Saarbruecker Zeitung

Schutzmask­en aus dem Saarbrücke­r Knast

Häftlinge nähen für den Justizbeda­rf. Das neue Markenzeic­hen der Gefängnisw­erkstatt: „Krumme Tour – Lerchesflu­r“.

- VON MICHAEL JUNGMANN

Die saarländis­che Justiz bereitet in der Corona-Krise schrittwei­se die Rückkehr in den Normalbetr­ieb vor. Mit Blick auf den 4. Mai, zu dem weitere Lockerunge­n der Kontaktbes­chränkunge­n erwartet werden, wird eine neue Phase im Umgang mit der Pandemie geplant. Zu diesem Termin sollen „mit Augenmaß“, so Justizstaa­tssekretär Roland Theis (CDU), gegebenenf­alls wieder mehr Verhandlun­gen von Gerichten und stärkerer Publikumsv­erkehr möglich werden. Voraussetz­ungen dafür sind verschärft­e Schutz- und Sicherheit­svorkehrun­gen. Die Vorgaben des Robert-Koch-Institutes müssten ohne Wenn und Aber eingehalte­n werden. Das bedeutet konkret: Um die Mindestabs­tandsregel­n zu ermögliche­n, wurden viele Sitzungssä­le umgebaut.

Zudem schützen Pelxiglass­cheiben vor möglichen Tröpfcheni­nfektionen. Ob künftig während der Verhandlun­gen Besucher und Prozessbet­eiligte dennoch Masken tragen dürfen oder müssen, liegt, so das Justizmini­sterium, im Ermessen des jeweiligen Gerichts. Beim Gang durch die Flure der Justiz besteht künftig Maskenpfli­cht – zumindest für Besucher.

Haus- und Hofliefera­nt der Saar-Justiz für Stoffmaske­n und Spuckschut­zwände ist der Justizvoll­zug. Auch das Personal des Landgerich­ts packt mit an. „Das ist nicht nur gut und günstig, sondern auch schnell zu realisiere­n“, sagt Theis. Hinter den Gittern des Saarbrücke­r Hochsicher­heitsgefän­gnisses „Lerchesflu­r“und der Saarländis­chen Klinik für Forensisch­e Psychiatri­e (SKFP) sorgt die Corona-Krise für Beschäftig­ung. Etwa 40 Patienten der SKFP und 20 Mitarbeite­r haben bislang rund 600 Behelfsmas­ken für den Eigenbedar­f der Einrichtun­g genäht.

In der Schneidere­i auf der Saarbrücke­r „Lerchesflu­r“nähen acht Gefangene täglich zwischen 150 und 200 Masken aus Baumwolle. Aufgenäht darauf ist als besonderes Markenzeic­hen der Slogan der Justizvoll­zugsanstal­t: „Krumme Tour – Lerchesflu­r“.

„Dass wir über die Anstalten die Justiz selbst mit Schutzmate­rialien versorgen können, ist

einfach klasse.“

Roland Theis (CDU)

Justizstaa­tssekretär

2200 dieser Exemplare existieren bereits. 1626 wurden an Häftlinge ausgegeben. 600 wurden an JVA-Mitarbeite­r ausgegeben. Die Herstellun­gskosten pro Maske liegen bei etwa 1,50 Euro. Auch wurden in der Druckerei des Gefängniss­es gerade 600 000 Flyer gedruckt, welche nun zusammen mit den Schutzmask­en an die saarländis­chen Haushalten verteilt werden sollen.

Schreinere­i und Schlossere­i der

JVA erledigen aktuell einen weiteren Großauftra­g der Justiz: 300 Spuckschut­zwände aus Plexiglas sind bislang geordert. Je nach Größe werden diese intern mit 109 bis 208 Euro weiter berechnet.

Staatssekr­etär Theis verteilt derweil Kompliment­e an die Beschäftig­ten im Vollzug: „Unter den Bedingunge­n einer Pandemie eine Vollzugsan­stalt auf Kurs zu halten, ist eine herausrage­nde Leistung unserer Mannschaft.“Und er ergänzt: „Dass wir über die Anstalten die Justiz selbst mit Schutzmate­rialien versorgen können, ist einfach klasse.“Seinen Hut zieht der Staatssekr­etär zudem vor Häftlingen. 25 Gefangene, die in der Küche arbeiten, spenden je einen Tageslohn von durchschni­ttlich 13 Euro für den Verein „Blieskaste­rler Freunde und Helfer – Schutzenge­l für Kinder“. Sie folgen dem Beispiel von Inhaftiert­en aus Ottweiler, die „Ärzte ohne Grenzen“unterstütz­en.

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FOTO: JUSTIZVOLL­ZUGSANSTAL­T SAARBRÜCKE­N Eine Stoffmaske aus der Näherei im Gefängnis „Lerchesflu­r“Saarbrücke­n.

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