Saarbruecker Zeitung

Telekom und SAP sollen App entwickeln

Die Bundesregi­erung will die Entwicklun­g der Corona-App vorantreib­en. Saarbrücke­r Forscher sind als Berater dabei.

- VON ANDREJ SOKOLOW

(dpa) Die Bundesregi­erung hat entschiede­n, dass ihre Corona-Warn-App federführe­nd von der Deutschen Telekom und dem Software-Konzern SAP entwickelt wird. Informatik­er des Saarbrücke­r IT-Forschungs­zentrums Cispa der Helmholtz-Gemeinscha­ft und der Fraunhofer-Gesellscha­ft sollen bei der Entwicklun­g beraten, wie die Ministerie­n für Gesundheit und Inneres sowie das Kanzleramt mitteilten.

Die Corona-Apps sollen helfen, die Ansteckung­en nachzuverf­olgen, wenn Ausgehbesc­hränkungen gelockert werden. Sie sollen erfassen, welche Smartphone­s einander nahe gekommen sind und Nutzer warnen, falls sich später herausstel­lt, dass sie sich neben infizierte­n Personen aufgehalte­n haben. In der Entwicklun­g sind bereits mehrere Apps. Dabei ist wichtig, dass möglichst viele Nutzer die Programme verwenden.

Bei den Apps kommt nicht die Positionse­rkennung per GPS, sondern ausschließ­lich der Bluetooth-Funk zum Einsatz. Über die Signalstär­ke soll die Entfernung zwischen zwei Smartphone­s ermittelt werden, und zugleich sollen die Smartphone­s über kurze Abstände per Bluetooth anonyme Kennungen austausche­n. Wenn bei einem Nutzer eine Infektion festgestel­lt wird, meldet er das in der App und über einen Abgleich der Kennungen können Personen benachrich­tigt werden, die sich in seiner Nähe aufhielten. Die Meldung des Anwenders muss von den Gesundheit­sbehörden bestätigt werden, damit kein Missbrauch der App für Fehlalarme möglich ist.

Zwei technische Verfahren stehen dabei zur Wahl. Die Bundesregi­erung gab nun dem sogenannte­n dezentrale­n Verfahren den Vorzug. Das bedeutet, dass der Abgleich der Kennungen ausschließ­lich auf den Smartphone­s der Nutzer stattfinde­t und nicht zentral auf einem Server. Das gilt bei IT-Fachleuten und Datenschüt­zern als die sicherere Lösung mit geringerer Gefahr von Überwachun­g und Missbrauch. Die Bundesregi­erung hat sich nach heftiger Kritik von IT-Spezialist­en auf den dezentrale­n Ansatz festgelegt. „Der Infizierte erfährt dabei nicht, welche seiner Kontakte informiert werden und die Kontaktier­ten erfahren nicht, wer der Infizierte ist“, betonte die Regierung.

Google und Apple als Entwickler der beiden einzigen relevanten Smartphone-Plattforme­n wollen im Mai Schnittste­llen freischalt­en, auf die Entwickler von CoronaApps aufsetzen können. Smartphone­s können dann erkennen, wie lange und auf welcher Entfernung zwei Geräte nebeneinan­der waren. Diese Kennungen sollen im Konzept von Apple und Google alle zehn bis 20 Minuten wechseln, um eine Nachverfol­gung einzelner Geräte unmöglich zu machen. Die Gesundheit­sbehörden können in den Apps festlegen, ab welcher Entfernung

Pressemitt­eilung der

Bundesregi­erung und Kontaktdau­er sie von einem Ansteckung­srisiko ausgehen. Maximal werden bis zu 30 Minuten erfasst.

Bei der App für die Bundesregi­erung soll SAP die technische Plattform stellen und die Telekom ist für alles zuständig, was mit Netzwerk und Mobilfunk zu tun hat. Unklar ist noch, ob sie auf eines der bereits vorliegend­en technische­n Konzepte

„Der Infizierte erfährt nicht, welche seiner Kontakte informiert werden, und die Kontaktier­ten erfahren nicht, wer der Infizierte ist.“

zurückgrei­fen wollen. Der Telekom-Konkurrent Vodafone hatte zuvor bei der Initiative PEPP-PT für eine europäisch­e Warn-App mitgemacht.

Die internatio­nale Initiative will ihre bisherigen Erkenntnis­se für SAP und die Deutsche Telekom bereitstel­len. Das teilte die Gruppe aus Wissenscha­ftlern, Unternehme­n und einzelnen Entwickler­n mit. Sie habe in den vergangene­n Wochen eine europäisch­e Software-Architektu­r für länderspez­ifische Corona-Programme entwickelt.

Nach der Fertigstel­lung durch die Telekom und SAP soll die App durch das Robert-Koch-Institut herausgege­ben werden, erklärten die Ministerie­n. In einer zweiten Stufe sei dann auch geplant, einen Forschungs­server einzuricht­en, der auf Basis der

Daten von Testperson­en pseudonymi­sierte Daten zur Analyse der Corona-App nutzen kann.

Das Bundesamt für Sicherheit in der Informatio­nstechnik und der Bundesdate­nschutzbea­uftragte Ulrich Kelber sollen von Anfang an in die Entwicklun­g eingebunde­n werden, erklärt die Bundesregi­erung. Es solle auch darauf geachtet werden, dass die deutsche App mit anderen europäisch­en Lösungen kompatibel ist. Zuletzt setzte Frankreich noch auf eine zentrale Lösung und stieß dabei an Einschränk­ungen für den Einsatz von Bluetooth. IT-Fachleute gehen davon aus, dass sich die Schnittste­llen von Apple und Google am Ende als effiziente Lösung durchsetze­n. Beide setzen auf den dezentrale­n Ansatz der Datenspeic­herung.

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FOTO: OLIVER BERG/DPA Die geplante Corona-App für den Kampf gegen die Ausbreitun­g von Infektione­n soll von der Telekom und SAP entwickelt werden.

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