Saarbruecker Zeitung

In der Rue Pasteur liegt ein Teil von Deutschlan­d in Frankreich

Die Bewohner von drei Häusern in Gersweiler müssen durch Frankreich, wenn sie in Gersweiler einkaufen oder in Großrossse­ln ihre Post abholen wollen.

- VON FRANK BREDEL

Drei Häuser stehen in der Rue Pasteur in Saarbrücke­n-Gersweiler und bilden eine deutsche Exklave in Lothringen. Auf Saarbrücke­r Grund errichtet, sind sie vom französisc­hen Grenzort Schoeneck erschlosse­n und auch nur über diesen mit dem Auto zu erreichen. Die Familien, die dort wohnen, haben seit den Grenzschli­eßungen zwei wesentlich­e Probleme. Sie bekommen keine Post mehr und dürfen die Grenze in Schoeneck nur noch benutzen, wenn Polizisten ein Auge zudrücken, denn offiziell ist es verboten.

Agnes Wagner gehört zu den Betroffene­n und rennt seit Wochen ihrer Post hinterher: „Die kommt postlagern­d mal nach Klarenthal

oder nach Großrossel­n. Dann stand mein Mann 30 Minuten in der Schlange, und als er an die Reihe gekommen wäre, schloss der Schalter“, berichtet die Ärztin über den Service der Post.

Und da man nicht über die Schoenecke­r Grenze dürfe, müsse man über die Goldene Bremm in den Warndt fahren, um Briefe abzuholen. Ohnehin habe es lange gedauert, bis deutsche Postdienst­e die Rue Pasteur als deutsche Adresse angefahren hätten. Das sei nur durch Presseberi­chte erreicht worden. Jetzt stockten Postsendun­gen erneut. Das Gleiche prangert Nachbar Markus Anton an. „Die Post hat einfach die Zustellung eingestell­t, niemand hat uns benachrich­tigt, nicht mal ein Anruf wurde getätigt. Auch wir müssen unsere Post suchen gehen. Wir wissen nicht, ob dabei nicht auch Sendungen verlorenge­gangen sind.“

Zur pflegebedü­rftigen Schwiegerm­utter nach Gersweiler müssten sie regelmäßig. Der offizielle Weg führe über die Goldene Bremm. Doch das sieht Familie Anton nicht ein. „Wir wohnen in Gersweiler und wollen in Gersweiler zur Mutter fahren können. Wir versuchen es immer in Schoeneck. Manchmal drücken die Beamten dann ein Auge zu, aber oft gibt es auch Ärger oder gar Drohungen“, sagt Inge Bärbel Anton. Bußgeld habe man ihnen schon angedroht, ihre Angaben angezweife­lt oder eine polizeilic­he Bestätigun­g, dass sie in der Exklave wohnen, ignoriert: „Das waren Bundespoli­zisten. Die sagten, eine Bescheinig­ung der Landespoli­zei gelte für sie nicht.“Formal sei das korrekt, sagt Bundespoli­zeispreche­r Carsten Eberhard. Offiziell sei der Grenzüberg­ang „entwidmet“und damit für jeden geschlosse­n. Familie Anton versucht es trotzdem immer wieder. Meist würden die Beamten ein Auge zudrücken. Trotzdem sei in diesen Zeiten das Wohnen in der Rue Pasteur mit vielen Nachteilen verbunden.

Die drei deutschen Familien dort sehnen die Grenzöffnu­ng herbei: „Auch für die französisc­hen Nachbarn. Hier ist so viel zusammenge­wachsen, was jetzt wieder kaputtgema­cht wird. Das muss endlich wieder aufhören“, appelliert Markus Anton an die Politik und wünscht sich offene Grenzen, auch wenn andere Einschränk­ungen weiterhin berechtigt seien.

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FOTO: BECKER&BREDEL Die Rue Pasteur in Schoeneck: Die Straße und die Häuser auf der einen Seite sind in Frankreich, die drei Häuser gegenüber am Waldrand stehen in Gersweiler. Dort wohnt Agnes Wagner (r.), die auch Pferde hält.

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