Vom Glückspilz zum Verurteilten?
Im Prozess gegen Felix Sturm wegen Steuerhinterziehung wird das Urteil gesprochen. Dem Profiboxer drohen über drei Jahre Haft.
(sid) Lange Zeit war Felix Sturm der Glückspilz im deutschen Profiboxen. Der Leverkusener mit der feinen Technik kam nach Rückschlägen immer wieder auf die Beine, wurde fünf Mal Weltmeister und verdiente Millionen. Doch zum Karriereende droht das böse Erwachen. Im Prozess wegen Steuerhinterziehung wird an diesem Donnerstag in Köln das Urteil gesprochen, die Staatsanwaltschaft fordert eine lange Haftstrafe.
Thomas Pütz
„Für mich war er immer Felix der Glückliche. Nun bin ich gespannt, wie sein Fall ausgeht“, sagt Präsident Thomas Pütz vom Bund Deutscher Berufsboxer (BDB). Sturm ist schwer angezählt, laut Staatsanwaltschaft soll er drei Jahre und drei Monate hinter Gitter. Ein Horror für den eleganten Kämpfer aus dem Supermittelgewicht, auch wenn er die Strafe im offenen Vollzug abbüßen könnte.
Der Steuerschaden soll sich auf eine Million Euro belaufen, zunächst war die Staatsanwaltschaft sogar von 5,8 Millionen Euro ausgegangen. Sturms Anwalt Nils Kröber hatte die Summe heruntergesetzt, fordert maximal zwei Jahre auf Bewährung für den Mandanten. „Wir sind zuversichtlich“, sagt Kröber.
Mit Hilfe einer Schweizer Vermarktungsfirma soll Sturm Einnahmen vertuscht haben. Das Geld sollte laut Verträgen an die Agentur fließen, landete aber letztendlich nach Meinung der Staatsanwaltschaft
auf Sturms Konto. So habe der fünfmalige Weltmeister beim Finanzamt falsche Angaben über seine Einnahmen machen können.
Sturm war im April 2019 auf der Fitness-Messe Fibo spektakulär von Polizisten festgenommen worden. Er soll in der Zeit zwischen 2009 und 2017 Steuern hinterzogen haben, zudem wurde er wegen Körperverletzung und Dopings angeklagt. Nach acht Monaten in Untersuchungshaft kam Adnan Catic, wie Sturms bosnischer Geburtsname
lautet, zu Weihnachten gegen 300 000 Euro Kaution auf freien Fuß.
Sturm hatte vor Gericht argumentiert, dass er zurück in den Ring müsse. Nur mit den Einnahmen aus einem lukrativen Kampf gegen Ex-Champion Arthur Abraham könne er wieder Herr seiner Finanzen werden. „Wir hätten keine Einwände gegen so einen Kampf“, sagt Pütz, der die Lizenz vergibt: „Fraglich ist nur, ob die Zuschauer anbeißen und ob ein großer TV-Sender einsteigt.“
Neben der Steuersache liegt gegen Sturm auch eine Doping-Anklage vor. Er war nach dem Sieg im WM-Kampf gegen den Russen Fedor Schudinow in Oberhausen im Februar 2016 positiv auf die anabole Substanz Hydroxy-Stanozolol getestet worden. Allerdings kam es bei dem Verfahren zu Ungereimtheiten, der Weltverband WBA verzichtete darauf, ihm den Gürtel wegzunehmen. „Das ist ein Grenzfall. Wir gehen davon aus, dass der notwendige Nachweis für Doping nicht geführt werden kann“, sagt Anwalt Kröber und räumt dem angeblichen Präzedenzfall in Sachen Doping kaum Chancen ein. Anders als vor einem Verbandsgericht muss dem Athleten im Strafprozess klar nachgewiesen werden, dass er die Substanz willentlich zu sich genommen hat.
Dass der Prozess am Ende einen langen Schatten auf das eh schon angeschlagene deutsche Profiboxen werfen könnte, befürchtet Pütz nicht. „Im Boxen sind nicht alle wie Henry Maske oder die Klitschkos“, meint Pütz und bleibt zuversichtlich: „Es gibt verschiedene Charaktere. Graciano Rocchigiani stand auch mit dem Gesetz in Konflikt, trotzdem haben ihn die Menschen geliebt.“Felix Sturm aber war nie der große Liebling der Fans – und wird das wohl auch nie werden.
„Im Boxen sind nicht alle wie Henry Maske oder die Klitschkos.“
Präsident des
Bundes Deutscher Berufsboxer