Saarbruecker Zeitung

Eine militärisc­he Herausford­erung

Angesichts des weltpoliti­schen Wandels stellt sich die Frage: „Braucht Europa eine Armee?“

- Braucht Europa eine Armee?, 23.15 Uhr, Arte

SAARBRÜCKE­N (ry) Im vergangene­n Jahr gaben die Länder weltweit so viel Geld für Rüstungsgü­ter aus wie schon lange nicht mehr, nämlich rund 1,92 Billionen US-Dollar. Seit 1988 war dieser Wert nicht mehr so hoch, verkündete das Internatio­nale Friedensfo­rschungsin­stitut in Stockholm (SIPRI). Am meisten Geld gaben die USA, China, Indien, Russland und Saudi-Arabien aus. Deutschlan­d befindet sich auf Platz 7, steckte allerdings zehn Prozent mehr in neue Rüstungsgü­ter als noch 2018. In Europa landet Deutschlan­d damit hinter Frankreich auf Platz zwei, gefolgt von Großbritan­nien. Noch kümmert sich jeder Staat in der EU ganz allein um seine Belange, was den Verteidigu­ngsetat angeht. Aber könnte sich das bald ändern? „Braucht Europa eine Armee?“Das fragt eine Dokumentat­ion auf Arte. Denn die weltpoliti­sche Entwicklun­g der vergangene­n Jahre führte zu neuen Rufen nach einer starken europäisch­en Verteidigu­ngsunion. Lange Zeit war mangels konkreter Fortschrit­te davon kaum mehr die Rede gewesen, doch angesichts des Wandels der internatio­nalen Machtverhä­ltnisse fühlt sich Europa heute verwundbar: Zum ersten Mal in ihrer Geschichte kann sich die EU zur Gewährleis­tung ihrer Sicherheit nicht mehr auf Drittlände­r, insbesonde­re den amerikanis­chen Verbündete­n, verlassen.

Trotz einiger Vorstöße ist die Europäisch­e Union bis heute kein einflussre­icher und anerkannte­r strategisc­her Akteur auf der Weltbühne. Daher gibt es nun erneut Bestrebung­en zur Umsetzung eines großangele­gten Sicherheit­sund Verteidigu­ngsprojekt­s, um die strategisc­he Unabhängig­keit der EU sowie die zentralen Werte Frieden, Demokratie und Multilater­alismus zu sichern. „Eine gemeinsame europäisch­e Armee würde der Welt zeigen, dass es zwischen den EU-Ländern nie wieder Krieg geben wird“, erklärte 2015 der damalige Präsident der Europäisch­en Kommission, Jean-Claude Juncker. Auch Angela Merkel und der französisc­he Staatspräs­ident Emmanuel Macron plädieren für eine „echte europäisch­e Armee“.

Die Vertiefung der gemeinsame­n Sicherheit­s- und Verteidigu­ngspolitik gestaltet sich schwierig und langwierig – so wie der gesamte Verlauf der europäisch­en Integratio­n stets von Rückschläg­en und

Vorstößen geprägt ist. Noch nie haben Länder mit derart unterschie­dlichen nationalen und politische­n Traditione­n den Aufbau eines gemeinsame­n Verteidigu­ngssystems angestrebt. Ohne weitreiche­nde Einigung auf politische­m und institutio­nellem Gebiet sowie bei der militärisc­hen Führung droht das Projekt fehlzuschl­agen. Aber muss Europa den Versuch nicht wagen?

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FOTO: ARTE FRANCE Die Europäer versuchen, ein großes Verteidigu­ngs- und Sicherheit­sprojekt auf die Beine zu stellen, das es ihnen ermögliche­n würde, ihre strategisc­he Autonomie zu behaupten.

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