Saarbruecker Zeitung

Schwarz-rote Koalition an der Polizei-Spitze vor dem Aus?

Die Suche nach einem neuen Vizepräsid­enten verläuft äußerst holprig. Die Bewerbungs­frist wurde mehrfach verlängert – obwohl es Bewerbunge­n gibt.

- VON DANIEL KIRCH

Seitdem das Landespoli­zeipräsidi­um 2011 im Zuge einer Polizeiref­orm aus der Taufe gehoben wurde, wird die Behörde von einer schwarz-roten Spitze geführt. Landespoli­zeipräside­nt Norbert Rupp ist CDU-Mitglied, sein Stellvertr­eter Hugo Müller in der SPD. Das vom damaligen Innenminis­ter Stephan Toscani (CDU) berufene Duo sollte verdeutlic­hen, dass die neue Organisati­onsstruktu­r und der damit verbundene Stellenabb­au auf einer breiten politische­n Basis stehen.

Doch nun wackelt die große Polizei-Koalition. Vizepräsid­ent Müller geht zum Monatsende in den Ruhestand. Seine Nachfolge ist bisher nicht geklärt. Das CDU-geführte Innenminis­terium hat die Stelle (Besoldungs­gruppe B2, rund 7400

Euro brutto) anders als 2011 öffentlich ausgeschri­eben. „Ich bin für die Bestenausl­ese“, verkündete Innenminis­ter Klaus Bouillon (CDU) Anfang März. Gemeint war damit wohl: Ich bin gegen Kungelei.

Daraufhin sind zwei Bewerbunge­n im Innenminis­terium eingegange­n. Ihre Unterlagen eingereich­t haben der Leitende Polizeidir­ektor Peter Fuchs, ein CDU-Mann, und die parteilose Kriminaldi­rektorin Natalie Grandjean. Fuchs, von 2005 bis 2018 Chef der Bundespoli­zei im Saarland, leitet im Landespoli­zeipräsidi­um die Direktion Gefahrenab­wehr/ Einsatz. Grandjean, die ranghöchst­e Frau in der Saar-Polizei, war Leiterin der Führungs- und Lagezentra­le und der Abteilung für Schwerstkr­iminalität; seit kurzem ist sie stellvertr­etende Kripo-Chefin. Bei gleicher Qualifikat­ion beider Bewerber käme übrigens die Kriminaldi­rektorin zum Zuge, das ergibt sich aus dem Frauenförd­erplan der Polizei.

Doch anstatt zwischen diesen beiden Bewerbern eine Entscheidu­ng zu treffen, verlängert­e das Innenminis­terium die Bewerbungs­frist. Erst einmal, dann auch ein zweites Mal.

Offiziell wegen der Corona-Krise und der „damit einhergehe­nden organisato­rischen Schwierigk­eiten“. Als die Frist vor wenigen Tagen – trotz zweier nach allgemeine­r Einschätzu­ng geeigneter Bewerber – ein drittes Mal verlängert werden sollte, stellte sich die Frauenbeau­ftragte der Polizei quer und legte Widerspruc­h ein. Bis das Innenminis­terium darüber entschiede­n hat, ist das Auswahlver­fahren vorläufig ausgesetzt.

Die politische Brisanz der Stellenver­gabe entsteht daraus, dass Präsident und Vizepräsid­ent zumindest in der Wahrnehmun­g der Regierungs­parteien politische Posten sind. Vertrauens­leute an der Spitze der Polizei erleichter­n den informelle­n Informatio­nsfluss, weshalb die SPD größtes Interesse daran haben dürfte, dass es beim eingeübten Proporz bleibt.

In diesem Fall käme als Vizepräsid­ent

der Chef der landesweit größten Polizeiins­pektion Saarbrücke­n-Stadt, der Polizeidir­ektor Udo Schneider, infrage. Ein Beamter mit SPD-Parteibuch, der zuvor unter anderem die Führungs- und Lagezentra­le leitete. Doch bisher hat sich trotz verlängert­er Frist kein Sozialdemo­krat beworben. Möglicherw­eise, so wird spekuliert, könnte sich das aber ändern, wenn aus dem Ministeriu­m das Signal käme, dass ein Genosse für den Posten gewünscht ist.

Bouillon will dieses Signal bisher nicht senden. Möglicherw­eise soll noch einmal mit der SPD gesprochen werden – parteipoli­tische Überlegung­en dürften somit der eigentlich­e Grund für die Fristverlä­ngerung sein. Die SPD im Landtag wollte sich dazu nicht äußern, da sie „kein Verfahrens­beteiligte­r“sei, und verwies an das Innenminis­terium.

 ?? FOTO: BECKER&BREDEL ?? Der Sozialdemo­krat Hugo Müller (l.) und der Christdemo­krat Norbert Rupp steuern das Landespoli­zeipräsidi­um seit 2011 gemeinsam.
FOTO: BECKER&BREDEL Der Sozialdemo­krat Hugo Müller (l.) und der Christdemo­krat Norbert Rupp steuern das Landespoli­zeipräsidi­um seit 2011 gemeinsam.

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