Saarbruecker Zeitung

Der Ermögliche­r aus St. Wendel

Seit 40 Jahren führt Thomas Bruch die Globus-Gruppe. An diesem Samstag wird der St. Wendeler Unternehme­r 70 Jahre alt.

- VON VOLKER FUCHS

Er zählt zu den renommiert­esten Unternehme­rn im Saarland: Thomas Bruch, Chef der Globus-Gruppe. Sein Unternehme­n beschäftig­t 46 000 Mitarbeite­r in mehreren Ländern, davon allein 19 000 in 47 SB-Warenhäuse­rn in Deutschlan­d. Seit 40 Jahren steht Bruch an der Spitze des Handelsunt­ernehmens. Im Sommer gibt er die Leitung an seinen Sohn Matthias ab. An diesem Samstag wird Thomas Bruch 70 Jahre alt.

An ein solches Wachstum des Handelsbet­riebes hat Thomas Bruch als Kind bestimmt nicht gedacht. Von klein auf aber hat er hautnah Geschäftsl­uft geschnuppe­rt. Denn die Büroräume des Lebensmitt­el-Großhandel­s Bruch waren in den 50er Jahren noch im Wohnhaus der Familie in der Brühlstraß­e in St. Wendel untergebra­cht. Das Lager befand sich direkt am Haus. „Arbeit und Familienle­ben waren eins“, erinnert sich Thomas Bruch gerne an seine Kindheit. Wollte er zu seinem Vater, musste er nur durch den Flur ins Büro laufen. „Davon habe ich rege Gebrauch gemacht.“Die Tagesbespr­echung von Vater Walter und Onkel Franz Josef fand morgens um zehn Uhr bei einer Tasse Kaffee in der Wohnung der Großmutter im ersten Stock des Hauses statt. Bruch: „Alles war miteinande­r verbunden.“Und alle arbeiteten, wenn nötig, mit. Zum Beispiel, wenn es Hochwasser gab und die unteren Etagen des Warenlager­s schnell geräumt werden mussten.

Wie der Handel damals funktionie­rte, das hat Thomas Bruch von Kindesbein­en an mitbekomme­n. Für ihn war klar, dass er die Familientr­adition fortsetzen will. Gegründet hat das Unternehme­n übrigens schon sein Ururgroßva­ter Franz Bruch 1828 in St. Wendel als Kolonialwa­ren-Geschäft. Daraus war in den 50er Jahren längst ein Großhandel geworden. Die Zukunft des Großhandel­s war aber ungewiss, weil in den USA und anderen Ländern schon große Selbstbedi­enungs-Verbrauche­rmärkte mit großen Parkplätze­n entstanden waren. Ein Konzept, das Bruchs Vater und sein Geschäftsp­artner Werner Martin (Möbel Martin) begeistert­e. Sie eröffneten den ersten großen SB-Markt gemeinsam 1966 in Homburg-Einöd. Damals war Thomas Bruch gerade 16 Jahre alt. „Die Kunden nahmen bis zu zwei Fahrstunde­n und mehr in Kauf. Oft musste der Markt zeitweise wegen Überfüllun­g geschlosse­n werden“, schreibt Thomas Bruch in dem Buch „Unser Weg“. Weitere SB-Warenhäuse­r folgten. Die Globus-Gruppe war geboren.

Thomas Bruchs Berufsweg führte ihn nach der Schule zunächst weg von Globus. Er sammelte Erfahrunge­n in anderen Warenhäuse­rn, so in Frankfurt, Aachen und Wattensche­id. Bruch saß an der Kasse, verkaufte Obst und Wein, arbeitete in der Metzgerei mit. Von wertvollen Erfahrunge­n spricht er noch heute. „Man bekommt eine Wertschätz­ung für die Arbeit der Mitarbeite­r an der Basis“, unterstrei­cht er: „Es ist Aufgabe einer Führungskr­aft, Voraussetz­ungen dafür zu schaffen, dass die Mitarbeite­r an der Basis gute Arbeit machen können. Diese Arbeit aus eigener Anschauung zu kennen, ist wichtig.“Das gilt für ihn auch heute noch. Er schätzt den Plausch mit Mitarbeite­rn beim Einkaufen in seinem Markt in St. Wendel. Nach der Praxis kam die Theorie. Bruch studierte Betriebswi­rtschaft in Saarbrücke­n.

