Corona stellt auch die Mai-Feiern auf den Kopf
Der Saar-DGB setzt 2020 als Alternative zu Kundgebungen auf ein neues Konzept. Die Forderungen werden im Internet übertragen.
„Völker, hört die Signale“. Dieses Lied der internationalen Arbeiterbewegung zum 1. Mai und vor allem die Signale selbst bekommen 2020 eine völlig neue Bedeutung. Corona stellt auch die traditonellen Mai-Feierlichkeiten der Gewerkschaftsbewegung völlig auf den Kopf. An zentrale öffentliche Kundgebungen mit zahlreichen Menschen ist überhaupt nicht zu denken. Folglich auch nicht an Demonstratonszüge oder gar ein Begleitprogramm während sowie nach der Kundgebung.
Doch beim Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) ist man flexibel und greift angesichts der neuen Lage auch zu völlig neuen Mitteln. So werden auch „die Signale“der Arbeiterbewegung in diesem Jahr auf neuem Weg zu den Menschen übertragen: digital per Internet. Die Vorbereitungen hierfür laufen auf Hochtouren.
Eugen Roth, Chef des Saar-DGB, hätte nur allzu gerne bei bestem Wetter auf der Bühne am Saarbrücker Schlossplatz zu zahlreichen Kundgebungs-Teilnehmern gesprochen. Schließlich gehört der Mai-Feiertag, der jedes Jahr auf aktuelle Entwicklungen in der Arbeitswelt aus der
Sicht der Arbeitnehmer hinweisen soll, zu den wichtigsten Terminen der Gewerkschafter im Jahr. Doch auch Eugen Roth wird gemeinsam mit Saar-Gewerkschaftern digital präsent sein.
Die Planungen des DGB sehen einen zentral übertragenen Beitrag im Internet ab 11 Uhr auf der Homepage des DGB vor. Auch auf Youtube und Facebook wird die Veranstaltung zu sehen sein. Der Auftritt ist noch in anderer Hinsicht eine Premiere. Denn anstelle einer zentralen Rede durch DGB-Chef Reiner Hoffmann soll es nach Auskunft von Roth ein Interview mit dem DGB-Chef geben, in dem er zu aktuellen Fragen Stellung nehmen wird. Diese neue Form der Darstellung wird auch in DGB-Kreisen mit Spannung erwartet, könnte sie doch möglicherweise sogar mehr Aufmerksamkeit finden, auch im jungen Publikum, als die sonst gewohnten langen Reden. Doch auch die deutschlandweit verteilten Bezirke mit ihren Vertreteren sollen in kurzen Beiträgen eingespielt werden. Rheinland-Pfalz und das Saarland werden mit einem eigenen Statement in der Übertragung präsent sein. Die gesamte Veranstaltung steht deutschlandweit unter dem Motto „Solidarisch ist man nicht alleine.“
„Das ist nicht vergleichbar damit, wenn man persönlich
miteinander in Solidarität über die
Straßen zum Kundgebungsplatz
zieht“
Eugen Roth
Saar-DGB-Chef
Eugen Roth weist darauf hin, dass diese Form der Darstellung der Interessen der Arbeitnehmerschaft zum 1. Mai im Internet natürlich nicht die traditionelle Feier mit Protestzug, Kundgebung und Familienprogramm ersetzen könne. „Das ist nicht vergleichbar damit, wenn man persönlich miteinander in Solidarität über die Straßen zum Kundgebungsplatz zieht“, Doch die energische Bekämpfung des Coronavirus nach dem Motto „Mit Anstand Abstand halten“lasse keine andere Wahl. Die derzeitigen Zustände hätten einen einzigen Vorteil. „Durch Corona ist unser gesamtes Gesundheitssystem plötzlich und mit weitem Abstand noch einmal auf den Platz eins aller Themen gerückt“. Es sei kein Zufall, „dass Personal, Masken und Schutzausrüstung fehlen, wenn man zuvor das System so stark dem Wettbewerb unterworfen hat, dass es geschrumpft ist. Das ist offenkundig und betrifft zudem auch den gesamten Pflegesektor“, sagt der Saar-DGB-Chef.
Im Saarland stelle sich zudem die Frage, was aus der Industrie-Struktur werden soll, wie der Strukturwandel weiter verläuft und welche Rolle die Arbeitnehmer übernehmen sollen. Zu klären sei generell, wie der Föderalismus dazu beitragen kann, dass deutschlandweit möglichst gleiche soziale Lebensverhältnisse vorhanden sind. Das Coronavirus sei vor allem in armen Regionen in Südeuropa aufgetreten. Dort, wo Großfamilien in engen Behausungen leben und viele gezwungen sind, das Haus zu verlassen, um Geld für die ganze Familie zu verdienen. „Armut macht krank“, betont Roth. www.dgb.de