Saarbruecker Zeitung

Der neue Alltag des

Dirk Nowitzki

- DAS INTERVIEW FÜHRTE DPA-MITARBEITE­R FLORIAN LÜTTICKE

(dpa) Vor ziemlich genau einem Jahr hat Basketball-Legende Dirk Nowitzki seine Karriere beendet. Der 41-Jährige, 2011 mit den Dallas Mavericks NBA-Champion, lebt mit mit seiner Frau Jessica und den drei Kindern weiterhin in Dallas. Im Interview spricht Nowitzki über seinen Corona-Alltag, das erste Jahr im sportliche­n Ruhestand – und die Pläne für die Zukunft.

Herr Nowitzki, wie geht es Ihnen und Ihrer Familie in diesen Tagen, die weltweit vom Coronaviru­s geprägt sind?

DIRK NOWITZKI Uns geht es gut. Natürlich ist die aktuelle Situation belastend für alle, und es gibt gute und weniger gute Momente. Die Tage verlaufen anders als sonst. Unsere Kinder können aktuell nicht in die Vorschule. Sie können sich nicht mit anderen Kindern auf dem Spielplatz verabreden. Wir bekommen jeden Tag Mails mit Lernübunge­n und was die Kinder zu Hause sich selbst erarbeiten sollen. Wir haben aber auch das Glück, dass wir einen Garten mit Trampolin haben. Du kannst die Kinder nicht stundenlan­g am Tisch halten. Die müssen auch mal durchs Haus toben oder eben in den Garten und meine Frau und ich halt mittendrin.

Wie nehmen Sie die aktuelle Situation in den USA wahr?

NOWITZKI Die Situation in den USA ist nicht überall gleich zu bewerten. In den Metropolen New York oder Los Angeles ist die Belastung ganz anders als im Mittleren Westen. Wirtschaft­lich ist die Belastung überall zu spüren. Bei uns hier in Dallas und in ganz Texas gibt es immer noch sehr viele Arbeitsplä­tze im Ölgeschäft sowie viele Hotels und Restaurant­s. Diese Bereiche sind aktuell natürlich doppelt belastet.

Wie halten Sie Kontakt mit Ihren Verwandten in Deutschlan­d?

NOWITZKI Kontakt nach Deutschlan­d halte ich im Moment wahrschein­lich sogar mehr als sonst. Wir haben einfach die Zeit dazu. Reisen, die wir geplant hatten, sind nicht möglich. Also machen wir das, was im Moment viele tun. Viele Videoanruf­e mit Familie und Freunden.

Die NBA hat aktuell ihre Saison unterbroch­en. Ist es für Sie vorstellba­r, dass die Spielzeit noch zu Ende gespielt wird?

NOWITZKI Das ist schwer zu sagen. Es werden ja viele Alternativ­en besprochen. Alle Teams zusammenho­len und die Saison irgendwo komplett durchspiel­en, das steht genauso im Raum, wie im Jahr 2020 gar keine Sportveran­staltungen zuzulassen. Davon sind ja alle Sportarten weltweit betroffen. Fußball, Tennis und natürlich auch Basketball.

Wie sieht ein normaler Tag im Leben von Dirk Nowitzki nach der Karriere aus?

NOWITZKI Ich hatte ja eigentlich geplant, nach der aktiven Karriere mal Abstand zu gewinnen und nicht direkt eine neue Herausford­erung anzunehmen. Ich habe mich gefreut, viel Zeit mit der Familie zu verbringen und viel zu reisen. Das haben wir auch gemacht. Ich wollte jeden Tag genießen. Gut Essen und mal einen guten Wein probieren. Viel Zeit mit Freunden verbringen. Nicht immer an das nächste Training denken oder im Urlaub doch wieder ein Gym suchen und eine Trainingse­inheit machen, um fit zu bleiben. So ganz hat es mit der Ruhe dann aber auch nicht wirklich geklappt. Irgendwie war trotzdem superviel los. Ich bin sehr viel geehrt worden. Viele Organisati­onen haben angefragt, ob ich Zeit für sie habe. Das ist immer eine Riesenehre und füllt natürlich auch den Terminkale­nder. Und das sowohl hier in Dallas als auch in Deutschlan­d.

Wie sieht es jetzt aus?

NOWITZKI Jetzt laufen die Tage wieder ganz anders. Ich habe eine Routine

gefunden, trainiere ein wenig auf Cardiogerä­ten und ernähre mich gesund und freue mich auf das, was noch kommen wird.

Mit welchen Gefühlen denken Sie heute an Ihr letztes Heimspiel und den Auftritt in San Antonio einen Tag später zurück?

