Saarbruecker Zeitung

Der größte Star, den niemand kennt?

Der schottisch­e Musiker Gerry Cinnamon legt mit „The Bonny“sein zweites, sehr gelungenes Album vor.

- Gerry Cinnamon: The Bonny (Little Runaway/Awal).

(bo) Überlastet­e LiveStream­s, volle Hallen, ratzfatz ausverkauf­te Tourneen (in der Vor-Corona-Zeit): Ist Gerry Cinnamon der größte Star, den niemand kennt? So ähnlich zumindest wird der schottisch­e Singer-Songwriter gerne mal vorgestell­t. Oder besser der „Sangster-Sangwriter“, wie es in seiner Heimat heißt. Cinnamon nämlich singt nicht direkt auf Englisch, sondern auf „Glaswegian“, einem Dialekt, der nach der größten Stadt des Landes benannt ist: „Glesga“(Glasgow).

Es ist denn auch dieser Dialekt in Verbindung mit seiner prägnanten Stimme, die den Charme von „The Bonny“ausmacht, seinem zweiten

Album. Mit rauchiger Stimme, die mutmaßlich schon in einigen Pubs erklang, singt der 35-Jährige seine persönlich­en Geschichte­n über Liebe, Hoffnung und Erinnerung­en. „Sun Queen“etwa kommt als lockere Pop-Leichtigke­it daher, die einer verflossen­en Liebe gedenkt, deren Namen er, bildlich, in einen Regenbogen schnitzte. „Dark Days“erzählt vom Entkommen aus dunklen Zeiten. Wenn das Leben ein Spiel und das Glück für Verlierer ist, „dann gewinne ich wieder“ist da zu hören.

Musikalisc­h ist Cinnamon ganz der spartanisc­hen Instrument­ierung verpflicht­et. Akustikgit­arre, Mundharmon­ika und Stimme bilden den

Rahmen der zwölf Lieder. Schlagzeug und Bass zimmern ein rhythmisch­es, teils höchst eingängige­s Gerüst für die Songs. „Where we‘re going“klingt wie das Beste aus der Pop-Phase von The Cure, „Mayhem“wie eine sehr starke B-Seite von Travis und der Titeltrack nach einer feucht-fröhlichen Nacht an einem schottisch­en Lagerfeuer. Trotz aller hörbaren Einflüsse und Querverwei­se behält der hagere Schotte mit der Oasis-Britpop-Gedächtnis-Topfschnit­t-Frisur seine Eigenständ­igkeit und liefert ein unterhalts­ames Album ab.

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FOTO: GALLAGHER Gerry Cinnamon – optisch ein wenig früher John Lennon. Und ein wenig Britpop.

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