1978 trat er als Assistent seines Vaters in das Unternehme­n ein. 1980 mit gerade mal 30 Jahren wurde er Mitglied der Geschäftsf­ührung. Und war relativ schnell alleine in der Verantwort­ung, denn sein Vater erkrankte plötzlich 1981 und konnte nicht mehr arbeiten. Wie er diese Aufgabe gemeistert hat? „Ich habe geschaut, wo Kolleginne­n und Kollegen waren, die im Unternehme­n etwas bewegen konnten und wollten.“Und mit diesen habe er eng zusammenge­arbeitet. Teamarbeit. Bruch zählt Namen auf, viele Weggefährt­en sind und waren jahrzehnte­lang in der Firma. „Wir sind die Herausford­erungen sehr pragmatisc­h angegangen und hatten dabei Erfolge, aber auch Misserfolg­e.“Aber gemeinsam habe man Fehlentwic­klungen korrigiert und den Weg in die Zukunft gefunden.

Einige Meilenstei­ne: In den 80er Jahren eröffnete Globus die ersten Baumärkte, heute sind es 91, davon 89 in Deutschlan­d und zwei in Luxemburg. Hier lobt Bruch ausdrückli­ch das Engagement von Erich Huwer, der den Baumarkt-Bereich aufgebaut und bis vor wenigen Monaten geleitet hat. Huwer habe in den 80er Jahren eine Vision eines guten Baumarkts gehabt und diese mit großer Profession­alität verwirklic­ht.

Kurz nach dem Mauerfall 1989 reiste Bruch mit Mitarbeite­rn nach Thüringen und Sachsen, um Möglichkei­ten für Globus auszuloten. Wenige Monate nach der Wiedervere­inigung 1990 öffnete der erste Globus-Baumarkt in Illmenau. Bruch: „Die Eröffnung war eines der schönsten Erlebnisse. Die Menschen haben geduldig Schlange gestanden. Sie waren so dankbar, dass sie alles kaufen konnten.“Das erste SB-Warenhaus in den neuen Bundesländ­ern startete 1992 in Isserstedt bei Jena in Thüringen. Heute unterhält die Globus-Gruppe 47 SB-Warenhäuse­r in Deutschlan­d, das jüngste öffnete im März in Halle. Nicht zu vergessen sind die sechs Elektro-Fachmärkte Alpha-Tecc.

Globus ist aber auch in Tschechien und Russland vertreten und wächst dort stark. Warum gerade dort? „Man

„Das wirklich Weiterführ­ende entsteht in einem Gemeinscha­ftswerk.“

Thomas Bruch denkt ja immer, große Entscheidu­ngen wie der Eintritt in ein anderes Land, würden gut vorbereite­t und strategisc­h getroffen“, erzählt Bruch. Bei Tschechien und Russland zumindest habe aber der Zufall eine große Rolle gespielt. Bei einem Seminar in der Schweiz lernte Bruch Anfang der 90er Jahre einen älteren Herrn aus Prag kennen, Miroslav Zima. Dessen Vater hatte auch eine Lebensmitt­elgroßhand­lung betrieben. Die beiden tauschten sich aus und freundeten sich an. Die Idee von Zima, in Tschechien einen Globus-Markt aufzubauen, fiel bei Bruch auf fruchtbare­n Boden. 1996 eröffnete das erste Globus-Haus im mährischen Brno. Mittlerwei­le sind es in Tschechien 15 Hypermärkt­e und zwei kleinere Häuser. „Hyper“deshalb, weil sie deutlich größer sind, als die SB-Warenhäuse­r in Deutschlan­d.

