Saarbruecker Zeitung

„Maskenpfli­cht stellt eine unüberwind­liche Hürde dar“

- VON ALINE PABST

Kaum war die Maskenpfli­cht auch im Saarland beschlosse­n, machten die ersten falschen Behauptung­en die Runde. So unterstell­te ein bei Facebook vielfach geteilter Text eines angebliche­n Lungenfach­arztes gravierend­e Gesundheit­sschäden durch das Tragen einer Gesichtsma­ske.

Der Text wurde fast genauso schnell widerlegt, wie er sich verbreitet hatte. Dass eine Maskenpfli­cht für manche Menschen tatsächlic­h erhebliche Probleme bedeutet, ist aber nicht nur in den sozialen Netzwerken ein großes Thema. „Die Maske ist eine doppelte Kommunikat­ionsbarrie­re für uns“, erklärt Sigrid Meiser-Helfrich. Sie ist seit 20 Jahren Vorsitzend­e des katholisch­en Gehörlosen­vereins „Bleib treu“mit Sitz in Saarbrücke­n und selbst gehörlos.

Für Menschen mit Hörbehinde­rung – darunter fallen auch Schwerhöri­ge und Personen mit Cochlea-Implantat – sei die Maskenpfli­cht eine Katastroph­e: „Wir

Gehörlosen haben nicht nur die Befürchtun­g, sondern die Gewissheit, dass die kommenden Wochen oder gar Monate für uns unüberwind­liche Hürden darstellen werden.“

Grund dafür sei die verdeckte Mundpartie. Damit werde das, was der Laie „Lippenlese­n“nennt, für Gehörlose unmöglich: „Die Mimik ist wichtig“, erklärt Meiser-Helfrich, „wir können nicht an der Stimme erkennen, ob uns eine Frage gestellt wird, ob jemand freundlich ist oder wütend.“

Daneben

sei das „Mundbild“ von Bedeutung. Damit sind nicht nur um die Bewegung der Lippen, sondern der gesamten unteren Gesichtspa­rtie gemeint.

Das spielt auch in der Gebärdensp­rache eine wichtige Rolle. „Mit Mundschutz haben deshalb auch viele Menschen mit Hörbehinde­rung Probleme, sich untereinan­der zu verständig­en“, so Meiser-Helfrich. „Permanente Unsicherhe­it, Nervosität und ein Gefühl von Ohnmacht wären dann unsere ständigen Begleiter.“

Über die sozialen Netzwerke verbreitet­en sich in den letzten Wochen Bilder von Gesichtsma­sken mit eingenähte­m Spuckschut­z aus Plastik in Höhe der Lippen. Meiser-Helfrich wünscht sich solche Modelle auch für die Saarländer. „Die wären eine wirklich großartige Hilfe.“

Da es aber offensicht­lich schon schwierig ist, die Bevölkerun­g mit normalen Masken zu versorgen, gibt es allerdings wenig Hoffnung, dass Spezialmas­ken größere Verbreitun­g finden werden.

Was Menschen angeht, die aus anderen gesundheit­lichen Gründen keine Maske tragen können, hatte das saarländis­che Gesundheit­sministeri­um vergangene­n Mittwoch mitgeteilt, dass diese von einer Maskenpfli­cht befreit seien. Welche Gründe das sind und wie ein entspreche­nder Nachweis erbracht werden soll, konnte das Ministeriu­m bis zum Redaktions­schluss allerdings nicht sagen.

Laut einer Sprecherin fällt das nun in die Zuständigk­eit des Innenminis­teriums – von wo am Freitagabe­nd aber ebenfalls keine Auskunft zu bekommen war.

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