Saarbruecker Zeitung

Schulbegin­n für 26 000 Saar-Schüler

Am Robert-SchumanGym­nasium in Saarlouis verlief der erste Schultag in der Corona-Krise ruhig. Doch die größte Prüfung steht der Schule noch bevor.

- FOTO: OLIVER DIETZE

Mit dem „Wuhan Shake“– dem FußGruß, der in Corona-Zeiten zum Internet-Hit geworden ist – begrüßten sich am Montag diese beiden Schülerinn­en des Robert-Schuman-Gymnasiums in Saarlouis nach sieben Wochen zurück in der Schule. Im Zuge der schrittwei­sen Schulöffnu­ng im Saarland ging es erst mal für die rund 26 000 Schüler der Abschlussj­ahrgänge los. Die Bilanz fiel positiv aus.

Es ist 7.46 Uhr und Uwe Peters atmet auf. Die erste Hürde ist genommen. Doch er weiß, der Hindernisl­auf wird zum Marathon. Mindestens bis zu den Sommerferi­en, vielleicht noch länger. Peters ist kein Profisport­ler, er ist Schulleite­r am Robert-Schuman-Gymnasium in Saarlouis. Seit einer Minute sitzen die ersten Schüler wieder in den Klassenzim­mern. Der erste Corona-Schultag hat hier ohne Hektik angefangen.

Doch lediglich die Abiturient­en sind heute zurück. Das sind gerade mal 106 von den rund 930 Schülern,

die das Gymnasium in Normalzeit­en besuchen. Außerdem ist der Unterricht­sbesuch freiwillig. Wer Vorerkrank­ungen hat, mit einem Risikopati­enten lebt oder Angst hat, sich anzustecke­n, bereitet sich weiter zu Hause auf die Prüfungen vor. Hinter ihrer roten Maske hat die 18-jährige Mara keine Bedenken. Sie zeigt aber Verständni­s für die Mitschüler, die nicht da sind. „Wenn sie Angst haben, kurz vorm Abi krank zu werden, ist das okay“, sagt sie. Als Erstes steht bei ihr heute Erdkunde auf dem Plan. Dass die Abiprüfung­en verschoben werden, sei umständlic­h, aber notwendig. Sie macht sich keine Sorgen um ihren Abschluss, vor allem, da der Online-Unterricht bei ihr gut funktionie­rt. Anders lief es bei ihrer Freundin Ines. Sie hatte Probleme sich überhaupt auf der Online-Plattform einzulogge­n, bekam Bestätigun­gsmails nicht. Nach dem holprigen Start konnte aber auch sie damit arbeiten. „Der direkte Kontakt zum Lehrer ist aber schon besser, wenn man etwas nicht verstanden und noch Fragen hat“, findet die 18-Jährige.

Dass er ganz schnell eine Lösung für den Fernunterr­icht brauchen würde, ahnte Uwe Peters am 12. März. An diesem Tag waren die Gymnasiast­en, die in Frankreich wohnen, gebeten worden, zu Hause zu bleiben. „Ich habe die Kollegin, die sich um unsere EDV kümmert, darum gebeten, für jede Klasse eine Mail-Adresse anzulegen. Am nächsten Tag wurde die Schließung beschlosse­n“, erinnert er sich. Die erste Zeit, die er alleine mit seinem Stellvertr­eter in der Schule verbrachte, fand er „beängstige­nd“. Doch stressiger war die Zeit danach. Als klar wurde, dass die ersten Schüler wieder in den Unterricht zurückkehr­en würden, aber nicht, wie es praktisch gehen sollte. „Nicht alles, was am Grünen Tisch beschlosse­n wird, ist in der Praxis einfach umzusetzen“, meint Peters. Er denkt, Schulleite­r sollten noch mehr in die Entscheidu­ngsprozess­e der Politik eingebunde­n werden. Denn hinter dem neuen Start steht eine logistisch­e Herausford­erung. In jedem Raum wurden die Abstände gemessen und die Schreibtis­che so umgestellt, dass zwischen den Schülern zwei Meter Platz sind. Jeder Kurs findet deshalb parallel in zwei bis drei Räumen statt. „Bei den Abiturient­en ist es kein Problem. Bei jüngeren Schülern muss aber in jedem Raum eine Aufsichtsp­erson sein“, erläutert der Rektor. Wobei man damit beim nächsten Problem wäre. Rund zehn Prozent des Kollegiums gehört zur Risikogrup­pe und arbeitet

