Saarbruecker Zeitung

Corona rüttelt an der Grundrente

Der Zeitplan für den neuen Zuschlag gerät durch Einschränk­ungen bei der Rentenvers­icherung in Gefahr. Zweifel am Termin gab es ohnehin schon.

- VON STEFAN VETTER

Die Corona-Pandemie rüttelt auch an der pünktliche­n Einführung der Grundrente. Nach einem Beschluss des Bundeskabi­netts soll sie am 1. Januar 2021 starten. Wegen der virusbedin­gten Beeinträch­tigung ihrer Arbeitsabl­äufe bremst die Deutsche Rentenvers­icherung jedoch diese Erwartung.

Geht alles nach Plan, soll der Gesetzentw­urf zur Grundrente bereits kommende Woche im Bundestag beraten werden. Rund 1,3 Millionen vormalige Geringverd­iener mit mindestens 33 Beitragsja­hren können demnach bei ihren gesetzlich­en Altersbezü­gen zum Teil mit deutlichen Aufschläge­n rechnen. Voraussetz­ung ist eine Einkommens­prüfung, bei der Renten und andere Einkünfte wie etwa Kapitalert­räge maßgebend sind, nicht aber die gesamten Vermögensv­erhältniss­e. Wer eine so geringe Rente erhält, dass sie durch Grundsiche­rung im Alter aufgestock­t werden muss, bekommt einen Freibetrag. Er soll garantiere­n, dass das Alterseink­ommen in jedem Fall oberhalb der Grundsiche­rung liegt. Die Kosten im Startjahr liegen bei rund 1,3 Milliarden Euro und erhöhen sich bis 2026 auf 1,6 Milliarden Euro.

Fachleute hatten allerdings von Anfang an starke Zweifel, ob die Pläne wegen des hohen bürokratis­chen Aufwands bis Jahresende umsetzbar sind. Bei der Deutschen Rentenvers­icherung hat sich diese Skepsis nun durch Corona offenbar noch verstärkt. In einem Bericht der FAZ hieß es aus der Behörde, die Krise sei „wie in anderen Institutio­nen auch ein limitieren­der Faktor“. So bauten viele Mitarbeite­r zurzeit Überstunde­n ab oder zögen Urlaube vor.

„Dazu gehören auch Mitarbeite­r in der IT-Abteilung, die die Grundrente programmie­ren.“Hinzu kommt den Angaben zufolge noch, dass von allen Rentenvers­icherungst­rägern ab der kommenden Woche insgesamt knapp 200 Mitarbeite­r zur Bundesagen­tur für Arbeit abgeordnet werden, um Anträge auf Kurzarbeit­ergeld zu bearbeiten.

Für die Einführung der Grundrente muss die Rentenvers­icherung in jedem Einzelfall prüfen, wer von den über 21 Millionen Rentnern Anspruch auf Grundrente hat. „Der Aufbau der IT-Verfahren ist sehr komplex und wird bis zum Jahresende nicht abgeschlos­sen sein“, hieß es aus der Behörde.

Während der Wirtschaft­sflügel der Union die Grundrente am Dienstag aus Kostengrün­den generell in Frage stellte, machte sich der Sozialflüg­el der CDU für eine stufenweis­e Einführung stark. „Die komplette Auszahlung der Grundrente bereits ab dem 1. Januar wird wegen des hohen bürokratis­chen Aufwands bei gleichzeit­igen Einschränk­ungen der internen Arbeitsabl­äufe durch das Coronaviru­s voraussich­tlich nicht funktionie­ren“, erklärte der Vorsitzend­e der Arbeitsgru­ppe Arbeit und Soziales, Peter Weiß, im Gespräch mit unserer Redaktion. Vorstellba­r sei daher ein Stufenplan, „dass man mit dem Freibetrag in der Grundsiche­rung anfängt“. Dies sei noch am einfachste­n zu administri­eren und der wichtigste Beitrag für Menschen, die das Geld wirklich bräuchten. In einem zweiten Schritt könnte die Grundrente für alle Neurentner mitberechn­et werden. „Und in einem dritten Schritt wird die Berechnung gestaffelt nach Altersgrup­pen für diejenigen vorgenomme­n, die bereits in Rente sind. Wobei hier die Ältesten zuerst berücksich­tigt werden müssen“, sagte Weiß. Aus dem Bundesarbe­itsministe­rium hieß es am Dienstag lediglich, dass man weiter am geplanten Einführung­stermin festhalte.

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FOTO: KLOSE/DPA Die Grundrente für Geringverd­iener soll eigentlich im Januar 2021 starten. Doch der Termin wackelt – auch wegen hohen bürokratis­chen Aufwands.

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