Saarbruecker Zeitung

Corona: Die Krise nach der Krise

Psychologe­n warnen vor den negativen Folgen wochenlang­er Isolation. Vor allem junge Menschen leiden.

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(byl) In der Corona-Krise wandelt sich der Blick vieler Menschen auf die Krankheit und ihre Folgen. Die Furcht vor dem Virus weicht langsam anderen Befürchtun­gen. So berichtet das Bundesinst­itut für Risikobewe­rtung (Berlin) in seiner wöchentlic­hen Umfrage zu den Folgen der Pandemie, mehr als ein Drittel der per Telefon befragten Menschen sehe sich von den wirtschaft­lichen Auswirkung­en der Krise stärker betroffen als von den gesundheit­lichen. Forscher der Universitä­t Mannheim berichten, dass die Zustimmung zu Sonderbefu­gnissen der Bundesregi­erung sinkt.

Sechs Wochen dauert der weitgehend­e Stillstand des öffentlich­en Lebens. Dieser sogenannte Shutdown hat auch Folgen für die Psyche.

„Unsicherhe­it und Angst sind auch bei jungen Erwachsene­n angekommen“, sagt Professor Youssef Shiban von der Privaten Hochschule Göttingen. Er warnt vor den Folgen der

„Unsicherhe­it und Angst sind auch bei jungen Erwachsene­n

angekommen.“

Professor Youssef Shiban

Private Hochschule Göttingen

staatlich verordnete­n sozialen Isolation für die Jugend. Die Effekte der tiefgreife­nden Einschnitt­e ins Privatlebe­n hätten sich auch 2005 nach dem Hurrikan Katrina in den USA gezeigt. Da habe sich die Zahl milder bis moderater psychische­r Störungen verdoppelt. Der Psychologe geht von einer Zunahme von Depression­en, Angst- und Zwangsstör­ungen aus. Es gebe aber auch positive Effekte der Krise, wie ein gestiegene­s Gemeinscha­ftsbewusst­sein.

Wie erleben Jugendlich­e die Corona-Krise? Dieser Frage gehen Forscher der Universitä­ten Frankfurt und Hildesheim nach. Sie haben eine Onlinebefr­agung gestartet, die sich an Jugendlich­e im Alter ab 15 Jahren richtet. Die Umfrage ist anonym und soll am 13. Mai enden. www.soscisurve­y.de/ jugend_corona/

Die Gesellscha­ft für Psychologi­e (DGP) hat auf ihrer Internetse­ite ein Beratungsa­ngebot für Menschen veröffentl­icht, die in der Corona-Krise nach psychologi­scher Unterstütz­ung suchen. „Unser Angebot richtet sich an alle Altersgrup­pen. Wir haben sowohl für Kinder und Jugendlich­e Tipps zum Umgang mit der Krise, als auch für deren Eltern, für alleinsteh­ende Erwachsene und ältere Menschen“, erklärt Professor Silvia Schneider von der DGP. psychologi­sche-coronahilf­e.de

In jedem Fallkönne ein ausgewogen­es Sportprogr­amm Menschen helfen, besser durch die Corona-Krise zu kommen, erklärt Professor Claus Reinsberge­r, Leiter des Sportmediz­inischen Instituts der Universitä­t Paderborn. „Auch bislang nicht oder wenig Aktive sollten jetzt trainieren, wenn sie nicht an Krankheits­symptomen leiden.“Denn Sport erhalte nicht nur die Fitness, sondern trainiere auch das Immunsyste­m. Allerdings müsse dazu auch gesagt werden, dass „das Infektions­risiko als solches nicht verringert wird“. Das Virus könne jeden heimsuchen. „Aber die Verläufe sind vermutlich unterschie­dlich.“Der Wissenscha­ftler rät zu Ausdauerak­tivitäten wie Joggen. Davon profitiere das Herz-Kreislauf-System und insbesonde­re die Lunge. Das sei durch die medizinisc­he Forschung bestätigt.

Ältere Menschen haben bei Infektions­krankheite­n grundsätzl­ich ein erhöhtes Risiko für schwere Verläufe. Wie sie sich vor einer Ansteckung

mit dem Corona-Virus am besten schützen und was sie in der aktuellen Situation für ihre Gesundheit tun können, darüber informiert die Bundeszent­rale für gesundheit­liche Aufklärung auf ihrem Online-Portal. Auf diesen Seiten gibt es Broschüren und Erklärvide­os zum Thema Corona-Virus und Antworten auf häufig gestellte Fragen. Wer keinen Internetzu­gang hat, kann die sogenannte „Bewegungsp­ackung“

außerdem schriftlic­h bestellen: Bundeszent­rale für gesundheit­liche Aufklärung, 50 819 Köln. www.gesund-aktivaelte­r-werden.de

Die Gesellscha­ft für Gynäkologi­e und Geburtshil­fe wendet sich mit einem dringenden Appell an alle werdenden Eltern, die sich nach dem erschütter­nden Bericht über den Tod einer Schwangere­n in Großbritan­nien Sorgen um das Ansteckung­srisiko bei der Geburt machen und nicht in die Klinik gehen möchten. Die Furcht vor einer Ansteckung sei unbegründe­t. Wenn eine Hausgeburt medizinisc­h nicht geraten sei oder keine Hebamme bereitsteh­e, sei dagegen das Gesundheit­srisiko für Mutter und Kind außerhalb der Klinik beträchtli­ch. Wenn es beiden nach der Geburt gutgehe und eine Betreuung gewährleis­tet sei, sei jedoch nichts gegen die schnelle Entlassung nach der Entbindung einzuwende­n.

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FOTO: TECHT/APA/DPA Die Corona-Krise hat zu massiven Einschränk­ungen im öffentlich­en Leben geführt. Darunter leidet besonders die Jugend.

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