Wie sich die Macher des Saarbrücker Kino Achteinhalb auf die Zeit nach Corona vorbereiten.
Die Saarbrücker Cineasten über die Situation ihres geschlossenen Kinos und darüber, wie es weitergehen könnte.
Seit 13. März ist das Saarbrücker Kino Achteinhalb wegen der Corona-Krise geschlossen. Was bedeutet das für die Kinomacher Ingrid Kraus, Waldemar Spallek, Gerd Meyer und Olga Dovydenko? Wir haben Kraus und Spallek gefragt.
Ganz platt gefragt – was war das für ein Gefühl, das Achteinhalb vorübergehend zu schließen?
SPALLEK Eine Kinoschließung verändert viel im Leben eines Kinomachers und Cineasten. Plötzlich ist jeder Abend frei, ohne die Möglichkeit, auch in anderen Kinos Filme zu sehen. Es fehlt das Erlebnis, der Kinogenuss, aber auch die Gespräche mit Zuschauerinnen und Zuschauern, zu denen wir im Achteinhalb oft persönliche Beziehungen pflegen. Dazu kommen die Gespräche mit Referentinnen, Referenten und Filmschaffenden, die bei uns als Gäste auftreten. Das ist für uns ein wichtiger Austausch, aber auch Inspiration und Bestätigung. Kein Streaming zuhause kann das ersetzen. Und je länger das Kino geschlossen bleibt, desto größer ist die Verunsicherung, wie die Zukunft unseres Kinos aussehen wird, mit Blick auf das Publikumsverhalten und die wirtschaftliche Stabilität.
Wie sind Sie konkret finanziell betroffen?
KRAUS Uns fehlen die Einnahmen vom Verkauf der Kinokarten, der Getränke und der Snacks. Aber es geht bei uns nicht nur um den regulären Kinobetrieb, sondern auch um die zahlreichen Sondervorführungen für Schulen und Betreuungseinrichtungen. Uns fehlen auch die Einnahmen durch die Kinovermietung an Privatpersonen, zum Beispiel Kindergeburtstage, und an diverse Institutionen und Vereine. Am größten sind jedoch die Verluste durch die fehlenden Kooperations-Veranstaltungen. Die kuratierten Filmreihen mit Referentinnen, Referenten und Gästen in Kooperation mit diversen Partnern wurden finanziell durch Stiftungen, die öffentliche Hand oder auch durch Privatsponsoren unterstützt. Dank der zusätzlichen Werbung durch die Partnerinnen und Partner wurden die Filmreihen sehr gut nachgefragt. Wir versuchen, so viele wie möglich von den geplanten Veranstaltungen auf den Herbst zu verschieben - dennoch können ja im Herbst nicht doppelt so viele Veranstaltungen wie bisher stattfinden.
Das Achteinhalb ist als gemeinnütziger Verein organisiert. Können Sie sich über den Verein weiterhin bezahlen?
SPALLEK Als gemeinnütziger Verein, der für die kulturelle Kinoarbeit institutionelle Förderung bekommt, sind wir nicht so stark betroffen von der Krise wie privat agierende Kulturveranstalterinnen und Kulturveranstalter. Wir müssen zwar circa 125 000 Euro im Jahre selbst erwirtschaften, aber durch die institutionelle Förderung können die Gehälter für die Festangestellten momentan weitergezahlt werden – noch. Wenn keine Filme gezeigt werden, bleiben auch die Kosten für Filmmieten und Filmlizenzen aus. Damit haben wir monatlich circa 3000 Euro weniger Ausgaben. Aber viele Sachkosten laufen noch weiter. Wir versuchen, durch Crowdfunding und Spenden Sachkosten wie Miete, Strom, Telefon, Geräteleasing oder Personalkosten für unsere Aushilfsvorführer aufzufangen. Das wird damit alleine nicht gelingen.
Was können Sie tun?
