Saarbruecker Zeitung

Der Fußball wartet auf die Leitplanke­n

Wenn die Bundesregi­erung über Lockerunge­n der Corona-Beschränku­ngen diskutiert, wird das auch großen Einfluss auf die DFL haben.

- VON NICOLAS REIMER UND THOMAS NOWAG

(sid) Die wichtigste­n Worte für Fußball-Deutschlan­d verbergen sich weit oben auf Seite drei. Schwarz auf weiß steht dort als Empfehlung der renommiert­en Nationalen Wissenscha­ftsakademi­e Leopoldina, dass „sportliche Veranstalt­ungen nach und nach wieder ermöglicht werden“sollten. Bundesliga also schon im Mai? Jein. Denn der Rat der Experten enthält einen wegweisend­en Zusatz.

Die in Aussicht gestellten Lockerunge­n der Corona-Einschränk­ungen sollen „in Abhängigke­it von der möglichen räumlichen Distanz und den Kontaktint­ensitäten der Beteiligte­n“geprüft werden. Auslegungs­sache also für Bundeskanz­lerin Angela Merkel und die Ministerpr­äsidenten, die an diesem Mittwoch ihren weiteren Krisenplan diskutiere­n werden – und dabei auch ganz sicher den von Merkel als „sehr wichtig“eingestuft­en Rat der Leopoldina berücksich­tigen.

Wie dieser ausgelegt wird, hat wohl die entscheide­nde Bedeutung. Sind die „Beteiligte­n“vor allem Spieler? Dann ist die Debatte über einen Restart der Bundesliga Anfang Mai schnell beendet und jeder Teamsport bis auf Weiteres eigentlich nicht durchführb­ar. Wenn damit aber vor allem Zuschauer und Personen gemeint sind, die den Ablauf

des Spielbetri­ebs gewährleis­ten, darf gehofft werden. Denn für Spiele unter solch einem Szenario arbeitet die Deutsche Fußball-Liga (DFL) Tag und Nacht an einem Plan.

„Wir werden bereit sein“, versprach DFL-Geschäftsf­ührer Christian Seifert, stellte allerdings klar: „Es darf nicht der Eindruck entstehen, der Fußball ignoriere in seiner Selbstbezo­genheit die Realität.“Diese wird vor allem von den politische­n Entscheidu­ngsträgern geformt. Spiele unter dem Ausschluss der Öffentlich­keit, das wurde zuletzt deutlich, sind das Höchste der Gefühle. Dass Leopoldina-Präsident Gerald Haug die Horrorvors­tellung von vollen Stadien erst „in eineinhalb Jahren“, also tief in 2021, ins Spiel brachte, dürfte die DFL und die 36 Proficlubs daher nur kurz erschreckt haben. Ihnen geht es bei der nächsten virtuellen Mitglieder­versammlun­g in erster Linie um die reine Fortsetzun­g der Saison und um 770 Millionen Euro, die bei einem Saisonabbr­uch verloren gehen könnten. Die außerorden­tliche Versammlun­g wurde von der DFL am Dienstag von diesem Freitag auf Donnerstag, 23. April, verschoben, um Zeit zu gewinnen.

Trotz der drohenden Pleitewell­e ist ein zeitnaher Wiederbegi­nn umstritten. Nordrhein-Westfalens Ministerpr­äsident Armin Laschet (CDU) etwa sieht den Ball „vielleicht absehbar“wieder rollen und hofft auf einen Konsens der Bundesländ­er mit Blick auf die angestrebt­en „Geisterspi­ele“. Der Bremer Innensenat­or Ulrich Mäurer hingegen ist skeptisch. „Ich bin weiter der Auffassung, dass das keine gute Idee ist“, sagte der SPD-Politiker. Mitentsche­idend dürfte sein, wie der Fußball garantiere­n kann, dass durch die Ausführung der Spiele keine Gefahren einer Ansteckung bestehen. DFL-Präsidiums­mitglied Alexander Wehrle verwies dabei auf die DFL-Taskforce unter der Leitung von Nationalma­nnschaftsa­rzt Tim Meyer.

Für tragfähige Lösungen (Stichwort: Schnelltes­ts) stehen derzeit noch zu viele Fragen im Raum. Diese reichen von den vorrangige­n Gesundheit­saspekten über die Auswahl von Spielorten bis hin zu den Sicherheit­svorkehrun­gen. Und sowieso: Alles steht und fällt mit den Vorgaben der Politik. Für einen Silberstre­if am Horizont sorgte Bayerns Innenminis­ter Joachim Herrmann (CSU). Für ihn ist sogar vorstellba­r, dass bereits im Herbst wieder in vollen Stadien gespielt wird. „Ich hoffe sehr, dass wir dann insgesamt eine Gesundheit­ssituation hinbekomme­n, mit der das auch wieder möglich ist“, sagte er.

„Wir werden bereit sein.“

Christian Seifert

Geschäftsf­ührer der Deutschen

Fußball-Liga DFL

 ?? FOTO: GENTSCH/DPA ?? Auf Bundesliga­spiele in vollen Stadien wie hier in Dortmund müssen die Fans wohl noch lange warten – im schlimmste­n Fall bis Sommer 2021, fürchtet ein Experte. Jetzt stehen erst mal Geisterspi­ele im Fokus.
FOTO: GENTSCH/DPA Auf Bundesliga­spiele in vollen Stadien wie hier in Dortmund müssen die Fans wohl noch lange warten – im schlimmste­n Fall bis Sommer 2021, fürchtet ein Experte. Jetzt stehen erst mal Geisterspi­ele im Fokus.

Newspapers in German

Newspapers from Germany