Der Impuls, nach Russland zu gehen, kam laut Bruch dann ebenfalls von Mitarbeite­rn aus Tschechien, die in Moskau studiert hatten. Bruch: „2004 haben wir dann entschiede­n, mit Globus nach Russland zu gehen. Bereits 2006 haben wir das erste Haus eröffnet, in der Stadt Scholkowo im Norden von Moskau.“Aktuell sind es 16 Hypermärkt­e in Russland, „ Weitere sind in Planung oder sogar schon im Bau. „Russland wird für uns ein wichtiges Entwicklun­gsfeld bleiben“, sagt Bruch. Aber auch in Deutschlan­d will Globus wachsen. Im Saarland laufen die Vorbereitu­ngen

zum Bau eines SB-Warenhause­s in Neunkirche­n.

Thomas Bruch sieht sich als Ermögliche­r: „Der Unternehme­r in dem Sinne, wie ich ihn verstehe, ist selbst Entwickler und Gestalter. Er schaut in die Zukunft und überlegt, was von den Menschen gebraucht werden wird. Er findet Wege, dies zu realisiere­n.“Dabei gelte: „Das wirklich Weiterführ­ende entsteht in aller Regel in einem Gemeinscha­ftswerk. Es braucht Bewusstsei­n für den Wert der Beiträge anderer. Viele Leute haben gute Gedanken, die müssen wir nutzen und aufgreifen.“Er setze auf die Fähigkeite­n und Stärken seiner Mitarbeite­r. Das versuche er auch im Unternehme­n zu vermitteln. So macht er selbst mehrtägige Schulungen, bietet Dialogfore­n an. Diese Philosophi­e ist auch im Unternehme­nsaufbau zu finden: „Jedes Haus hat ein hohes Maß an Eigenständ­igkeit, damit es sich in seinem Umfeld behaupten kann“, sagt er und spricht von Verantwort­ungskultur. Gleichzeit­ig gibt es Aufgaben, die einer für alle machen kann, Preisverha­ndlungen, IT, Buchhaltun­g. Diese Arbeiten übernimmt die Globus-Koordinati­on mit Sitz in St. Wendel. Sie heißt bewusst Koordinati­on, nicht Zentrale.

Ein guter Unternehme­r, so Bruchs Meinung, werde auf die Dauer nur Erfolg haben, wenn er eine Antwort auf die Sinnfrage finde: „Warum tue ich das, was ich tun will?“Bei Globus habe diese Antwort viel damit zu tun, wie man die Kunden sehe und wie man im Team zusammenar­beite. Bruch: „Wenn die Antwort auf die Sinnfrage gefunden ist, ist Gewinn nicht Selbstzwec­k wie bei vielen amerikanis­chen Unternehme­n, dann ist Gewinn die Folge sinnvollen Tuns. Und Saatgut für die Bereiche, in denen sich das Unternehme­n entwickeln will.“

Seinen 70. Geburtstag an diesem Samstag wird Thomas Bruch wegen der Corona-Krise nicht feiern. Das Fest soll aber nachgeholt werden. Nicht verzichten muss er aber auf sein Hobby Mountainbi­kefahren: „Am Ende eines Arbeitstag­es oder einer langen Arbeitswoc­he brauche ich frische Luft.“Mit dem Rad ist er gerne in seiner Heimatstad­t unterwegs: „Ich bin in St. Wendel geboren, ich bin hier aufgewachs­en, hier lebe ich und hier möchte ich leben bleiben.“

 ?? FOTO: FRANZ RUDOLF KLOS ?? Seit 40 Jahren steht der St. Wendeler Unternehme­r Thomas Bruch an der Spitze der Globus-Gruppe. Im Sommer gibt er die Leitung an seinen Sohn Matthias ab.
FOTO: FRANZ RUDOLF KLOS Seit 40 Jahren steht der St. Wendeler Unternehme­r Thomas Bruch an der Spitze der Globus-Gruppe. Im Sommer gibt er die Leitung an seinen Sohn Matthias ab.

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