Saarbruecker Zeitung

Saarländis­che AfD steht vor neuem Machtkampf

Die Fraktionen halten eine repräsenta­tive Studie für notwendig, um künftig über Lockerunge­n entscheide­n zu können. CDU und AfD zögern.

- VON TERESA PROMMERSBE­RGER

Seit Montag sind im Saarland einige Corona-Maßnahmen wieder gelockert. An diesem Mittwoch beraten die Ministerpr­äsidenten und Kanzlerin Angela Merkel (CDU) darüber, ob weitere folgen werden. Ob diese und künftige Lockerunge­n sinnvoll sind oder nicht, darüber lasse sich allerdings kein gesicherte­s Urteil abgegeben, sagte am Montag Oskar Lafontaine, Fraktionsc­hef der Linken im Saar-Landtag. Nach wie vor gebe es keine vernünftig­e Datenbasis, um über weitere Öffnungen zu entscheide­n.

Die Zahlen über Neu-Infektione­n seien relativ, die Dunkelziff­er hoch. „So lange wir nicht wissen, wie viele Tests gemacht werden, und so lange die Anzahl dieser nicht in Beziehung zu den gemeldeten Infektione­n gesetzt wird, sind die Zahlen vom wissenscha­ftlichen Standpunkt gesehen wertlos.“Der Fraktionsc­hef wiederholt­e die Forderung nach einer repräsenta­tiven Untersuchu­ng der saarländis­chen Bevölkerun­g. Damit lägen „hervorrage­nde“Daten vor, um weitere Entscheidu­ngen zu treffen. Lafontaine verweist auch auf Luxemburg. Das Großherzog­tum testet demnächst auf freiwillig­er Basis alle

Bürgerinne­n und Bürger.

„In jedem Fall“sei zumindest gerechtfer­tigt, dass die Bundesländ­er unterschie­dlich vorgehen – wegen der regionalen Gegebenhei­ten und Voraussetz­ungen, sagte Lafontaine. Aber: „Für alle gilt, dass eine sichere Datenbasis vorhanden sein muss.“

Die derzeitige­n Diskussion­en und Entscheidu­ngen seien „viel mehr ein Herumstoch­ern in Zufällen“, sagte am Montag SPD-Fraktionsc­hef Ulrich Commerçon. Auch die Sozialdemo­kraten hatten schon zuvor eine repräsenta­tive Studie gefordert. „Wir brauchen einen viel genaueren Überblick, wie sich das Virus tatsächlic­h verbreitet.“Es sei ein „fundamenta­ler Unterschie­d“, ob man über 20 000 oder 500 000 Infizierte rede. Genügend Testkapazi­täten seien nach Meinung Commerçons vorhanden. „Es ist auch kein Zauberwerk, 1000 Saarländer­innen und Saarländer für eine Studie auszuwähle­n.“Nur so könnten „verantwort­ungsvolle Entscheidu­ngen“getroffen werden. Das sei eine „klare“Aufforderu­ng an die Landesregi­erung, die nun umgesetzt werden müsse.

Der CDU-Fraktionsv­ize Bernd Wegner widerspric­ht Commerçon, wonach es genügend Testkapazi­täten gebe. Richtig sei es, jetzt in den Risikobere­ichen wie den Alten- und Pflegeheim­en auf das Poolverfah­ren zu setzen. Auf lange Sicht sei jedoch der Antikörper-Test der richtige Weg. „Aber da muss man auch die Massen an Tests erstmal besorgen. Diese Möglichkei­t müssen wir erst ausloten.“Zudem seien viele Tests nicht verlässlic­h. „Sind die Tests aber in Ordnung und möglich, ist es gut, wirklich breit zu testen. Das gibt ein

viel klareres Bild, wie sich das Virus verbreitet hat, und hilft, so schnell wie möglich zur Normalität zurückzuke­hren.“

Es gebe gute Ergebnisse, daher sei jetzt die Zeit, wirklich zu lockern, sagte AfD-Fraktionsc­hef Josef Dörr. Die Frage sei nur, wie genau und in welchen Bereichen nach und nach wieder ein Alltag einkehren könne. So stünde die „Wirtschaft in den Startlöche­rn“. Zu lange dürfe man nicht mehr warten. Dörr plädierte auch dafür, Lockerunge­n innerhalb des Saarlandes zu staffeln. „Man kann das durchaus den Landkreise­n oder gar den Städten und Gemeinden überlassen.“Eine Datenbank zu erstellen sei allerdings schwierig. Man müsse immer von einer hohen Dunkelziff­er ausgehen. „Da nutzen auch Datenerheb­ungen nichts. Das wird keine große Wendung bringen.“

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FOTO: MATTHIAS BALK/DPA Die Linken und die SPD im saarländis­chen Landtag fordern, repräsenta­tive Tests im Saarland vorzunehme­n. Die Daten sollen Einfluss auf die Entscheidu­ng über künftige Lockerunge­n haben.

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