Audis Ausstieg könnte für die DTM das Aus bedeuten
Der Hersteller sieht seine Zukunft im Motorsport in der Formel E, das hat für die traditionelle Rennserie womöglich schlimme Folgen.
(sid) Jahrelang schaute die DTM sorgenvoll in den Abgrund, konnte einen Sturz aber stets vermeiden – doch die Corona-Krise scheint der Rennserie nun den entscheidenden Stoß zu versetzen: Auch Audi wird Ende 2020 aussteigen. Der nächste Hersteller geht von Bord, es bleibt nur noch BMW. Und die DTM steht zumindest in ihrer jetzigen Form vor dem Aus.
„Heute ist ein schwieriger Tag für den Motorsport in Deutschland und Europa“, sagte DTM-Chef Gerhard Berger. Audis Entscheidung sei zu respektieren, sagte der Österreicher, kritisierte jedoch die Kurzfristigkeit:
„Hier hätten wir uns – gerade in Corona-Zeiten – ein Vorgehen im Sinne unserer gemeinsamen Gesellschaft gewünscht.“Die Situation habe sich nun „zusätzlich verschärft, und die Zukunft der DTM wird sehr stark davon abhängen, wie die Partner und Sponsoren auf diese Entscheidung
reagieren“, sagte Berger.
Die DTM und ihren Vorläufer, die Deutsche Tourenwagen-Meisterschaft, gibt es mit Unterbrechungen seit den Achtziger Jahren, sie galt vielen als Kernstück des deutschen Motorsports und erfreute sich auch internationaler Beliebtheit. Audi war entscheidender Bestandteil dieser Serie, besonders seit dem Neustart im Jahr 2000. Die vergangene Saison wurde für die Ingolstädter zur erfolgreichsten ihrer DTM-Geschichte, René Rast gewann den Fahrertitel, auch in Herstellerund Teamwertung stand Audi ganz vorne.
Wenige Monate später steht nun der Ausstieg fest. Das Unternehmen teilte mit, die Entscheidung auch „vor dem Hintergrund der wirtschaftlichen Herausforderungen infolge der Corona-Pandemie beschlossen“zu haben. Die motorsportliche Zukunft liege in der Elektroserie Formel E.
Für die DTM ist das innerhalb von nur anderthalb Jahren der nächste heftige Schlag. Schon Ende 2018 hatte sich Rekordmeister Mercedes verabschiedet. Berger, lange Jahre Pilot, Funktionär und Teilhaber in der Formel 1, kämpfte mit Hilfe seiner Kontakte um die Zukunft. Es war und ist aber ein schwieriger Kampf, die Erfolge sind bescheiden. So trat Anfang 2019 der britische Autobauer Aston Martin als Hoffnungsträger an, verabschiedete sich aber im vergangenen Januar nach nur einem Jahr wieder.
Berger belebte auch alte Kontakte nach Asien neu, machte Hoffnung auf eine künftige Zusammenarbeit mit Honda, Toyota und Nissan, die in der sehr ähnlichen Super GT starten. Nachdem von der DTM nun nur noch BMW übrig ist, wirken aber auch solche Pläne fragil.
Der bayerische Hersteller wurde vom Audi-Rückzug ebenfalls überrascht: „Wir haben immer leidenschaftlich für die Zukunft und die Weiterentwicklung der DTM gekämpft. Wir werden die Situation und mögliche Konsequenzen jetzt aus allen Blickwinkeln bewerten.“Soll die DTM überleben, sind kreative Lösungen gefragt. Am 11./12. Juli soll auf dem Norisring die neue Saison starten. Der Wettstreit deutscher Premiumhersteller jedoch ist Ende des Jahres nur noch Motorsport-Geschichte.