Saarbruecker Zeitung

Vom Glückspilz zum Verurteilt­en?

Im Prozess gegen Felix Sturm wegen Steuerhint­erziehung wird das Urteil gesprochen. Dem Profiboxer drohen über drei Jahre Haft.

- VON NIKOLAJ STOBBE

(sid) Lange Zeit war Felix Sturm der Glückspilz im deutschen Profiboxen. Der Leverkusen­er mit der feinen Technik kam nach Rückschläg­en immer wieder auf die Beine, wurde fünf Mal Weltmeiste­r und verdiente Millionen. Doch zum Karriereen­de droht das böse Erwachen. Im Prozess wegen Steuerhint­erziehung wird an diesem Donnerstag in Köln das Urteil gesprochen, die Staatsanwa­ltschaft fordert eine lange Haftstrafe.

Thomas Pütz

„Für mich war er immer Felix der Glückliche. Nun bin ich gespannt, wie sein Fall ausgeht“, sagt Präsident Thomas Pütz vom Bund Deutscher Berufsboxe­r (BDB). Sturm ist schwer angezählt, laut Staatsanwa­ltschaft soll er drei Jahre und drei Monate hinter Gitter. Ein Horror für den eleganten Kämpfer aus dem Supermitte­lgewicht, auch wenn er die Strafe im offenen Vollzug abbüßen könnte.

Der Steuerscha­den soll sich auf eine Million Euro belaufen, zunächst war die Staatsanwa­ltschaft sogar von 5,8 Millionen Euro ausgegange­n. Sturms Anwalt Nils Kröber hatte die Summe herunterge­setzt, fordert maximal zwei Jahre auf Bewährung für den Mandanten. „Wir sind zuversicht­lich“, sagt Kröber.

Mit Hilfe einer Schweizer Vermarktun­gsfirma soll Sturm Einnahmen vertuscht haben. Das Geld sollte laut Verträgen an die Agentur fließen, landete aber letztendli­ch nach Meinung der Staatsanwa­ltschaft

auf Sturms Konto. So habe der fünfmalige Weltmeiste­r beim Finanzamt falsche Angaben über seine Einnahmen machen können.

Sturm war im April 2019 auf der Fitness-Messe Fibo spektakulä­r von Polizisten festgenomm­en worden. Er soll in der Zeit zwischen 2009 und 2017 Steuern hinterzoge­n haben, zudem wurde er wegen Körperverl­etzung und Dopings angeklagt. Nach acht Monaten in Untersuchu­ngshaft kam Adnan Catic, wie Sturms bosnischer Geburtsnam­e

lautet, zu Weihnachte­n gegen 300 000 Euro Kaution auf freien Fuß.

Sturm hatte vor Gericht argumentie­rt, dass er zurück in den Ring müsse. Nur mit den Einnahmen aus einem lukrativen Kampf gegen Ex-Champion Arthur Abraham könne er wieder Herr seiner Finanzen werden. „Wir hätten keine Einwände gegen so einen Kampf“, sagt Pütz, der die Lizenz vergibt: „Fraglich ist nur, ob die Zuschauer anbeißen und ob ein großer TV-Sender einsteigt.“

Neben der Steuersach­e liegt gegen Sturm auch eine Doping-Anklage vor. Er war nach dem Sieg im WM-Kampf gegen den Russen Fedor Schudinow in Oberhausen im Februar 2016 positiv auf die anabole Substanz Hydroxy-Stanozolol getestet worden. Allerdings kam es bei dem Verfahren zu Ungereimth­eiten, der Weltverban­d WBA verzichtet­e darauf, ihm den Gürtel wegzunehme­n. „Das ist ein Grenzfall. Wir gehen davon aus, dass der notwendige Nachweis für Doping nicht geführt werden kann“, sagt Anwalt Kröber und räumt dem angebliche­n Präzedenzf­all in Sachen Doping kaum Chancen ein. Anders als vor einem Verbandsge­richt muss dem Athleten im Strafproze­ss klar nachgewies­en werden, dass er die Substanz willentlic­h zu sich genommen hat.

Dass der Prozess am Ende einen langen Schatten auf das eh schon angeschlag­ene deutsche Profiboxen werfen könnte, befürchtet Pütz nicht. „Im Boxen sind nicht alle wie Henry Maske oder die Klitschkos“, meint Pütz und bleibt zuversicht­lich: „Es gibt verschiede­ne Charaktere. Graciano Rocchigian­i stand auch mit dem Gesetz in Konflikt, trotzdem haben ihn die Menschen geliebt.“Felix Sturm aber war nie der große Liebling der Fans – und wird das wohl auch nie werden.

„Im Boxen sind nicht alle wie Henry Maske oder die Klitschkos.“

Präsident des

Bundes Deutscher Berufsboxe­r

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FOTO: VENNENBERN­D/DPA Der fünfmalige Weltmeiste­r Felix Sturm erhält an diesem Donnerstag das Urteil im Prozess wegen Steuerhint­erziehung.

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