Saarbruecker Zeitung

„Fridays for Future“steht in den Startlöche­rn

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Mehrere Millionen Schüler gingen weltweit auf die Straße. Allein in Berlin zählten die Veranstalt­er einige hunderttau­send Teilnehmer. So war das im Herbst des letzten Jahres, als „Fridays for Future“für den Klimaschut­z demonstrie­rte. Nur wenige Monate später wirken diese Bilder wie aus der Zeit gefallen. Corona hat auch die Proteste der jungen Generation fest im Griff. Ihr jüngster globaler Aktionstag musste deshalb weitgehend in den virtuellen Raum verlegt werden. Da nimmt es der Rebellion auch die Provokatio­n, wenn Schulschwä­nzen wegen virusbedin­gt geschlosse­ner Schulen gar kein Schulschwä­nzen mehr ist. Trotzdem dürfte sich irren, wer glaubt, der Bewegung läute gerade das Totenglöck­chen. Nur weil das Virus omnipräsen­t ist, ist der Klimawande­l ja nicht verschwund­en.

Die Landwirte jedenfalls kämpfen derzeit nicht nur mit den wirtschaft­lichen Folgen der Corona-Krise, sondern auch mit der massiven Trockenhei­t. Schon droht der dritte Dürresomme­r in Folge. Man kann darüber streiten, ob es sich nur um eine Laune der Natur handelt, oder um einen weiteren Beleg für die Erderwärmu­ng. Unstrittig ist jedoch, dass die Zahl der Extremwett­erlagen in den letzten Jahrzehnte­n weltweit deutlich zugenommen hat. Insofern weisen die Corona- und die Klima-Krise durchaus Parallelen auf. In beiden Fällen sind die Auswirkung­en für jedermann spürbar. In beiden Fällen gilt es, eine bedrohlich­e Entwicklun­g einzudämme­n.

Der Klimawande­l vollzieht sich allerdings deutlich langsamer, schleichen­d sozusagen. Er zwingt auch nicht gleich auf die Intensivst­ation. Das mindert den politische­n Handlungsd­ruck. Deshalb verwundert es nicht, wenn die Bundesregi­erung den Virologen

deutlich mehr Gehör schenkt als den Klimaforsc­hern mit all ihren bisherigen Warnungen. Und die Luft weist gegenwärti­g ja auch weniger Schadstoff­e auf, da Unternehme­n zwangsweis­e ruhen, kaum Staus entstehen und Flugzeuge am Boden bleiben. Diese positive Erfahrung, die derzeit vor allem Großstädte­r und Menschen in Ballungsze­ntren machen, könnte für den Klimaschut­z noch viel wert sein. Denn natürlich wird es auch ein Leben nach Corona geben, und viele werden sich dann wehmütig der besseren Luftqualit­ät erinnern.

Absehbar ist, dass die Wirtschaft groß angelegte Konjunktur­programme braucht, um wieder auf die Beine zu kommen. Aus der Finanzkris­e vor gut zehn Jahren ist vielen noch die Abwrackprä­mie in Erinnerung geblieben. Das war politisch ein Motor für die Autoindust­rie. Dies ließe sich unter neuen Klimavorze­ichen wiederhole­n. Nicht mehr Diesel und Benziner gehören gefördert, sondern deutlich stärker als bisher alternativ­e Antriebe, sprich, vor allem Elektrofah­rzeuge. In der Konsequenz müssten dann aber auch die erneuerbar­en Energien massiv ausgebaut, das steuerlich­e Diesel-Privileg beseitigt und alle Vorteile bei der Anschaffun­g spritschlu­ckender Dienstwage­n abgeschaff­t werden. Die „Fridays for Future“-Bewegung hat jedenfalls genug Gründe, wieder auf die Straße zu gehen. Auch für sie gibt es ein Leben nach Corona.

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