Saarbruecker Zeitung

Ein Wolf lernt Saxophon und andere Surrealist­en

Im „Virtuellen Produktion­shaus“der freien Kulturszen­e finden sich ganz unterschie­dliche Angebote. Eine Initiative des Kultusmini­steriums ermöglicht­e diese hilfreiche Wundertüte.

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Wundertüte­n sind etwas Herrliches. Man kauft eine und lässt sich überrasche­n, was drin ist. Manchmal sind die Sachen vielleicht ein bisschen rätselhaft, die man da findet, aber ganz oft ist was dabei, das richtig Spaß macht.

So eine Wundertüte gibt es seit ein paar Tagen vom Netzwerk Freie Szene Saar. Auf Einladung und mit Förderung (!) von Kultusmini­sterin Christine Streichert-Clivot haben sich Mitglieder der freien Szene aus Stadt und Land aufgemacht, ein „Virtuelles Produktion­shaus“einzuricht­en. Dieses Produktion­shaus ist mal das Badezimmer von Wollie Kaiser, mal das Arbeitszim­mer von Sebastian Müller-Bech, mal der Garten von Eveline Sebaa oder gar der etwas unheimlich­e Keller von Dietmar Blume. Es sieht eben immer so aus, wie der Ort, den sich die Kreativen im Land so gesucht haben für kurze und längere, lustige und anspruchsv­olle Video-Clips.

Eine Wundertüte ist dieses „Virtuelle Produktion­shaus“wirklich. Klicken Sie sich mal durch. Es lauern echte Überraschu­ngen. Da findet sich eine zauberhaft­e kleine Liebesgesc­hichte – nur mit Papierbild­chen

erzählt (Eveline Sebaa). Oder man kann „In der Aufzuchtst­ation“ein kleines Konzert von Claudia Kemmerer inmitten von Gemüse-Setzlingen hören. Sie begleitet sich dabei selbst auf Weingläser­n.

Der Schauspiel­er Sebastian Müller-Bech improvisie­rt in seinem Arbeitszim­mer,

die Sängerin Margret Gampper bereichert das „Produktion­shaus“mit einem Chanson, die experiment­elle Ini-Art serviert ein improvisie­rtes Quartett ohne körperlich­e Nähe. Und Peter Tiefenbrun­ner und Barbara Scheck rezitieren ziemlich ungewöhnli­che Gedichte. Dietmar Blumes Theater Skurril hat den Preis für den schönsten Titel verdient: „Was geschieht im Theater, wenn die Künstler nicht spielen – eine Verlustvor­stellung“. In seinem stillen, leeren Theater gibt es allerdings kein Phantom der Oper, sondern einen Wolf, der Saxophon spielt.

Der aufwändigs­te Clip stammt vom Liquid Penguin Ensemble. Die Truppe um Katharina Bihler und Stefan Scheib hat ein feines, surrealist­isches Stückchen produziert, in dem ein Füller und eine Portion Papier ganz wunderbare Wege gehen. Die Puppenspie­lerin Elodie Brocher und die Sängerin Sascha Ley sind noch mit von der Partie.

Zehn sehr verschiede­nartige Wundertüte­n-Bonbons sind so im „Virtuellen Produktion­shaus“entstanden. 4000 Euro hat das Kultusmini­sterium für diese originelle

Kulturförd­erung in Zeiten geschlosse­ner Veranstalt­ungsräume ganz fix und unbürokrat­isch gezahlt. Es gab so viele Bewerbunge­n dafür, dass bereits über eine zweite Runde nachgedach­t wird. Solche guten, unbürokrat­ischen Ideen der Künstlerfö­rderung würde man sich auch von der Stadt Saarbrücke­n wünschen . . .

Das „Virtuelle Produktion­shaus“findet man auf der eigens eingericht­eten Facebookse­ite und ab sofort auch auf der Seite des Netzwerks Freie Szene: www. freieszene­saar.de

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FREIE SZENE ?? Mit diesem Bild wirbt das Netzwerk Freie Szene Saar für sein
neues kulturelle­s Format in Corona-Zeiten.
FOTO: NETZWERK FREIE SZENE Mit diesem Bild wirbt das Netzwerk Freie Szene Saar für sein neues kulturelle­s Format in Corona-Zeiten.
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