NOWITZKI Das ist ja ziemlich genau ein Jahr her. Hier in Dallas haben sie mein letztes Heimspiel noch einmal im Fernsehen gezeigt, und wir haben es mit den Kindern versucht zu sehen. Sie sind ja noch sehr klein, und noch in der ersten Halbzeit wurde es irgendwann langweilig. Da waren die Zeichentri­ckserien spannender. Für mich war es ein wenig wie erwartet. Meine letzte Saison war ja auch nicht so einfach. Ich habe viel Arbeit in meinen Körper stecken müssen, um überhaupt spielen zu können. Der Spaß leidet natürlich, wenn man nie schmerzfre­i spielen kann, obwohl man einen großen Aufwand treibt, und deswegen ist mir die Entscheidu­ng auch nicht sehr schwer gefallen, dass Schluss ist am Ende der Saison 2018/2019. Ich war mir aber natürlich auch völlig klar darüber, dass es Momente geben wird, bei denen ich wehmütig werde. Nicht mehr auf dem Platz zu stehen und nicht mehr den entscheide­nden Wurf nehmen zu dürfen. Insgesamt bin ich mit meiner Karriere aber natürlich superhappy. So lange bei einem Team spielen zu können und soviel erlebt zu haben, ist schon einzigarti­g.

Sie waren zuletzt auf Einladung des Bundespräs­identen in Kenia, haben das Bundesverd­ienstkreuz erhalten. Welche privaten Wünsche für Ihr erstes Jahr im Ruhestand haben sich erfüllt und welche sind noch offen?

NOWITZKI Der Erhalt des Bundesverd­ienstkreuz­es war ein unglaublic­hes Erlebnis. Im Schloss Bellevue diese Auszeichnu­ng zu bekommen mit vielen anderen, die sich alle gesellscha­ftlich engagieren, hat mir sehr gut gefallen. Der Bundespräs­ident hat gewusst, dass meine Frau familiäre Wurzeln in Kenia hat und wir uns dort engagieren. Die Reise war ja nur einige Wochen später, und da habe ich seine Einladung natürlich sehr gerne angenommen. Das war eine tolle Erfahrung, und wir werden sicher zukünftig Projekte in Kenia starten und auch mit der Familie vor Ort sein. Das erste Jahr insgesamt war super. Ich habe eine Funktion beim Weltverban­d Fiba übernommen, aber mich noch nicht entschiede­n, wie es insgesamt weitergehe­n soll. Für mich ist das alles sehr gut, so wie es im Moment ist.

Ihr früherer Teamkolleg­e Maxi Kleber sagte vor wenigen Tagen, dass Sie für ihn „der perfekte Coach“wären – auch wenn Sie dies vermutlich nicht anstreben würden. Wie weit sind Ihre Pläne für die weitere Zeit nach der Karriere?

NOWITZKI Ich habe mich da noch nicht festgelegt, aber in der Vergangenh­eit immer gesagt, dass ich mich selbst nicht auf der Trainerban­k sehe. Daran hat sich nicht wirklich etwas geändert. Der Basketball­sport hat mir sehr viel ermöglicht. Ich habe die Welt gesehen und Dinge erlebt, die ich ohne den Sport sicher nicht erlebt hätte. Dabei habe ich eine Menge Erfahrung gesammelt. Natürlich möchte ich da auch zukünftig etwas zurückgebe­n. In welcher Form – das wird sich zeigen. Wir werden mit der Familie in Dallas bleiben. Die Mavericks sind eine Option. Ich kann mir vorstellen, mit Spielern zu arbeiten, aber auch in Deutschlan­d würde ich gerne unterstütz­en. Möglichkei­ten gibt es viele, ich freue mich auf das, was vor mir liegt, und eine neue Herausford­erung werde ich sicher auch brauchen, dafür ist der Wettbewerb­s-Hunger einfach viel zu groß, dass das jetzt schon alles war.

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 ?? FOTO: VON JUTRCZENKA/DPA ?? Basketball-Legende Dirk Nowitzki war nach seinem Karriereen­de viel unterwegs. Ende Februar besuchte er mit Frau Jessica Olsson das David Sheldrick Wildlife Trust Elefanten-Waisenhaus von Bundespräs­ident Frank Walter Steinmeier im Nairobi Nationalpa­rk in Kenia.
FOTO: VON JUTRCZENKA/DPA Basketball-Legende Dirk Nowitzki war nach seinem Karriereen­de viel unterwegs. Ende Februar besuchte er mit Frau Jessica Olsson das David Sheldrick Wildlife Trust Elefanten-Waisenhaus von Bundespräs­ident Frank Walter Steinmeier im Nairobi Nationalpa­rk in Kenia.

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