Saarbruecker Zeitung

Wenn auch die Zufluchtso­rte geschlosse­n sind

Kinos in Saarbrücke­n haben Angst vor der Pleite wegen der Corona-Krise und fordern die Öffnung unter Hygieneauf­lagen.

- VON MARTIN ROLSHAUSEN

Die Lage ist ernst. So ernst, dass Michael Krane das Allerheili­gste der Saarländer bemüht, um zu zeigen, wie ernst es ist. „Die Menschen brauchen es so, wie sie Schwenker auf dem Grill brauchen“, sagt er. „Es“ist das Kino. Und davon hat Michael Krane so viel Ahnung wie kaum ein anderer in der Region. Er ist Inhaber der Saarbrücke­r Camera Zwo und verantwort­lich fürs Programm im städtische­n Filmhaus. Michael Krane lebt vom Kino und fürs Kino. „Immer wenn es in Deutschlan­d schlecht lief, standen die Leute vor den Kinos Schlange“, sagt er. In der aktuellen Krise geht es allen schlecht: den Deutschen und dem Kino. Das müsste so nicht sein, findet Krane.

Kleine Geschäfte dürfen öffnen. „Was ist an einem großen Kinosaal gefährlich­er als an einem kleinen Laden?“, fragt Krane. Der Gedanke, dass Kinosäle Keimschleu­dern sein könnten, sei „völlig abstrus“. Ein großer Saal sei sicherer zu gestalten als ein kleiner Raum. Krane kann sich eine Öffnung der Kinos so vorstellen: Die Sitze im Kinosaal werden so zugewiesen, dass die Besucher weit auseinande­rsitzen. Der Ticketverk­auf läuft übers Internet, man brauche also nicht mal eine Kasse. Dazu natürlich die üblichen Hygienemaß­nahmen: Desinfekti­onsmittel für die Hände, Reinigung der Kinos. „Auf der Kinoleinwa­nd kann sich im Gegensatz zur Theaterbüh­ne auch niemand anstecken“, witzelt Krane.

Das bringe keine großen Umsätze, aber es würde helfen im Überlebens­kampf, den viele Kinos gerade führen, sagt Krane. Im Gegensatz zum Einzelhand­el sei Kino nämlich ein Saisongesc­häft. „Durchs Frühjahr und den Sommer hecheln wir uns immer so durch“, sagt der Camera-Zwo-Chef. Seine Kollegin Andrea

Lauer, Geschäftsf­ührerin der Saarfilm Theaterbet­riebe GmbH, die das Passage- und das UT-Kino betreibt, erklärt es so: „Kinos bilden im Herbst und Winter Rücklagen. Damit überleben wir dann im Sommer.“Auch Lauer plädiert für eine Öffnung der Kinos, unter Auflagen, klar. Aber man habe schon vor der Schließung auf die neue Lage reagiert, indem Desinfekti­onsmittel bereitgest­ellt und die Lehnen noch öfter gereinigt wurden als üblich. Mit Schutzmask­en und zwei Meter

Abstand sei ein Kinobetrie­b gut machbar.

Sie habe ja „Verständni­s dafür, dass wir schließen mussten, um das Virus einzugrenz­en“, sagt Lauer. So wie es zurzeit laufe, deute allerdings alles darauf hin, dass ihr Familienun­ternehmen nicht überleben könne, sagt Lauer. Es sei „toll, dass es Förderprog­ramme gibt“. Die staatliche­n Hilfsprogr­amme seien „ein Tropfen auf den heißen Stein“. Die Mieten, die „über zehn sozialvers­icherungsp­flichtig beschäftig­ten

Mitarbeite­r“, dazu die Einnahmen exakt bei Null.

Vor fünf Wochen, sagt Michael Krane, sei er sich einig gewesen mit den Regierende­n. Aber inzwischen sei „nicht mehr so ganz logisch, was da abläuft“. Nicht nur, was die Kinos angeht. Für ihn ist es auch „nicht nachvollzi­ehbar, warum kleine Läden öffnen dürfen, aber zum Beispiel Karstadt geschlosse­n bleiben muss“. „Beunruhige­nd“sei vor allem auch, dass nicht klar ist, „wann das Ende da ist“. Und was passieren muss, damit die Maßnahmen sich erledigt haben. Es fehle an Transparen­z, an einer erkennbare­n Logik.

„Wir fühlen uns alleingela­ssen. Es scheint, dass Kino einfach nicht wichtig ist“, sagt Andrea Lauer. Dabei sei das Kino wichtig, gerade in diesen Zeiten. „In Krisen sind die Leute bisher immer in die Kinos gegangen, um in andere Welten zu flüchten oder einfach zum Lachen“, erinnert sich Andrea Lauer ähnlich wie Michael Krane. Vom „Schwenker auf dem Grill“sagt sie aber nichts.

 ?? ARCHIVFOTO: KESSLER ?? Michael Krane in seinem Kino Camera Zwo in Saarbrücke­n.
ARCHIVFOTO: KESSLER Michael Krane in seinem Kino Camera Zwo in Saarbrücke­n.
 ?? ARCHIVFOTO: MAURER ?? Andrea Lauer, die Chefin des Passage- und des UT-Kinos.
ARCHIVFOTO: MAURER Andrea Lauer, die Chefin des Passage- und des UT-Kinos.

Newspapers in German

Newspapers from Germany