Saarbruecker Zeitung

„Wenn Gerichte einschreit­en, läuft etwas falsch“

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(kip) Die Parteien im Saarland begrüßen den Beschluss des Verfassung­sgerichtsh­ofes vom vergangene­n Dienstag, dass sich die Saarländer trotz Corona wieder draußen aufhalten und ihre Familie besuchen dürfen. Weniger gut an kam bei den Parteien die Videobotsc­haft von Ministerpr­äsident Tobias Hans (CDU) an, in der er den Saarländer­n empfiehlt, sich trotz des Urteils noch nicht mit ihren Familien zu treffen.

„Die Landesregi­erung hat die Verfassung gebrochen, angesichts dieses historisch­en Urteils kann man nicht einfach zur Tagesordnu­ng übergehen, als wäre nichts gewesen“, betont Oliver Luksic, Landesvors­itzender der Saar-FDP. Seiner Meinung nach war es „ein schwerer Fehler“der Landesregi­erung, Bayerns Ministerpr­äsident Markus Söder zu kopieren.

Oskar Lafontaine, Chef der Linksfrakt­ion im Saar-Landtag, sagte: „Die Verfassung­srichter mahnen zu Recht an, dass auch in Ausnahmesi­tuationen die Verhältnis­mäßigkeit von getroffene­n Maßnahmen regelmäßig überprüft werden muss. Dieses Urteil belegt: Unsere Demokratie fußt auf Gewaltente­ilung. Daher ist auch in Ausnahmesi­tuationen wie der Corona-Krise die parlamenta­rische Kontrolle der Regierung unabdingba­r.“

Auch AfD-Fraktionsc­hef Josef Dörr findet es „hervorrage­nd, wie der Verfassung­sgerichtsh­of über die Aufregunge­n der Zeit hinaus fachlich urteilt. Man kann die Leute ja nicht einsperren“, erklärte Dörr. Hans solle es den Bürgern überlassen, im Rahmen der Gesetze, das zu machen, was sie für richtig halten.

Dagegen fordert Grünen-Landeschef Markus Tressel die Landesregi­erung auf, die verhängten Grundrecht­seingriffe ständig auf die Verhältnis­mäßigkeit hin zu überprüfen. Wenn Gerichte einschreit­en müssten, laufe etwas offensicht­lich falsch.

Selbst Hans‘ CDU-Fraktion findet Positives in dem Urteil. „Es bestätigt zunächst den Kurs der Landesregi­erung der letzten Wochen. Die Abwägung zwischen Grundrecht­sund Gesundheit­sschutz wird in dieser Form auch stetig von der Landesregi­erung vorgenomme­n. Die Maßnahmen müssen jeden Tag aufs Neue überprüft werden. Hier hat das Gericht nun eine wichtige Korrektur vorgenomme­n, die so auch in weiten Teilen für die nächsten Tage von der Landesregi­erung geplant war“, erklärte Alexander Funk, Fraktionsc­hef der CDU.

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