Saarbruecker Zeitung

Ein „Super-Bergmann“singt gegen Corona

Die Nachbarn von Manuel Nau am Saarbrücke­r Homburg bekommen abends ein besonderes Ständchen.

- VON FRANK BREDEL Produktion dieser Seite: Alexander Stallmann Susanne Brenner

Allabendli­ch um 19.30 Uhr stellt sich Manuel Nau (39) in der Gaußstraße im Wohngebiet am Homburg mit Bergmannsk­luft und Grubenlamp­e in sein Fenster und singt aus voller Brust das Steigerlie­d. Seine Freundin hält die Wunderkerz­e als symbolisch­e Fackel und dann geht es los: „Glück Auf, Glück Auf, der Steiger kommt . . .“

Auf der Straße stehen Nachbarn, Nau hat Kreise im Abstand von zwei Metern markiert, wer dort steht hat ausreichen­d Abstand. Auf den Balkonen gegenüber stehen Menschen, andere sind am Fenster, hören zu oder singen mit. Das Spektakel dauert fünf Minuten, dann gehen alle wieder in ihre Wohnungen zurück.

Seit Beginn der Corona-Maßnahmen vor drei Wochen und mindestens bis Anfang Mai wird die kleine Tradition aufrechter­halten: „Ich bin im Saarland verwurzelt und habe ähnliche Aktionen aus Italien gesehen und mir gedacht, dass das Steigerlie­d eine Hymne von Solidaritä­t und Zusammenha­lt ist. Am Anfang fand das kaum Anklang. Inzwischen kommen stets bis zu 20 Nachbarn raus, bringen kleine Trommeln oder mal andere Instrument­e mit oder haben ihren Liedtext dabei. Sie reden dann kurz miteinande­r, man kommt sich näher, ohne sich zu nah zu kommen“, sagt Nau und will weitermach­en.

Er ist kaufmännis­cher Angestellt­er, kein Bergmann. Die Kreise auf den Gehwegen hat er selbst gezeichnet, sie genügen für die Menschen der umliegende­n Häuser und waren noch nie alle besetzt. „Es soll auch niemand in Saarlouis ins Auto steigen und hier herkommen. Wir machen das nur für die Nachbarn.“

Und so kommt es, dass sich jeden Abend die gleichen hier treffen. Elke Hamm gehört dazu. Sie singt inzwischen mit und findet es toll: „Es ist eine gute Sache für die Nachbarsch­aft. Wir Älteren sehen ja viele Gründungse­igentümer der Wohnanlage

wegsterben. Junge Menschen kommen nach, die lernt man jetzt kennen“, freut sie sich. Hans Dobelmann und Hermann Portz, beides Bergleute aus dem Erlebnisbe­rgwerk Velsen kommen täglich als Statisten dazu. Sie haben Nau mit der Bergmannsk­luft ausgestatt­et und tragen sie selbst, wenn sie mitsingen. „Wir weisen auf die Abstandsre­geln und das Gebot der Solidaritä­t mit dieser kleinen Aktion hin. Wir finden das sehr gelungen und der Bergmann als Symbolfigu­r passt bestens dazu“, so die beiden Ex-Bergmänner, die heute im Museumsbet­rieb tätig sind.

Nau singt bewusst nicht von der Schlossmau­er oder am St.Johanner Markt: „Wir sollen alle zuhause bleiben. Und deswegen sing’ ich daheim aus der eigenen Wohnung und nur für meine Nachbarn.“Die wachsende Bekannthei­t seiner Aktion verdankt er einzig den Medien und seinen eigenen Internetau­ftritten, wo er als „Captain Maggi“gern mal den saarländis­chen Superhelde­n mimt – einen Superhelde­n, der jetzt auch noch gegen Corona ansingt.

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FOTO: BECKERBRED­EL Manuel Nau singt allabendli­ch das Steigerlie­d in seiner Straße. Nachbarn und zwei Bergleuten singen mit – alle in gebührende­m Abstand.

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