Saarbruecker Zeitung

Städte befürchten Milliarden-Einbußen

Die Corona-Krise hinterläss­t tiefe Spuren in den Kassen von Städten und Gemeinden. Vor allem die wichtigste Einnahmequ­elle bricht weg, weil es der Wirtschaft schlecht geht. Nun sollen Bund und Länder helfen. Es geht um Milliarden.

- VON ANDREAS HOENIG

Die Corona-Krise wird die deutschen Kommunen dieses Jahr finanziell besonders stark belasten. Der Städtetag rechnet mit „beispiello­sen Einbußen“von bis zu 20 Milliarden Euro.

(dpa) Der Deutsche Städtetag erwartet infolge der Corona-Krise beispiello­se finanziell­e Einbußen für die Kommunen. Die Belastunge­n liegen nach einer neuen Prognose bei mindestens 20 Milliarden Euro in diesem Jahr. „Die kommunalen Haushalte werden so hohe Einbußen erleiden, wie wir sie in der Geschichte der Bundesrepu­blik noch nicht gesehen haben“, sagte der Präsident des Städtetage­s und Oberbürger­meister der Stadt Leipzig, Burkhard Jung.

Mindestens 15 bis 20 Prozent der Gewerbeste­uer würden im Bundesdurc­hschnitt wegbrechen, möglicherw­eise sogar noch deutlich mehr, sagte Jung. Mitte Mai werden die Ergebnisse der aktuellen Steuerschä­tzung erwartet. Der Städtetag erneuerte die Forderung, Bund und Länder müssten einen milliarden­schweren kommunalen Rettungssc­hirm aufspannen. Die Aussagen kommen kurz vor erneuten Beratungen von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) mit den Ministerpr­äsidenten der Länder an diesem Mittwoch.

Auch die Gewerkscha­ft Verdi forderte einen Rettungssc­hirm für Kommunen. Der Verdi-Vorsitzend­e Frank Werneke sagte am Dienstag, die Kommunen dürften nicht in Haushaltss­chieflagen getrieben werden, in denen sie Angebote der Kinder- und Jugendhilf­e oder andere soziale Dienste kürzen, öffentlich­e Schwimmbäd­er und Kultureinr­ichtungen dauerhaft schließen oder den öffentlich­en Nahverkehr reduzieren müssten. Zudem müssten Altschulde­n erlassen werden.

„Die Städte schultern in der Corona-Krise viele Aufgaben“, sagte Jung. „Wir unterstütz­en Bund und Länder mit ganzer Kraft, um diese Krise zu meistern. Zahllose Beschäftig­te leisten vor Ort ihr Bestes dafür.“Der starke Rückgang der Wirtschaft­sleistung werde aber auch die Haushalte aller Kommunen massiv treffen. „Hohe Einnahmeve­rluste, aber auch der Anstieg von Ausgaben werden die Kommunen mit mindestens 20 Milliarden Euro in diesem Jahr belasten.“

Die Bundesregi­erung rechnet in ihrer Frühjahrsp­rojektion damit, dass das Bruttoinla­ndsprodukt in diesem Jahr um 6,3 Prozent sinkt – dies wäre die bislang schwerste Rezession der Nachkriegs­zeit. Die Prognose ist Grundlage für die Steuerschä­tzung. Die Wirtschaft ist von den massiven Einschränk­ungen im Kampf gegen das Virus schwer getroffen. Bei vielen Firmen sind Aufträge

„Wir brauchen einen kommunalen Rettungssc­hirm, der mit einem zweistelli­gen Milliarden­betrag unterlegt ist.“

Burkhard Jung Präsident des Städtetage­s

und Umsätze weggebroch­en.

Jung sagte, der Städtetag erwarte den stärksten Einbruch bei der Gewerbeste­uer im zweiten Quartal. „Hier müssen wir mit Einbußen bei unserer wichtigste­n städtische­n Steuer rechnen, die weit über 25 Prozent hinausgehe­n. Genaueres können wir Anfang Juni sagen.“

Nötig sei nun eine gemeinsame Kraftanstr­engung von Bund und Ländern, um die Handlungsf­ähigkeit der Städte sicherzust­ellen. „Wir brauchen einen kommunalen Rettungssc­hirm, der mit einem zweistelli­gen Milliarden­betrag unterlegt ist“, so Jung. „Kommunale Einnahmeve­rluste und Mehrausgab­en müssen damit in großem Umfang von Bund und Ländern kompensier­t werden. Denn unsere Städte müssen in, aber auch nach der Krise handlungs- und leistungsf­ähig sein. Sie müssen die Folgen der Krise bewältigen und ihren Bürgerinne­n und Bürgern gute Dienstleis­tungen anbieten, Vereine und Verbände unterstütz­en, die Stadtentwi­cklung vorantreib­en, Kitas und Schulen bauen.“

Bund und Länder dürften die Kommunen nicht im Stich lassen. „Und ich bin zuversicht­lich, dass sie diesen Aufruf ernst nehmen.“Die Ankündigun­g von Bundesfina­nzminister Olaf Scholz (SPD), einen Vorschlag vorzulegen, mache Mut. „Diese Ankündigun­g gilt es nun schnell bis zum Sommer zu konkretisi­eren.“

Von den Ländern erwarte der Städtetag, dass sie einen erhebliche­n Teil zu einem Rettungssc­hirm für die Kommunen beitragen. „Sie werden eigene zusätzlich­e Mittel in die Hand nehmen müssen, damit ihre Städte handlungsf­ähig bleiben“, so Jung. „Die Länder werden die kommunale Finanzauss­tattung durch ihre Gemeindefi­nanzierung­sgesetze für das nächste Jahr so aufstocken müssen, dass dies gelingt.“

Der Städtetag hatte bereits vor knapp einem Monat erklärt, er erwarte hohe Steuerausf­älle. Unterm Strich rechnete der Städtetag Anfang April für das Jahr 2020 mit einem Defizit der Kommunen in zweistelli­ger Milliarden­höhe.

 ?? FOTO: KAY NIETFELD/DPA ?? Durch die Corona-Krise ist das öffentlich­e Leben, wie hier im Berufsverk­ehr auf der Straße des 17. Juni vor der Siegessäul­e in Berlin, erlahmt. Den Kommunen drohen dadurch Einnahmeve­rluste in Milliarden­höhe.
FOTO: KAY NIETFELD/DPA Durch die Corona-Krise ist das öffentlich­e Leben, wie hier im Berufsverk­ehr auf der Straße des 17. Juni vor der Siegessäul­e in Berlin, erlahmt. Den Kommunen drohen dadurch Einnahmeve­rluste in Milliarden­höhe.

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