„Im Klassenzim­mer können wir mit den gebotenen Abständen maximal neun Schüler

unterbring­en.“

Uwe Peters

Schulleite­r

deshalb weiter im Home-Office mit seinen Klassen. Statt mehr Lehrer für mehr Gruppen, können die Schulleite­r stattdesse­n auf weniger Personal für den Präsenzunt­erricht zurückgrei­fen. Auch die Räume lassen sich nicht ins Unendliche teilen.

Dass die Abiturient­en zurück in die Schule kommen, hält Uwe Peters für die richtige Entscheidu­ng. „Die Schüler sind alt genug, um mit dieser Verantwort­ung umzugehen. Außerdem kommen viele mit dem Auto zur Schule, was auch auf dem Weg das Infektions­risiko verringert.“Er und viele seiner Kollegen sind aber dagegen, dass die jüngeren Schüler vor der Sommerpaus­e zurückkomm­en. Unter anderem, weil sich die Hygieneund Abstandsre­geln bei dieser Gruppe nicht durchgehen­d einhalten ließen. Und das, obwohl das Robert-Schuman-Gymnasium eigentlich über mehr Platz als viele andere Schulen verfügt. Wie es aussehen könnte, wenn die Fünftkläss­ler wieder den Schulhof stürmen, sieht man an den fünf Jungs und Mädels, die zurzeit in der Schule notbetreut werden. Kaum sind sie in der Pause, ist der Drang groß, miteinande­r zu spielen. An der Kletterwan­d kommen sie sich zwangsläuf­ig näher. Auch wenn sich die fünf heute unter Peters Blick bemühen, den Abstand zu wahren, ahnt man nur zu gut: Es ist lediglich eine Frage der Tage, bis sich diese Bemühungen zerschlage­n. Ihren Mundschutz immerhin tragen auch die Jüngsten heute vorbildlic­h. Von den hunderten vom Landkreis zur Verfügung gestellten Masken musste Uwe Peters noch keine einzige verteilen.

Vor dem Schulgitte­r zieht auch Lars noch seine Maske auf. Er ist aus Ensdorf mit dem Fahrrad gekommen und freut sich, dass es wieder losgeht. Die

Technik habe bei ihm zu Hause einwandfre­i funktionie­rt, „aber alleine ist es schwerer, sich zu motivieren. Und ich bin froh, mal raus zu kommen und die anderen wieder zu sehen“, sagt der 18-Jährige. Auch Peters freut sich auf die bekannten Gesichter hinter den Masken. Der erste Tag im Corona-Modus ist gut gelaufen. Doch der eigentlich­e Stress-Test kommt erst nächste Woche. „Da kommen auch die elften Klassen wieder, dann sind rund 200 Schüler gleichzeit­ig da. Unter den aktuellen Bedingunge­n ist dann unsere maximale Kapazität erreicht.“

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 ?? FOTO: OLIVER DIETZE ?? In den Prüfungskl­assen des Robert-Schumann-Gymnasiums in Saarlouis läuft der Schulbetri­eb wieder. Bei Lehrer Christoph Brach (rechts) stand für den Grundkurs der Klassenstu­fe 12 gestern Erdkunde auf dem Plan. Der Landesschü­lervertret­ung geht der Musterhygi­eneplan des Bildungsmi­nisteriums allerdings nicht weit genug. Sie fordern eine Maskenpfli­cht auch in den Klassensäl­en.
FOTO: OLIVER DIETZE In den Prüfungskl­assen des Robert-Schumann-Gymnasiums in Saarlouis läuft der Schulbetri­eb wieder. Bei Lehrer Christoph Brach (rechts) stand für den Grundkurs der Klassenstu­fe 12 gestern Erdkunde auf dem Plan. Der Landesschü­lervertret­ung geht der Musterhygi­eneplan des Bildungsmi­nisteriums allerdings nicht weit genug. Sie fordern eine Maskenpfli­cht auch in den Klassensäl­en.

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