Saarländische AfD steht vor neuem Machtkampf
Die Fraktionen halten eine repräsentative Studie für notwendig, um künftig über Lockerungen entscheiden zu können. CDU und AfD zögern.
Seit Montag sind im Saarland einige Corona-Maßnahmen wieder gelockert. An diesem Mittwoch beraten die Ministerpräsidenten und Kanzlerin Angela Merkel (CDU) darüber, ob weitere folgen werden. Ob diese und künftige Lockerungen sinnvoll sind oder nicht, darüber lasse sich allerdings kein gesichertes Urteil abgegeben, sagte am Montag Oskar Lafontaine, Fraktionschef der Linken im Saar-Landtag. Nach wie vor gebe es keine vernünftige Datenbasis, um über weitere Öffnungen zu entscheiden.
Die Zahlen über Neu-Infektionen seien relativ, die Dunkelziffer hoch. „So lange wir nicht wissen, wie viele Tests gemacht werden, und so lange die Anzahl dieser nicht in Beziehung zu den gemeldeten Infektionen gesetzt wird, sind die Zahlen vom wissenschaftlichen Standpunkt gesehen wertlos.“Der Fraktionschef wiederholte die Forderung nach einer repräsentativen Untersuchung der saarländischen Bevölkerung. Damit lägen „hervorragende“Daten vor, um weitere Entscheidungen zu treffen. Lafontaine verweist auch auf Luxemburg. Das Großherzogtum testet demnächst auf freiwilliger Basis alle
Bürgerinnen und Bürger.
„In jedem Fall“sei zumindest gerechtfertigt, dass die Bundesländer unterschiedlich vorgehen – wegen der regionalen Gegebenheiten und Voraussetzungen, sagte Lafontaine. Aber: „Für alle gilt, dass eine sichere Datenbasis vorhanden sein muss.“
Die derzeitigen Diskussionen und Entscheidungen seien „viel mehr ein Herumstochern in Zufällen“, sagte am Montag SPD-Fraktionschef Ulrich Commerçon. Auch die Sozialdemokraten hatten schon zuvor eine repräsentative Studie gefordert. „Wir brauchen einen viel genaueren Überblick, wie sich das Virus tatsächlich verbreitet.“Es sei ein „fundamentaler Unterschied“, ob man über 20 000 oder 500 000 Infizierte rede. Genügend Testkapazitäten seien nach Meinung Commerçons vorhanden. „Es ist auch kein Zauberwerk, 1000 Saarländerinnen und Saarländer für eine Studie auszuwählen.“Nur so könnten „verantwortungsvolle Entscheidungen“getroffen werden. Das sei eine „klare“Aufforderung an die Landesregierung, die nun umgesetzt werden müsse.
Der CDU-Fraktionsvize Bernd Wegner widerspricht Commerçon, wonach es genügend Testkapazitäten gebe. Richtig sei es, jetzt in den Risikobereichen wie den Alten- und Pflegeheimen auf das Poolverfahren zu setzen. Auf lange Sicht sei jedoch der Antikörper-Test der richtige Weg. „Aber da muss man auch die Massen an Tests erstmal besorgen. Diese Möglichkeit müssen wir erst ausloten.“Zudem seien viele Tests nicht verlässlich. „Sind die Tests aber in Ordnung und möglich, ist es gut, wirklich breit zu testen. Das gibt ein
viel klareres Bild, wie sich das Virus verbreitet hat, und hilft, so schnell wie möglich zur Normalität zurückzukehren.“
Es gebe gute Ergebnisse, daher sei jetzt die Zeit, wirklich zu lockern, sagte AfD-Fraktionschef Josef Dörr. Die Frage sei nur, wie genau und in welchen Bereichen nach und nach wieder ein Alltag einkehren könne. So stünde die „Wirtschaft in den Startlöchern“. Zu lange dürfe man nicht mehr warten. Dörr plädierte auch dafür, Lockerungen innerhalb des Saarlandes zu staffeln. „Man kann das durchaus den Landkreisen oder gar den Städten und Gemeinden überlassen.“Eine Datenbank zu erstellen sei allerdings schwierig. Man müsse immer von einer hohen Dunkelziffer ausgehen. „Da nutzen auch Datenerhebungen nichts. Das wird keine große Wendung bringen.“