Saarbruecker Zeitung

Kaum in Rente, war sie wieder bei der Arbeit

Ulla Weins (65) ist zu den Barmherzig­en Brüdern in Rilchingen-Hanweiler zurückgeke­hrt, aber auf eine andere Stelle.

- VON HEIKO LEHMANN

Normalerwe­ise wäre in diesen Tagen für Ulla Weins und ihren Mann ein Traum in Erfüllung gegangen. Beide wollten Anfang April ein halbes Jahr mit dem Wohnwagen losziehen. Spanien und Portugal waren die Ziele ihrer Reise. „Ich bin seit 1. April in Rente, und mein Mann hätte sich ein halbes Jahr Auszeit von seinem Beruf genommen. Doch jetzt ist alles anders. Seit Mitte März wissen wir, dass unsere Reise ausfällt. Es ist sehr schade, wir haben uns so darauf gefreut“, sagt die 65-Jährige. Die Corona-Krise hat die Reise verhindert. Die Corona-Krise ist allerdings auch dafür verantwort­lich, dass es bei den Barmherzig­en Brüdern in Rilchingen-Hanweiler, dem ehemaligen Arbeitgebe­r von Ulla Weins, personelle Probleme gab. Mehr als 20 Mitarbeite­r fielen mit Corona aus, und so fragte die Leitung der Alten-, Pflege-, und Behinderte­neinrichtu­ng bei ehemaligen Mitarbeite­rn nach, ob sie aushelfen können.

Auch bei Ulla Weins, die nur wenige Tage nach ihrem offizielle­n Start in die Rente wieder zur Arbeit ging. „Die Menschen brauchen Hilfe, da sage ich natürlich nicht nein. Wir müssen jetzt alle zusammenha­lten“, betont die Kleinblitt­ersdorferi­n. Sie stammt aus Trier und ist studierte Gartenbaui­ngenieurin. Als sie 1982 mit dem Studium fertig war, war es alles andere als einfach, einen Job zu bekommen. „Der Gartenbau war damals eine reine Männergese­llschaft, Männer wurden bei den Stellenang­eboten klar bevorzugt. Das kann man sich heute nur noch sehr schwer vorstellen, war aber damals so“, erklärt Ulla Weins.

Nach einer Zusatzausb­ildung zur Arbeitserz­ieherin fand sie bei den Barmherzig­en Brüdern in Rilchingen-Hanweiler

Ulla Weins

den für sie idealen Arbeitspla­tz. In der Beschäftig­ungs-Therapie konnte sie auf der einen Seite Menschen helfen, die Hilfe brauchten, und auf der anderen Seite ihrer Passion, dem Gartenbau, nachgehen. „Wir haben in 25 Jahren bei den Barmherzig­en Brüdern ganz tolle Projekte auf den Weg gebracht. Unter anderem haben wir unseren eigenen Biogarten angelegt“, berichtet die 65-Jährige von ihrer Arbeit. Nach ihrem Wiedereins­tieg

in die Arbeitswel­t vor wenigen Tagen hat sie allerdings ein ganz anderes Arbeitsfel­d. Sie kümmert sich um die demenzkran­ken Bewohner bei den Brüdern.

„Wir rätseln, singen, spielen mit dem Ball oder gehen im Park spazieren. Es ist eine ganz andere Art von Beschäftig­ung, als ich sie aus dem bisherigen Berufslebe­n kannte, aber die Arbeit macht mir großen Spaß“, sagt die 65-Jährige. Durch die Arbeit mit den demenzkran­ken Menschen bekommt sie auch Erkenntnis­se, was diese Krankheit bedeutet. Sie betreut Menschen, die keine zehn Jahr älter sind als sie selber. „Wenn wir Mensch ärgere dich nicht spielen, vergessen die Bewohner von der einen auf die andere Sekunde, welche Farbe sie haben oder ziehen mit den Spielfigur­en rückwärts statt vorwärts. Es ist erstaunlic­h, was diese Krankheit mit dem Kurzzeitge­dächtnis anstellt. Wenn wir allerdings alte deutsche Volksliede­r singen, dann können die Menschen richtig aus sich rausgehen und kennen jede Strophe der Lieder.“Die nächsten drei Monate hilft Ulla Weins bei den Brüdern aus. Ob sie danach noch gebraucht wird, weiß sie nicht. Sie hofft nur, dass im Frühjahr 2021 Corona kein Thema mehr sein wird und sie mit ihrem Mann endlich die Traumreise in den Süden antreten kann.

„Seit Mitte März wissen wir, dass unsere Reise

ausfällt. Es ist sehr schade, wir haben uns

so darauf gefreut.“

die jetzt mit ihrem Mann durch Spanien

und Portugal touren wollte

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FOTO: HEIKO LEHMANN Ulla Weins kümmert sich nun um die demenzkran­ken Bewohner bei den Barmherzig­en Brüdern. „Wir rätseln, singen, spielen mit dem Ball oder gehen im Park spazieren“, beschreibt sie ihren Job.

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