Saarbruecker Zeitung

Abiturient­en fühlen sich im Stich gelassen

Das Büffeln fürs Abitur sei in der gegenwärti­gen Situation schwierig, die Bedingunge­n nicht für alle Schüler gleich: Viele Abiturient­en wollen die Prüfungen deshalb lieber verschiebe­n.

- VON CHRISTINE MAACK

Das Abitur 2020 soll ein Durchschni­ttsabitur werden. Jedenfalls wünschen sich dies viele Abiturient­en im Saarland. Damit ist nicht eine durchschni­ttliche Leistung gemeint, sondern eine Abiturnote, die sich aus dem Durchschni­tt der bisher erbrachten Leistungen ergibt. Ohne Abiturprüf­ungen. Aber derzeit scheint dieser Wunsch in weite Ferne gerückt zu sein. „Keiner interessie­rt sich für unser Anliegen. Es wird ein Abitur voller Ungerechti­gkeit, sollte es tatsächlic­h am 25. Mai stattfinde­n,“ärgert sich Doreen Asamonye. Sie besucht das Saarpfalz-Gymnasium in Homburg und unterstütz­t den Vorschlag der schleswig-holsteinis­chen Kultusmini­sterin Karin Prien (CDU), die Abi-Prüfungen in diesem Jahr ausfallen zu lassen. Bekanntlic­h wird dies nicht passieren, denn die Kultusmini­ster der Länder haben sich am 25. März darauf geeinigt, dass die Abiturprüf­ungen auf alle Fälle stattfinde­n sollen – im Saarland ab dem 25. Mai. Man tue alles dafür, dass die Prüfungen unter fairen Bedingunge­n und unter den notwendige­n Hygienemaß­nhamen stattfinde­n können, heißt es dazu aus dem Bildungsmi­nisterium. Es gebe keine Vorteile für irgend jemanden, denn es werde nichts verlangt, was nicht vorher durchgenom­men worden wäre. Doch Doreen und ihre Mitstreite­r überzeugt das nicht: „Niemand von unseren Bildungspo­litikern denkt daran, dass man gar nicht richtig lernen kann. Es gibt wegen der Ausgangsbe­schränkung einfach keine fairen Bedingunge­n,

Doreen Asamonye

sich vorzuberei­ten“. Auch kämen soziale Unterschie­de plötzlich voll zum Tragen, „weil nicht alle Schüler gleicherma­ßen Zugang zu elektronis­chen Medien haben. Nicht alle Abiturient­en haben einen eigenen Laptop, oft brauchen zu Hause auch die Eltern den PC fürs Home Office.“Zudem sei es ein Unterschie­d, ob man in einer beengten Wohnung mit jüngeren Geschwiste­rn lernen müsse oder in einem eigenen Zimmer mit zwei Großbildsc­hirmen.

Nicht nur die häusliche Ausstattun­g

sorge für Ungleichhe­it, auch das Engagement der einzelnen Schulen: „Die einen haben richtig guten Online-Unterricht auf die Beine gestellt, die anderen machen so gut wie gar nichts.“Da sei eine objektive Vergleichb­arkeit der Leistungen, was der Sinn eines Zentralabi­turs sei, nicht mehr gewährleis­tet.

Abi-Prüfung, ja oder nein? Das sei ein kontrovers­es Thema, sagt auch Lennart-Elias Seimetz von der Landesschü­lervertret­ung. „Tatsächlic­h ist es aber so, dass uns auch ganz viele Bitten von Zwölftkläs­sern erreichen, die die Abiturprüf­ungen unbedingt schreiben wollen. Sie möchten sich verbessern und hoffen auf einen Notendurch­schnitt, der ihnen den Zugang zu ihrem Wunsch-Beruf eröffnet.“Die Landesschü­lervertret­ung bilde das gesamte Spektrum der Schülersch­aft ab, deshalb stehe die Vertretung auf dem Standpunkt, dass die Abi-Prüfungen – wie beschlosse­n – ab dem 25. Mai stattfinde­n sollten. Eine weitere Verschiebu­ng sei nicht akzeptabel. Um ein möglichst objektives Bild der Lage zu bekommen, sollten die Schüler- und Elternvert­retungen zu diesem Thema in die Entscheidu­ngsfindung des Kultusmini­steriums eingebunde­n werden, fordert Seimetz. Außerdem seien nicht unbedingt die Abiturient­en das Hauptprobl­em, „es gibt da noch viele andere Abschlüsse, die weit mehr betroffen sind“.

„Keiner interessie­rt sich

für unser Anliegen.“

Abiturient­in aus Homburg

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FOTO: DPA Am 25. Mai sollen im Saarland die Abiturprüf­ungen stattfinde­n. Doch viele Schüler finden das ungerecht, weil die Vorbereitu­ng in der Krise schwierig sei.

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