Saarbruecker Zeitung

Erzähler sehnt sich nach dem Orient

Jetzt unerreichb­are Weltgegend inspiriert Harald Klein. Corona verhindert, dass er sein neues Werk vorstellen kann.

- VON FRANK BREDEL

Wegen der Corona-Krise werden momentan sämtliche Veranstalt­ungen abgesagt. So auch die Premierenl­esung des neuesten Buches von Harald Klein, das im Rahmen der Lese-Aktion „erLesen 2020“des deutschen Buchhandel­s präsentier­t werden sollte. Zusätzlich wurden für Klein weitere Lesungen gestrichen. Die Buchmesse Saar im Juni, auf der der Schriftste­ller mit einem Stand und zwei Lesungen vertreten gewesen wäre, entfällt außerdem. „Ich habe 200 Bücher zu Hause liegen, die für die Buchvorste­llungen gedacht waren. Jetzt liegt mein neuestes Buch ,König der vier

Harald Klein

Weltgegend­en’ unberührt in meinem Büro. Das finde ich sehr schade“, sagt der Schriftste­ller und Archäologe.

Schon als Kind interessie­rte sich Klein für Menschen und ihre Geschichte­n. Erzählt wurden sie meist seiner Mutter, und er spitzte schon in jungen Jahren die Ohren. Mit zehn Jahren erwachte sein Interesse am Schreiben. „Ich hatte einen großartige­n Deutschleh­rer. Wir lasen eine Geschichte und sollten etwas ,in der Art’ selbst schreiben. Ich hatte die beste Note in der Klasse und habe die Geschichte noch heute bei meinen Unterlagen“, sagt Klein erfreut über das Erstlingsw­erk. Ende der 1970er-Jahre begann er ein Studium für Vorderasia­tische Archäologi­e auf der Saar-Uni, wo er Jahre später Dozent wurde. „Meine Frau lernte ich bereits mit 16 Jahren auf dem Internat in Ottweiler kennen. Das ist ein Grund, warum ich im Saarland studieren wollte und auch hier blieb“, erzählt der Schriftste­ller zufrieden.

Schnell merkte Klein während des Studiums, dass der Orient besonders interessan­t ist. Im zweiten Semester reiste er in die syrische Wüste nach Halawas, wo er drei Monate blieb. „Wir reisten knapp 5000 Kilometer von Deutschlan­d durch Österreich, dann durch das ehemalige Jugoslawie­n, Bulgarien und die Türkei bis nach Syrien. Spannend war, als wir in der Türkei ankamen“, sagt der 66-Jährige.

Lebhafte Erinnerung­en hat er an die Türkei: „Die Sonne ging auf, bunte Stoffe, die laute Musik, gigantisch­e Moscheen, die freundlich­en Menschen.“Selbst ein Bürgermeis­ter habe sie in einer Stadt in der Türkei persönlich begrüßt, weil es etwas Besonderes war, Deutsche kennenzule­rnen.

Aber auch die Anreise sei ein Abenteuer gewesen. „An jeder Grenze wurde unser Auto auseinande­rgenommen. Da lief alles über Bestechung“, sagt Klein lachend. „Bab el hawa“heißt „Das Tor des Windes“und ist der Name des Grenzüberg­angs von der Türkei nach Syrien. Harald Klein erzählt: „Damals gab

„Meine Leidenscha­ft ist der Orient, und er wird

es immer bleiben.“

Schriftste­ller und Archäologe

es erst mal einen Tee für alle, bevor wir zirka zwei Stunden ausgefragt wurden, was wir in Syrien machen möchten. Alle waren freundlich, und genauso habe ich die Syrer auch die ganzen Jahre empfunden.“Die Bücher von Klein handeln von den Erlebnisse­n in Syrien während der Arbeiten und Ausgrabung­en. Und sie flechten die fiktive Geschichte zweier Freunde ein. Das Ergebnis ist eine spannende Romanreihe über Erlebnisse, die Kleins Leben prägten. Doch jetzt liegt alles auf Eis – nur wegen der Corona-Krise. „Ich hoffe, dass wir bald ein Ende in Sicht haben und es für uns Schriftste­ller wieder bergauf geht“, sagt Klein. In seiner Freizeit unterricht­et er Kinder aus syrischen Familien. Auch ein Kinderbuch hat er geschriebe­n. Dieses sei für Leseanfäng­er oder Personen, die Deutsch lernen möchten

Durch seine Erlebnisse und seine

Arbeit kann Klein sieben Sprachen lesen, verstehen oder sprechen. Seit 2010 und dem Kriegsbegi­nn sei er nicht mehr in Syrien gewesen. „Meine Leidenscha­ft ist der Orient, und er wird es auch immer bleiben. Ich hoffe, dass ich irgendwann erneut auf Reisen gehen kann“, sagt Klein. Und solange leben seine Erinnerung­en in seinen Büchern. Er brennt darauf, sie der Öffentlich­keit vorstellen zu können.

 ?? FOTO: BECKER&BREDEL ?? Der Schriftste­ller und Archäologe Harald Klein in seinem Beduinen-Raum in Quierschie­d.
FOTO: BECKER&BREDEL Der Schriftste­ller und Archäologe Harald Klein in seinem Beduinen-Raum in Quierschie­d.

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