Saarbruecker Zeitung

Auch die Tour de France muss verschoben werden

Die Tour de France wird verschoben. Lange wehrten sich die Organisato­ren des prestigetr­ächtigsten Radrennens der Welt dagegen, bis Frankreich­s Staatspräs­ident Macron ein Machtwort sprach. Einen neuen Termin gibt es noch nicht.

- VON PATRICK REICHARDT, STEFAN TABELING UND CHRISTOPH SICARS

Jetzt hat es auch die Tour de France erwischt. Das prestigetr­ächtigste Rad-Etappenren­nen der Welt muss wegen der Coronaviru­s-Pandemie verschoben werden und kann nicht im Juli stattfinde­n. Einen neuen Termin gibt es noch nicht.

(dpa) Staatspräs­ident Emmanuel Macron hat das letzte Fünkchen Hoffnung von Christian Prudhomme auf einen Grand Départ am 27. Juni erlöschen lassen. An jenem Sommertag sollte nach Wunsch des Veranstalt­erchefs der Tour de France in der südostfran­zösischen Hafenstadt Nizza trotz anhaltende­r Coronaviru­s-Pandemie der Startschus­s zur 107. Frankreich-Rundfahrt fallen.

Diesem Vorhaben machte Frankreich­s Staatspräs­ident am Ostermonta­gabend in seiner dritten

„Wenn die Tour de France stattfinde­t, kann

man über alles andere großzügig hinwegscha­uen.“

Ralph Denk

Chef des deutschen Radteams

Bora-hansgrohe

TV-Ansprache an die Nation während der Corona-Krise endgültig einen Strich durch die Rechnung.

Am Dienstag teilten die Veranstalt­er mit, dass ein Start am 27. Juni nicht mehr möglich sei und man an einer Verschiebu­ng des Rennens arbeite. Macron hatte erklärt, dass „Veranstalt­ungen mit großem Publikum frühestens Mitte Juli abgehalten werden“könnten. Prudhommes Vorhaben, die Tour wie geplant vom 27. Juni bis zum großen Finale in Paris am 19. Juli trotz aller Widrigkeit­en stattfinde­n zu lassen, haben sich somit zerschlage­n.

Es wirkte eh schon wie ein Zeitspiel ohne reelle Siegchance, wie lange Prudhomme und große Teile der Radsport-Szene auf eine planmäßige Austragung der Tour pochten. Schon im März hatte Prudhomme aufhorchen lassen, als er selbstbewu­sst mitteilte: „Für die Tour de France kann ich nur sagen: Nur zwei Weltkriege haben die Tour de France stoppen können.“Prudhomme will sogar eine Tour mit Publikum sehen, was angesichts hunderttau­sender Zuschauer an den Straßen unmöglich scheint.

„Im Namen Tour de France ist das wichtigste Wort Frankreich“, hatte der 59 Jahre alte Prudhomme vor ein paar Tagen gesagt. „Die Gesundheit­ssituation

im Land ist das, was zählt.“Finde die Tour nicht statt, „bedeutet es, dass das Land in einer katastroph­alen Situation ist“. Frankreich ist von der Pandemie hart getroffen. Auch bei den Beteiligte­n im Peloton kommt langsam die Einsicht. Ein Tour mit Start am 27. Juni in Nizza? Nicht realisierb­ar. Eine Tour quer durchs Land mit vollen Straßen und riesigen Fanzonen? Auch eher nicht.

Nachdem bereits alle Frühjahrsk­lassiker sowie der Giro d‘Italia verschoben werden mussten, beginnt nun das Ringen um Termine im restlichen Jahr. „Wir haben die Tour, den Giro, die Spanien-Rundfahrt und fünf große Klassiker. Wenn man die irgendwie unterbring­t, ist das Radsport-Jahr noch gerettet“, sagte Bora-hansgrohe-Teamchef Ralph Denk. Das größte Ziel der Beteiligte­n ist, die Tour in diesem Jahr irgendwie zu retten, um die wichtige TV-Übertragun­g zu garantiere­n und das Sponsoreng­eld zu sichern.

In den Überlegung­en dürfte die Tour vor der Vuelta, dem Giro und den Klassikern Vorrang haben. Der

Grund dafür sind nicht nur Prestige und Historie, sondern vor allem das Geld. „Die Tour de France ist das wichtigste Event im Jahr, nicht nur für uns, auch für unsere Sponsoren. Wenn das stattfinde­t, kann man über alles andere großzügig hinwegscha­uen“, begründete Denk. Zahlreiche Verantwort­liche und auch Fahrer haben schon signalisie­rt, dass der Tour-Termin eine nachrangig­e Rolle spielt. Wann der Startschus­s zur ersten Etappe der Tour de France 2020 fällt, steht nun vorerst in den Sternen.

 ?? FOTO: DAVID SILPA/IMAGO IMAGES ?? Traditione­ll rast das Fahrerfeld der Tour de France am letzten Tag der Frankreich-Rundfahrt vor Hunderttau­senden Zuschauern über die Pariser Prachtstra­ße Champs-Élysées. Dieses Bild könnte in diesem Jahr aber ein Wunschtrau­m der Veranstalt­er bleiben.
FOTO: DAVID SILPA/IMAGO IMAGES Traditione­ll rast das Fahrerfeld der Tour de France am letzten Tag der Frankreich-Rundfahrt vor Hunderttau­senden Zuschauern über die Pariser Prachtstra­ße Champs-Élysées. Dieses Bild könnte in diesem Jahr aber ein Wunschtrau­m der Veranstalt­er bleiben.

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