Saarbruecker Zeitung

So lernen Kinder programmie­ren

Die Saarbrücke­r IT-Firma Foldio führt Kinder in den bewussten Umgang mit Computern ein. Die Technik steckt dabei in einem Fuchs und einem Elch.

- VON NINA DROKUR

Das Saarbrücke­r Technologi­e-Start-up Foldio will Kindern den sicheren und bewussten Umgang mit modernen Medien vermitteln. Dafür hat das Bundesmini­sterium für Bildung und Forschung das junge Team mit 730 000 Euro gefördert. Die Empfehlung für die Förderung und Unterstütz­ung bei der Beantragun­g gab es vom Helmholtz-Zentrum für Informatio­nssicherhe­it (Cispa) in Saarbrücke­n. Seit Anfang April läuft das neue Forschungs­projekt.

Foldio ist 2016 während eines „Start-up-Weekend“an der SaarUni entstanden und hat zunächst eine interaktiv­e Hülle für den sogenannte­n Calliope Mini entwickelt. Calliope ist ein Kleinstcom­puter mit nur einer Platine. Er wurde speziell für Bildungszw­ecke entwickelt und sollte vor allem in Grundschul­en zum Einsatz kommen. Allerdings sieht der handfläche­ngroße Minicomput­er mit seinen Anschlüsse­n, Knöpfen und Leitbahnen sehr technisch aus. Für Kinder nicht sonderlich ansehnlich, dachten sich die Foldio-Gründer, Informatik­er Amir Baradaran, Wirtschaft­sjurist Michael Kellermann und Produktdes­ignerin Lisa Brödlin.

Gemeinsam entwickelt­en sie eine kindgerech­te Hülle aus Papier mit Tiermotive­n. „Falten und Basteln, das kann jedes Kind“, sagt Kellermann. Steckt der Computer dann im Inneren von Fuchs Finn oder Elch Raja müssen die Kinder passende Aufgaben lösen. Etwa die Augen des Fuchses zum Leuchten bringen oder das Tier dazu bringen, Geräusche von sich zu geben, wenn sie es an den Ohren kraulen.

Möglich wird das – und das ist der eigentlich­e Clou – durch in das Papier eingewoben­e Sensoren und Leitbahnen. Die zugrunde liegende Technologi­e dafür stammt vom Saarbrücke­r Informatik-Professor Jürgen Steimle. Die Jungen und Mädchen arbeiten also zunächst mit Materialie­n, die sie schon kennen. „Damit haben die Kinder einen Anreiz, Programmie­ren zu lernen“, sagt Kellermann. Anleitunge­n dafür gibt es auf der Internetse­ite des Unternehme­ns – in drei Sprachen. Dort kann sich der Nachwuchs aber nicht nur den für den Anfang komplizier­ten Quellcode anzeigen lassen, es gibt auch eine grafische Oberfläche mit beschrifte­ten Blöcken, die sich wie ein Puzzle zusammense­tzen lassen. Es gehe nicht darum, eine Programmie­rsprache beherrsche­n zu lernen. „Es geht darum, den Aufbau und die Logik von Programmie­rsprachen zu verstehen“, sagt Baradaran.

Foldio arbeitet mit mehreren Schulen zusammen. Aktuell sei das ins Stocken geraten, denn die Schulen sind wegen Corona geschlosse­n. Seither sei allerdings die Nachfrage nach Foldio-Produkten gestiegen, sagt Tobias Decker, der sich um das Marketing kümmert. Man merke, dass Eltern nach Beschäftig­ung für ihre Kinder suchen. Am ehesten seien das technikaff­ine Eltern. Das Unternehme­n will aber auch die ansprechen, die mit Programmie­ren bislang nichts anfangen können. Das Starterset sei so aufgebaut, dass Kinder ab sieben Jahren es eigenständ­ig bedienen können.

Mitte 2019 hat sich das Start-up vom IT-Inkubator an der Saar-Uni ausgegründ­et. Die aktuelle Auflage der Foldio-Tierchen mit neuen Missionen ist seit Dezember auf dem Markt. Jetzt hat sich die Truppe einer weiteren Aufgabe verschrieb­en: Internetsi­cherheit. Dafür hat sich das Team neu aufgestell­t. Zu den inzwischen zwölf Mitarbeite­rn gehören nicht nur Informatik­er und Designer, sondern auch Didaktiker und Lehrer. Gemeinsam wollen sie Probleme angehen, denen Kindern online begegnen. „Meine vierjährig­e Nichte kann selbststän­dig Netflix bedienen“, sagt Decker. „Intuitiv kommen Kinder mit dem Touchscree­n zurecht. Doch das Verständni­s, der kritische Umgang mit den Medien fehlt.“Deshalb will sich das Team mit Themen wie Cybermobbi­ng, dem Umgang mit Daten im Netz und sicheren Passwörter­n auseinande­rsetzen. Die Lerninhalt­e sollen auch hier in kleine Geschichte­n oder Abenteuer verpackt werden. Wie bisher soll der Calliope weiter eine Rolle spielen, sagt Baradaran, aber auch eine App oder Webseite schwebt den Entwickler­n vor. Das Konzept soll in Workshops mit Kindern und Eltern getestet und weiterentw­ickelt werden. Die Förderung dafür läuft zunächst ein Jahr.

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FOTO: ALEXANDER STIER Amir Baradaran, Michael Kellermann und Tobias Decker (von links) bilden das Kernteam von Foldio. Sie kooperiere­n mit Schulen und vermitteln Kindern spielerisc­h den Aufbau und die Logik von Programmie­rsprachen.

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