KRAUSWir sind in Verhandlungen mit den Vertretern des Landes über eventuelle Unterstützung. Die bestehenden Hilfsprogramme des Wirtschaftsministeriums für Unternehmen und Selbständige treffen auf uns nicht zu. Auch die Hilfsprogramme des Bundes sind auf Unternehmer und freie Künstler zugeschnitten. Gemeinnützige Vereine, die zwar institutionelle Förderung beziehen, dabei aber stark wirtschaftlich agieren müssen, um alle Sachkosten und Personalkosten zum Beispiel für die Aushilfskräfte zu finanzieren, sind in diesen Programmen nicht berücksichtigt. Die Rückmeldungen der anderen kommunalen Kinos, die nicht Teil der städtischen Verwaltung sind, bestätigen diese Förderlücke in den milliardenschweren Hilfsprogrammen.
Gibt es eine Versicherung, die einen solchen Fall zumindest teilweise abdeckt?
SPALLEK Nein, gegen solche Katastrophen wie Schließung durch Pandemie gibt es keine Versicherung. Die laufenden Versicherungen helfen in diesem Fall nichts.
Was wünschen Sie sich von der Politik?
KRAUS Eine unbürokratische Unterstützung. Wir vertrauen der Landesregierung, dass eine Lösung gefunden wird.
Was tun die Kinoverbände für die Filmtheater?
SPALLEK Die Kinoverbände informieren Ihre Mitglieder über bestehende Förderprogramme und Hilfsmöglichkeiten, was für private Kinos hilfreich ist. Aber kommunale Kinos, die in der Verantwortung der Kommunen und Länder stehen, müssen selbst vor Ort agieren.
Werden etliche Kinos diese Krise nicht überleben? Was hören Sie von den Kolleginnen und Kollegen anderer Häuser?
KRAUS Wir können keine Prognose wagen, weil wir die Finanzreserven der kommerziellen Kinos nicht abschätzen können. Darüber spricht man nicht. Die Kinos sind unterschiedlich organisiert, und auch eine Kinokette muss nicht unbedingt ein Kapital für schlechte Zeiten im Rücken haben. Oft entscheiden Faktoren wie Mietverhältnisse oder Verankerung und Beliebtheit bei der Bevölkerung über die Chance, nach der Krise zu überleben.
Kann man als Kinogänger in dieser Situation etwas Sinnvolles für die Kinos und für Ihr Kino tun?
SPALLEK Natürlich würden wir uns am meisten über Spenden direkt auf das Vereinskonto freuen – als gemeinnütziger Verein können wir jederzeit eine Spendenbescheinigung ausstellen. Dann gibt es auch die Möglichkeit direkt über die Crowdfunding-Plattform www.leetchi.com/c/helft-kino-achteinhalb Geld zu geben. Noch besser wäre, auf Dauer das Kino über eine Fördermitgliedschaft zu unterstützen. Ab 7,50 Euro monatlich ist man dabei, bekommt den ermäßigten Eintritt und das Programmheft nachhause geschickt. Über die Webseite des Kinos könnten auch Gutscheine für die vielen guten Filme, die wir in Zukunft zeigen, erworben werden. Damit unsere Zuschauer auch in der Zeit der Kinoschließung gute Filme im Internet schauen und dabei auch dem Kino helfen, arbeiten wir zusammen mit dem Streaming Anbieter Kino-On-Demand, www.kino-on-demand.com. Wenn man dabei unser Kino auswählt, bekommt man zuerst nach dem ersten Film und dann nach jedem fünften Film einen Fünf-Euro-Kinogutschein, den man nach der Wiedereröffnung bei uns einlösen kann. Sie bieten ein ganz gutes Filmangebot, viele der dort verfügbaren Filme sind schon mal bei uns gelaufen. Und: Wir freuen uns auf die Zeit danach, wenn wir unser Kino wiedereröffnen können und unser Publikum wohlauf begrüßen dürfen. Eigentlich hätten wir in diesem Monat unser 30-jähriges Jubiläum feiern wollen.
„Je länger das Kino geschlossen bleibt, desto größer ist die Verunsicherung.“
Waldemar Spallek
Kino Achteinhalb
Informationen zum Verein und zum Spendenkonto: www.kinoachteinhalb. de