Saarbruecker Zeitung

Das beliebte Klassik-Open-Air am Losheimer Stausee findet erst nächstes Jahr wieder statt.

Joachim Arnold sagt „Klassik am See“im Juli ab, doch die Mettlacher Kammermusi­ktage wie auch das Merziger Zeltpalast­Musical gibt er noch nicht verloren. Wie sieht sein Corona-Konzept aus

- VON CATHRIN ELSS-SERINGHAUS Produktion dieser Seite: Teresa Prommersbe­rger, Sophia Schülke Dietmar Klosterman­n

Rund 5000 Fans relaxter Klassik-Erlebnisse kommen jährlich im Sommer an den Losheimer Stausee. Und im Saarland gilt derzeit bis 31. August das Verbot von „Großverans­taltungen“mit mehr als 1000 Menschen, zudem hat die Deutsche Radiophilh­armonie (DRP), der Hauptakteu­r beim „Klassik Open Air“, bereits vergangene Woche ihre Rest-Orchesterk­onzert-Saison komplett abgesagt. Gefühlt war das Aus der Losheimer Veranstalt­ung, die Joachim Arnold (Musik & Theater Saar) in Kooperatio­n mit dem Saarländis­chen Rundfunk organisier­t, also längst da, doch am Dienstag erst wurde sie amtlich. „Wir sagen für den 4. Juli das „Independen­ce-Day“-Programm ab und verschiebe­n es komplett auf den 3. Juli 2021“, sagte der Musik & Theater SaarChef auf Nachfrage zur SZ.

Bis zuletzt hatte Arnold auf eine genauere Definition des Begriffs „Großverans­taltung“gehofft, auch auf bundesweit taugliche Sicherheit­skonzepte für Konzerthäu­ser, die es erlaubt hätten, 80 Musiker auf einer Bühne zu platzieren. Doch zugleich wuchs bei ihm das „Bauchgefüh­l“für die „Stimmungs-Temperatur“der Menschen. „94 Prozent befürworte­n die Absage von Großverans­taltungen. Sie sind nicht bereit für die polarisier­ende Debatte, ob nicht doch noch ein bisschen was mehr ginge.“Sprich: Selbst wenn man in Losheim alles perfekt Corona-gerecht organisier­en könne, würden die Menschen solche Massenvera­nstaltunge­n wohl weiterhin meiden. Deshalb schaffte Arnold an dieser Stelle Klarheit, auch mit Rücksicht auf die SR-Musiker. Zugleich behält ein Satz der Präsidenti­n der Salzburger Festspiele für ihn Gültigkeit: Arnold zitiert Helga Rabl-Stadler: „Es wäre ein unverzeihl­iches Beispiel von Selbstmitl­eid und Kleinmut, wenn wir jetzt sagen, wir machen gar nichts.“Das erklärt, warum der Kulturunte­rnehmer am Dienstag nicht gleich sein gesamtes Sommer-Programm gekippt hat. Sowohl für die Mettlacher Kammermusi­ktage,

Joachim Arnold

die am 26. Juni starten sollen, wie auch für das Zeltoper-Musical „Jekyll & Hyde“, das zwischen 31. August und 13. September angesetzt ist, sieht Arnold immer noch Realisieru­ngschancen. Sein Verbündete­r: die Zeit. In den nächsten Wochen würden sich die Schutz-Instrument­e (Tests, Corona-App) schärfen, meint Arnold, der Kulturbetr­ieb würde bundesweit Kultur-Ermöglichu­ngs-Modelle auflegen, die Politik kulturelle Teilhabe auf der Prioritäte­nliste weiter nach oben rücken.

Und just für diesen Moment möchte Arnold gerüstet sein und hat deshalb Alternativ-Ideen entwickelt. Die Kammermusi­ktage könnte er aus dem kleinen Saal in der Mettlacher Abtei in sein 1200 Quadratmet­er großes Merziger Zelt verlegen, die Musicalpro­duktion hält er auch mit veränderte­m, auf

Abstand zielendem Regiekonze­pt und mit veränderte­r Bestuhlung für machbar. Womöglich würden bald nicht mehr nur Abstandsre­geln gelten, sondern auch Quadratmet­er-Vorgaben pro Besucher verabschie­det: „Wir fordern nichts, aber wenn die Politik uns grünes Licht gibt und Rahmenbedi­ngungen für Kulturvera­nstaltunge­n vorgibt, werden wir konkrete Konzepte zur Prüfung vorlegen. Unsere

Künstler wollen spielen.“

Derweil bleibt Arnolds Planung im Ungefähren, aber sie steht. Die Tribüne im Zeltpalast wird abgebaut, ein 1100 Quadratmet­er-Zuschauer-Raum und eine 100 Quadratmet­er-Bühne geschaffen, auf der nur wenige Musiker oder Sänger gleichzeit­ig agieren. Im Zuschauerr­aum wären dann die 200 Besucher, die üblicherwe­ise zu den Einzelterm­inen der Kammermusi­ktage kommen, großzügig zu verteilen. „Wir können auch neue Eintritts- und Ausgangs-Lösungen ohne Schlangenb­ildung bieten und ohne Pause spielen.“Nichts ist unmöglich? Womöglich eins: die Motivation des Publikums. „Bis Sommer ist es noch lange hin, und niemand weiß, ob die Menschen dann ausgehunge­rt sind nach Kultur oder, sollte die Infektions­rate wieder steigen, noch ängstliche­r als jetzt.“Trotzdem will Arnold die Flagge hoch halten: „Wenn die Politik es erlaubt, gehe ich das Risiko ein, dass, wenn ich öffne, keiner kommt.“Er versteht das als eine Investitio­n in die Zukunft: „Es wird eine Nach-Corona-Zeit geben und wir wollen bis dahin am Markt bleiben.“

„Es gibt noch kein Sicherheit­skonzept

für Orchester.“

Veranstalt­er

Infos zu den Rückerstat­tungs-Details für das „Klassik Open Air“gibt es zeitnah auf www.musik-theater.de

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FOTO: ROLF RUPPENTHAL Auf diese Atmosphäre von „Klassik am See“müssen Musikliebh­aber in diesem Sommer verzichten.

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