Saarbruecker Zeitung

Abschlussp­rüfungen machen Schülern mehr Angst als Corona

Wie erlebten Schüler den ersten Schultag nach siebenwöch­iger Corona-Zwangspaus­e? Wir haben uns an Saarbrücke­r Gymnasien umgehört.

- VON ALINE PABST

Die erste große Pause am Günther-Wöhe-Gymnasium bedeutet für Lara* (18) und Maria* (19) (Namen geändert) einen fliegenden Wechsel. Maria ist gerade erst gekommen, während Lara schon wieder geht. „Wir haben jetzt versetzt Unterricht­sbeginn“, sagt sie – normalerwe­ise besuchen beide dieselbe Klasse.

Der erste Tag war für Lara „eigentlich ganz okay.“Nur sechs Schüler seien es in ihrer Klasse gewesen, der Abstand sei deshalb problemlos eingehalte­n worden. Mit Masken? Sie verneint, im Klassenzim­mer gebe es keine Pflicht. Normalerwe­ise hätten die beiden Zwölftkläs­slerinnen in diesen Wochen vor den Abiturprüf­ungen frei, um sich selbststän­dig vorbereite­n zu können. Der eineinhalb­stündige tägliche Unterricht soll den Ausfall in der Zeit davor ausgleiche­n und ist freiwillig. „Eigentlich blöd. Das lohnt sich kaum“, findet Maria. Trotzdem ist sie da, weil sie Angst vorm Abi hat – auch wenn die ganze Situation sie „noch nervöser“mache. Das Durchschni­ttsabitur mit der Möglichkei­t, sich durch eine freiwillig­e Prüfung noch zu verbessern, hätte sie besser gefunden.

Nur wenige hundert Meter weiter, am Ludwigsgym­nasium, haben Peter* (19) und Aylin* (16) (Namen geändert) auch schon wieder frei. „Das hat sich nicht angefühlt wie Unterricht“, berichtet Aylin. „Ich war richtig schockiert.“Peter ergänzt: „Es war auch eigentlich unnötig. Wir hatten jetzt gerade mal 45 Minuten. Einen Text haben wir gelesen, das war’s.“Am Mittwoch und am Freitag haben sie jeweils drei Stunden – am Dienstag und Donnerstag sei frei.

Beide fürchten sich vor den Prüfungen zum mittleren Bildungsab­schluss. Während der letzten Wochen sei es kaum möglich gewesen zu lernen. Einerseits, weil die Krise es so schwer mache, sich überhaupt zu konzentrie­ren. Anderersei­ts wegen des Homeschool­ings, das nicht so gut geklappt habe. „In Mathe mussten wir uns ein komplett neues Thema selbst beibringen“, erzählt Aylin empört. Es sei auch immer noch nicht klar, wie umfangreic­h die Prüfungen letztendli­ch werden. „Wir Schüler haben so viel Druck und Arbeit abbekommen, da fühlt man sich nicht wirklich verstanden.“Ein weiteres Aufregerth­ema: die Kontaktspe­rre, die weiterhin Bestand hat. Die Schule ist offen, sich danach mit Freunden zu treffen verboten.

„So was von unfair“, findet Peter.

Zwei Stunden später ist am Gymnasium am Schloss auch der Unterricht von Sophie* (18) und Fritz* (18) (Namen geändert) beendet. Sophie hatte immerhin vier Schulstund­en, Fritz zwei. „Deutsch hatten wir in der Turnhalle“, sagt Sophie, „das war blöd wegen der Akustik. Hinten hat man kaum etwas verstanden, weil es so gehallt hat.“Der Rest habe aber gut funktionie­rt. Da bisher nur die Abschlussk­lassen da seien, habe „eine entspannte Atmosphäre“geherrscht, sagt Fritz.

„Der Abschlussj­ahrgang 2020 wird auf jeden Fall ein besonderer sein“, sagt Sophie. Ob ihr Abitur später möglicherw­eise weniger wert sein könnte, wisse sie nicht. Vielleicht werde man es ihnen ja positiv auslegen, dass sie sich politisch engagiert hätten mit der Petition für das Durchschni­ttsabi.

Ist es nicht gefährlich, jetzt wieder in die Schule zu gehen? Fritz hat keine Angst vor einer Ansteckung. „Die Abiturvorb­ereitung ist halt auch wichtig genug, um das Risiko einzugehen.“Sophie ist nicht so entspannt – einige ihrer Familienmi­tglieder gehören zu Risikogrup­pen. Die Angst vor den Abiturprüf­ungen treibt sie dennoch in die Schule.

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