bei Nachfragen bei der deutschen Botschaft in Wellington, der Hauptstadt Neusselands, „abgewimmelt“. Auch von der Praktikanten-Organisation, die das „Work and Travel“-Programm (Arbeiten und Reisen) anbietet, sei keine Hilfe gekommen. „Die war geschlossen und bei Anfragen kamen nur automatisierte Mails zurück. Die Praktikanten dürfen nicht mehr arbeiten, also auch kein Geld verdienen, und sitzen fest, ohne sich bewegen zu können.“So beschreibt Solte-Gresser die Lage ihres Sohnes.
Eine Petition von Eltern soll Abhilfe schaffen. Simone Priester, deren Sohn auch festsitzt, hat dazu den Text verfasst: „Die Reisenden, die fast alle nach Neuseeland eingereist waren, längst bevor das Corona-Virus bekannt war, sollen zwar das Land verlassen, dürfen sich aber nicht mehr in der Öffentlichkeit bewegen. Sie haben oft kein Dach über dem Kopf, haben ihr letztes Geld in Flugtickets investiert – für Flüge, die dann gecancelt wurden. Der Flughafen ist abgeriegelt, sie dürfen nicht mehr arbeiten und haben derzeit keine Versicherung des Auswärtigen Amtes, dass sie tatsächlich zurückgeholt werden.“
Lukas Gresser ist enttäuscht: „Wir fragen uns, warum kann man nicht 12 000 Deutsche nach Hause holen. Langsam geht das wirklich an die Nerven, wenn man etwas gesagt bekommt, was nicht stimmt.“Bis jetzt wartet er auf einen Heimflug.